langelieder > Bücherliste > Kennedy 1990/2006




Margrit Kennedy
Geld ohne Zinsen und Inflation

Ein Tauschmittel das jedem dient


Aktualisierte Neuausgabe 2006 (Erstausgabe 1990); 268 Seiten; ISBN: 3-442-12341-0


Online-Ausgabe auf www.margritkennedy.de




Dieses Buch handelt von dem grundsätzlichen Konstruktionsfehler in unserem Geldsystern, der die Entwicklung einer wirklich freien, sozialen und ökologischen Marktwirtschaft verhindert. In der Vergangenheit, und auch heute wieder, hat unser Geldsystem zu großen sozialen Problemen, unbezahlbaren Schulden, zur Ausbeutung unseres Ökosystems Erde, zu Revolutionen und Kriegen geführt. In diesem Buch wird gezeigt, wie wir den Konstruktionsfehler in unserem Geldsystem beheben und ein Tauschmittel schaffen können, welches allen dient: uns selbst und dem Planeten Erde.




Margrit Kennedy


Dr. Margrit Kennedy, 1939 in Chemnitz geboren, studierte in Darmstadt Architektur und wirkte anschließend als Stadtplanerin und Ökologin in Deutschland, Nigeria, Schottland und in den USA. Seit 1972 arbeitete sie in Forschungsprojekten für das Schulbau-Institut der Länder (Berlin), die OECD und UNESCO in 15 Ländern Europas sowie in Nord- und Südamerika. Von 1979 bis 1984 leitete sie den Forschungsbereich Ökologie/Energie und Frauenprojekte im Rahmen der Internationalen Bauausstellung und hatte in den zwei folgenden Jahren eine Gastprofessur für Stadtökologie an der Gesamthochschule Kassel inne. Von 1991-2003 war sie Professorin für Technischen Ausbau und Ressourcen sparendes Bauen an der Universität Hannover. Seit 2003 widmet sie sich der Einführung von Komplementären Zahlungssystemen, vor allem Regionalwährungen.


Inhaltsverzeichnis


Einleitung






Teil 1: Das Problem und die Lösung






I.

Fünf grundsätzliche Missverständnisse bezüglich der Funktion des Geldes




Missverständnis Nr. 1: Es gibt nur eine Art von Wachstum
Missverständnis Nr. 2: Zinsen zahlen wir nur dann, wenn wir uns Geld leihen
Missverständnis Nr. 3: Das gegenwärtige Geldsystem dient allen gleichermaßen
Missverständnis Nr. 4: Inflation ist ein integraler Bestandteil eines jeden Geldsystems
Missverständnis Nr. 5: Unser Geld- und Finanzsystem verhält sich neutral zu Fragen nachhaltiger Entwicklung







II.

Ein Geldsystem ohne Zinsen und Inflation




Eine Nutzungsgebühr ersetzt die Zinsen
Erste Experimente mit zinsfreiem Geld
Ein Lösungsansatz für heute
Die notwendige Bodenreform
Die notwendige Steuerreform







III.

Wer profitiert von zins- und inflationsfreiem Geld?




Das Land oder die Region, die mit der Geldreform beginnt
Politiker und Banken
Die Reichen
Die Armen
Kirchen und spirituelle Gruppen
Handel und Industrie
Die Landwirtschaft
Künstler
Frauen und Kinder
Die Ökologie unseres Planeten







IV.

Wie stichhaltig sind die Einwände gegen eine Geldreform?
Versuch einer Erklärung von Helmut Creutz




Zinssenkungen führen zu mehr Nachfrage und damit zu einem Wachstumsschub
Die Arbeitsleistenden werden ihren Kaufkraftzuwachs durch sinkende Zinsen voll ausschöpfen
Die Wünsche der Menschen sind unbegrenzt
Mit einer Umlaufsicherung läuft das Geld schneller um
Niedrigere Zinsen führen zu noch mehr Verschuldung
Bei niedrigen Zinsen flüchtet das Geld ins Ausland
Heute hortet doch niemand mehr Geld, und wenn, so ist das kein Problem mehr
Bargeld, das durch die Umlaufsicherung am höchsten belastet wird, spielt doch heute kaum noch eine Rolle
Bei einer Umlaufsicherung auf Bargeld und Girokonten hortet man Goldbarren oder andere Wertgegenstände
Wenn die Zinsen sinken, übernimmt der Gewinn die Rolle des Wachstumsantreibers
Wachstumsstillstand bedeutet Rückschritt
Mit einer Zinssenkung sind die Umweltprobleme nicht zu lösen







Teil 2: Vergangenheit – Zukunft – Gegenwart







V.

Lernen aus der Geschichte




Zur Entstehung des Geldes in der Antike
Das Brakteatengeld, eine Grundlage der kulturellen Blüte des Hochmittelalters
Vergleich zweier Geschichtsepochen im Hinblick auf die Auswirkungen ihres Geld- und Bodenrechts







VI.

Drei Zukunftsmodelle




Modell 1: Wachstum ohne Ende
Modell 2: Begrenztes oder Null-Wachstum
Modell 3: Qualifiziertes Wachstum







VII.

Praktische Beispiele heute: Vorläufer einer neuen Ökonomie




Das LET-System
Der WIR-Ring
Das J.A.K.-System in Schweden
Vor- und Nachteile alternativer und komplementärer Geld- und Kreditsysteme







VIII.

Komplementäre Währungen




Gründe für die Einführung
Nutzen stiftendes Geld
Vorschlag für eine Bildungswährung
Regionalwährungen
Neue Wege zur Lösung sozialer Probleme
Hinweise für den Entwurf
Fazit







IX.

Wie kann jeder an der Veränderung des Geldsystems mitwirken?




Informationen weitergeben
Bewusster mit Geld umgehen
Modellversuche fördern
Politik verändern








Anhang




Begriffe zum Begreifen (von Helmut Creutz)
Ich danke
Internet-Seiten
Zeitschriften
Anmerkungen
Literaturhinweise
Register


Leseprobe


Einleitung
(Farbige Hervorhebungen von E.W.)


Was bringt eine Architektin, Stadtplanerin und Ökologin mit einer Doktorarbeit über »Öffentliche und internationale Angelegenheiten« dazu, ein Buch über Geld zu schreiben?

Um diese Frage zu beantworten, muss ich zu den Jahren 1979 bis 1984 zurückgehen, als ich im Rahmen der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Berlin den Forschungsbereich Ökologie/Energie leitete. In diesem Zusammenhang war es zum ersten Mal möglich, umfangreiche ökologische Projekte im städtischen Raum zu planen und auszuführen. Während zahlreicher Einladungen zu Vorträgen im In- und Ausland stießen unsere Arbeiten auf großes öffentliches und fachliches Interesse, aber auch immer wieder auf Skepsis. Das häufigste Argument lautete: »Das ist ja alles sehr schön und wichtig, aber das rechnet sich nicht.«

Nun war für mich die Anwendbarkeit unserer Ideen nicht nur von fachlicher Bedeutung, sondern auch eine Frage des Überlebens, und ich fragte mich: Was nützt es denn, wenn es »sich rechnet«, aber wir die Luft nicht mehr atmen, das Wasser nicht mehr trinken, die Energie nicht mehr produzieren, den Lärm nicht mehr ertragen und die Nahrung nicht mehr essen können? Denn schon zwischen 1979 und 1980 wurde deutlich, dass die biologischen Lebensgrundlagen in der Stadt – Luft, Wasser, Boden, Energie, Nahrung – gefährdet waren. Das hieß, sollten wir wirtschaftlich nicht in der Lage sein, diese Grundlagen zu verbessern und zu erhalten,würden wir uns mittel- bis langfristig selbst umbringen.

Die wirtschaftliche Frage aber wurde immer mehr zur entscheidenden. Ich begegnete weltweit Menschen guten Willens, und voller guter Ideen. Alle ökologischen Probleme waren technisch lösbar – was fehlte und immer noch fehlt, sind die wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen für die Anwendung auf breiter Basis, oder einfach gesagt: das Geld. Mir war klar, dass der Kampf ums Geld für ökologische Maßnahmen und Projekte einen Konflikt an vielen Fronten bedeutete: Erstens befanden wir uns damals in einer Einführungs- und Umstellungsphase, die immer mit erhöhten Kosten verbunden ist. Zweitens waren und sind noch immer langfristige volkswirtschaftliche Gesichtspunkte keine Grundlage von Finanzierungsrichtlinien oder Baubestimmungen. Und drittens konnten und können noch immer Luft, Wasser und Böden relativ kostenlos belastet werden, obwohl neue gesetzliche Grundlagen für deren Schutz und/oder Besteuerung die Lage inzwischen verbessert haben.

Doch eine – die vielleicht wichtigste – Kampffront blieb mir bis 1983 verborgen: die zinsbedingte Kraft des Geldes, mehr Geld zu erwirtschaften, beziehungsweise die Tatsache, dass sich die Rentabilität jeder ökologischen Maßnahme mit dem Zins, den man für sein Geld auf dem Kapitalmarkt bekommt, messen lassen muss. Als mir dann noch die verschiedenen Wachstumsmuster in der Natur und im Geldwesen und die Ursachen unseres pathologischen Wirtschaftswachstumszwangs klar wurden, geriet ich ziemlich in Rage. Ich fühlte, dass ich gut vierzig Jahre meines Lebens eine der grundsätzlichen Voraussetzungen für mein tägliches Leben nicht durchschaut hatte: die Funktion unseres Geldwesens. So begann ich, mehr darüber zu lesen, zu diskutieren und dann auch zu schreiben, weil ich fast überall bei Freunden, Bekannten, Kollegen und Fachleuten auf das gleiche Unverständnis stieß. Die Aussicht, dass uns oder spätestens unseren Kindern mit diesem zerstörerischen System der schlimmste ökonomische oder ökologische Zusammenbruch in der neueren Geschichte bevorstand, und das weit verbreitete Unwissen um die Folgen unseres Geldsystems ließen mich anfangen, darüber zu schreiben. Zuerst einige Aufsätze, die von vielen Menschen gelesen und kommentiert wurden.

Es vergingen jedoch fünf Jahre, bis ich erkannte, dass Geld aus der Sichtweise dieses Buches – eher eine »öffentliche und internationale Angelegenheit« ist als eine rein ökonomische. Da ich in jenem Bereich promoviert hatte, begann ich, obwohl Nichtökonomin, ein Buch über Ökonomie zu schreiben, das sich mit der grundlegenden Maßeinheit dieses Berufsstands, dem Geld, beschäftigt.

Mein Ziel war, eine Einführung zu geben, die sowohl spannend als auch leicht verständlich sein würde und vielen Menschen als Anregung dienen sollte, mehr über die Hintergründe, Probleme und Möglichkeiten der Veränderung erfahren zu wollen.

Seit das Buch 1988 in einer ersten Version veröffentlicht wurde, hat sich die Welt dramatisch verändert. Die sozialistischen Länder sind unter anderem daran gescheitert, dass sie meinten, ohne eine freie Marktwirtschaft auskommen zu können. Damit verhinderten sie, dass sich die ökonomische Wahrheit in den Preisen ausdrücken konnte. Was die meisten Menschen in den ehemaligen Ostblockstaaten jedoch bis heute nicht begreifen, ist, dass im wirtschaftlich dynamischeren Kapitalismus die Preise bisher weder die ökologische noch die soziale Wahrheit ausdrücken und dass dieser Mangel nicht durch das Auswechseln von Parteien, Parteiprogrammen oder führenden Politikern zu beheben ist. Die Fehler liegen hier tiefer und besser versteckt im Geldsystem, doch auch im Boden- und Steuerrecht. Um sie zu beheben, muss ein Bewusstwerden und Umdenken bei vielen erfolgen.

Durch die Öffnung der Ostblockstaaten und neuerdings Chinas für westliche Importe und Kredite ist die Geschwindigkeit, mit der die Problematik des Geldsystems in den letzten Jahren weltweit zugenommen hat, dramatisch weiter angewachsen. So weiß heute jeder, dass weder die hoch industrialisierten Länder noch die Länder der Dritten Welt ihre Schulden zurückbezahlen können; dass sich die Diskrepanz zwischen Armen und Reichen in allen Ländern ständig vergrößert und dass Unterschiede in den Devisenreserven heute schon als potenzielle Waffe gelten. Auch weitsichtige Ökonomen und Bankfachleute verlangen nun fundamentale Veränderungen. Von einer solchen Veränderung handelt dieses Buch.

Es beschreibt die Funktionsweise des Geldes und legt die Gründe für die anhaltenden Schwankungen eines unserer wichtigsten Maßstäbe dar. Es erklärt, warum das Geld die Welt nicht nur »in Schwung hält« (money makes the world go round), sondern dabei auch immer wieder zerstörerische Krisen verursacht. Es zeigt, wie die gewaltigen Schulden der Dritten Welt, ebenso wie Arbeitslosigkeit und Umweltprobleme, Waffenproduktion und Bau von Atomkraftwerken, verbunden sind mit dem Mechanismus, der das Geld bis heute in Umlauf hält: dem Zins. Zusammen mit dem Zinseszins (Zins auf Zinsen) ist er einer der Hauptgründe für das wirtschaftliche Überwachstum und die Konzentration und Umverteilung der Geldvermögen. Nach dem amerikanischen Wirtschaftshistoriker John L. King ist der Zins »die unsichtbare Zersörungsmaschine« in den so genannten freien Marktwirtschaften.

Es ist das Anliegen dieses Buches, Möglichkeiten der Veränderung aufzuzeigen, von denen nur wenige Experten wissen (wollen?), aber eine immer breitere Öffentlichkeit. Da dass Thema zu wichtig ist, um es allein vermeintlichen Experten zu überlassen, ist es notwendig, eine öffentliche Diskussion zu initiieren, an der viele teilnehmen können. Das Besondere meiner Ausführungen liegt deshalb in der Art, dieses komplexe Thema so einfach wie möglich darzustellen, so dass jeder, der mit Geld umgeht, verstehen kann, was auf dem Spiel steht. Zwei weitere Besonderheiten liegen darin, dass im Unterschied zu anderen Büchern, die sich in der Vergangenheit mit diesem Thema beschäftigt haben, herausgearbeitet wird, wie die vorgeschlagenen neuen Geldsysteme ausnahmslos für alle einen Gewinn bedeuten und welche Maßnahmen jede/r selbst ergreifen kann, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen.

Es ist nicht so schwierig, wie es scheinen mag, den Mechanismus des Zinses, der das Geld heute in Umlauf hält, zu ersetzen und Geldsysteme zu schaffen, die gleichzeitig umlaufgesichert sind und verschiedenen Zwecken dienen. Die Grundprinzipien der hier angebotenen Lösungen wurden im Lauf der Geschichte in verschiedenen Ländern angewendet und seit Beginn dieses Jahrhunderts an mehreren Orten erfolgreich erprobt. Was ansteht, ist die breite Anwendung dieser Lösung auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene.

Seit 2003 wird nun – vor allem im deutschsprachigen Raum – die Anwendung auf der regionalen Ebene von einer wachsenden Menge von Menschen, die sich zu Initiativen zusammengeschlossen haben, erprobt.

Die Idee, regionale »Komplementärwährungen« einzuführen – die ich im Laufe einer fünfmonatigen Vortragsreise um die Welt 2001 bis 2002 entwickelt hatte – fiel 2003 auf fruchtbaren Boden. Christian Gelleri und Thomas Mayer entwickelten den »Chiemgauer«, ein Gutscheinmodell zur Förderung der Region um Prien am Chiemsee. Außerdem tauchte dieselbe Idee, fast zeitgleich, in unterschiedlichen geographischen Gebieten auf: in Bremen mit dem Roland, in Berlin mit dem Berliner, in Witzenhausen mit der Kirschblüte, in Traunstein mit dem Sterntaler und in Sachsen Anhalt mit dem Urstomtaler. Inzwischen sind es über 50 Initiativen im deutschsprachigen Raum, wovon 13 schon ihre eigene Währung ausgegeben haben. Das bestärkt mich in der Annahme, dass es sich hier um ein Konzept handelt, welches entwicklungsfähig ist. Eine zentrale Frage ist, ob die zarten Pflänzchen der Selbsthilfe dieses Mal die Chance haben, ihre optimale Größe und damit ihr Lösungspotenzial voll zu entfalten.

Im Gegensatz zu Wörgl, Schwanenkirchen und vielen anderen deutschen und US-amerikanischen Beispielen der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die durch gesetzliche Vorgaben »von oben« beendet wurden, hoffen die Initiativen nun, dass ihre kreativen, neuen, unterschiedlich gestaltete Lösungen – als Antwort auf die spezifischen Probleme der jeweiligen Region – den Beweis erbringen können, dass es auch anders geht: dass Globalisierung und Regionalisierung sich nicht ausschließen müssen, sondern fruchtbar ergänzen können. Sie erwarten, dass ähnlich wie in Japan, der Staat und die Zentralbanken einsehen, dass diese Bewegung die wirtschaftliche und vor allem die soziale Lage stabilisieren und helfen kann, das Gemeinwohl zu fördern, ohne den Staat und damit letztlich den Steuerzahler durch zusätzliche Ausgaben zu belasten. Denn diese Möglichkeit – neue Nutzen stiftende Währung zu schaffen – stellt die billigste und effektivste Maßnahme dar, um ungenutzte Ressourcen – wie Millionen von Arbeitslosen – und ungedeckten Bedarf – wie Millionen von Aufgaben, die darauf warten, erledigt zu werden – zusammenzubringen.

Obwohl es inzwischen ein Buch zum Thema »Komplernentäre Währungen« gibt (Margrit Kennedy und Bernard Lietaer, »Regionalwährungen – neue Wege zu nachhaltigem Wohlstand«, Riemann Verlag, München, 2004), habe ich dieses erste Buch noch einmal überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht, denn es bietet noch immer eine leicht lesbare Einführung in das Thema Geldreform als eine der wesentlichen Begründungen für sektorale und regionale Komplementärwährungen, die auch – wie ich zeigen werde – aus anderen Gründen wichtig sind.

Die Analyse des Problems und der Lösung (Teil 1) ist noch fast dieselbe wie vor fast 20 Jahren. Die Zahlen zeigen – im Lauf der Zeit noch drastischer – wie sowohl die enorm gewachsene Staatsverschuldung wie auch die Umverteilung von Vermögen und die Umsätze im Bereich der spekulativen Geldtransaktionen parallel mit den exponentiell wachsenden Zinsansprüchen gestiegen sind.

Die praktische Umsetzung in der Gegenwart (Teil 2) sieht allerdings anders aus. Ich sehe sie nicht mehr allein in der Umsetzung durch Zentralbanken und Staat, sondern vorerst in der Einführung sektoraler und regionaler Komplementärwährungen (Kapitel VIII). Sie sind – wie der Name sagt – keine Alternative zum heutigen System, sondern eine Ergänzung, und werden das heutige Geld weder abschaffen noch gefährden. Im Gegenteil, sie werden helfen, es zu stabilisieren und länger am Leben zu erhalten. Vielleicht werden sie auch helfen, es auf die Bereiche zu beschränken, die es gut erfüllt und mit entsprechenden Änderungen in der Steuergesetzgebung auch weiterhin erfüllen könnte.

Das ist leicht nachvollziehbar. Komplementärwährungen entstehen und funktionieren immer dann am besten, wenn das herkömmliche Monopol-Geld-System mit seinem exponentiellen Wachstumszwang an seine voraussehbaren Grenzen gerät, weil exponentielles Wachstum auf Dauer – mathematisch nachweisbar – nicht funktionieren kann. Die Akzeptanz und breite Umsetzung dieser Lösungen könnte bedeuten, dass wir endlich das ungenutzte Potenzial einer der genialsten Erfindungen der Menschheit – Geld – zur Lösung der schwierigsten Konflikte nutzen können, die wir im Moment in Deutschland und weltweit haben.

Margrit Kennedy,
Steyerberg, Oktober 2005