„Und jetzt, mei Freind, horch auf‘n Wind – der möcht endlich Antwort gebn!“ Ernst Weeber, Jahrgang 1952, kommt als Liedermacher aus einer Zeit, als Bob Dylans Blowin‘ in the Wind, dieses Lied voller Fragen nach der Zukunft der Menschheit, noch ohne Nostalgie gesungen und gehört wurde und richtig betroffen machte. Die unbeantworteten Fragen sind seither immer zahlreicher und bedrängender geworden und ohne Betäubung kaum noch zu ertragen. Ernst Weebers Antwort: Schwermut in Zorn und den Zorn in eine konstruktive Kraft zurück verwandeln! Diese Antwort, so behauptet er, habe er dem Wind abgehorcht...! Er tritt solo auf, nur mit Gitarre und Mundharmonika, zur Zeit allerdings nicht mehr öffentlich. Seine Lieder sind ernst, nachdenklich, balladenhaft, mahnend und oft ganz schön lang.
Zur Welt gekommen ist E.W. zu Weihnachten 1952 in München/Schwabing, aufgewachsen am Rand vom Erdinger Moos. Mitte der 60er Jahre hört er „Blowing In The Wind“, gesungen und auf der Gitarre begleitet von einem etwas älteren Freund. So begegnet E.W., der Beatles-Fan, dem „Freewheelin‘ Bob Dylan“. „A Hard Rain‘s A-Gonna Fall“, „The Times They Are A-Changin‘“ und „Mr. Tambourine Man“ schlagen bei ihm ein wie der Blitz. Das ist es! Eine Gitarre muß her! Auch Franz Josef Degenhardt, Wolf Biermann und Leonard Cohen beeinflussen stark. 1972 beginnt er, eigene Lieder zu verfassen. 1973 Abitur, anschließend an der Universität München studiert (Philosophie und Erziehungswissenschaften) ohne bestimmtes Berufsziel; 1976 abruptes Ende des Studiums ohne Abschluss. Möchte nur noch schreiben und singen, weiß aber nicht mehr, wovon und worüber. Um sich die Kompetenz zur Liedermacherei zu erwerben beschließt er, erst einmal ein Leben zu führen „wie jeder andere auch“ – ohne aber dabei seine Seele zu verkaufen. 1977/78 Job als Hausbote in einer großen Münchner Firma. 1979-82 Besuch einer Fachschule für Naturheilkunde. Ab 1982 Mitarbeiter in einem Wohnheim für geistig behinderte Menschen. 1983-92 Berufs- und Familienleben. Neue eigene Lieder erst wieder in den 90er Jahren. 1993 sechswöchiger Aufenthalt bei einer Familie in Südafrika und ein paar neue Lieder, jetzt in Englisch. 1995 erste Auftritte vor Publikum mit Liedern in bayrischer Umgangssprache. Zweiter Aufenthalt in Südafrika. 1996 Stammgast im Café Sehnsucht. 1997 dritter Aufenthalt in Südafrika. Besuch auf Robben Island. Auftritt als Moritatensänger beim großen Freilichttheater der Kirchseeoner Perchten. Erste Begegnung mit der alpenländischen Mythologie sowie mit dem Astrophysiker Peter Kafka. 1998 erste CD, in Eigenproduktion, „Koa Mond, koa Stern“. 2000 Auszeichnung mit dem „Förderpreis für Songpoeten“ der Hanns-Seidel-Stiftung. 2006 erscheint das für die Kirchseeoner Perchten geschriebene Buch „Frau Percht – Göttin im Exil“. 2007 die vorerst letzten Lieder. 2009 die zweite CD „Mitternachtsonn“. Keine Auftritte mehr. 2015 erscheint sein Buch „Weiter gegen den Untergang – Eine Auffrischung“. 2020/21 verfasst er ein Manifest: „Für einen Fortschritt, der dem Leben dient! Vom Wandel in einer komplexen Welt“.
Sie fragen…
…ob die Zeit der Liedermacher nicht längst vorbei ist?
Die Zeit der alten Liedermacher ist vorbei. Doch die Zeit der Lieder ist nicht vorbei, und deshalb brauchen wir immer neue Liedermacher. Vielleicht erleben wir eine neue Zeit der Liedermacher, wenn die Zeit der dröhnenden Musik und der sound systems vorbei ist oder zumindest eine größere Zahl von Menschen das Hinhören und die Faszination der Schlichtheit wieder entdeckt.
…warum meine Lieder so lang sind?
Wenn ein neues Lied hörbar zu tönen beginnt, dann entsteht eine anhaltende große Freude in mir und dazu eine Strophe nach der anderen, eine Menge Strophen, bis der Bogen von der ersten zur letzten vollendet ist. So erzähle ich mir selbst vom Unterwegssein auf einer langen Straße, von Ort zu Ort...
…warum meine Lieder so ernst sind?
Weil ich introvertiert, grüblerisch und tüftlerisch veranlagt bin. Ich finde es sehr wichtig, dass es lustige Lieder gibt, und ich bewundere alle, die ihren Humor geistreich und gemütreich in ihre Lieder einfließen lassen können, so dass diese Lieder wirklich herzerfrischend werden. Ich selbst habe übrigens auch Humor, muss ihn ja haben, denn sonst wär ich gewiss schon vor die Hunde gegangen. Jedenfalls kann ich auch viel lachen, besonders, wenn ich mir selber zuschau, wie närrisch und tollpatschig ich mich durch die Welt bewege. Aber ein geborener Spaßmacher und Entertainer bin ich nicht. Für mich war es schon immer mühevoll, einen treffenden und einigermaßen geistreichen Ausdruck zu finden für das, was ich sagen will. „Lieder machen“ ist für mich eine Spielerei und Tüftelei, in die das einfließt, was mich „ernstlich“ bewegt.
…warum ich nicht mehr auftrete?
Weil ich mir sagen lassen muss, dass meine Lieder zu lang und zu ernst sind, und weil ich darauf nicht genügend kreativ antworten kann. Meine Kreativität als Liedermacher hat stark abgenommen. Ob ich noch weitere Lieder zusammenreimen werde, weiß ich nicht. Aber ohne neue Lieder aufzutreten macht keinen Spaß.
…was meine Botschaft sein soll?
Wir Menschen sind in einer fatalen Richtung unterwegs, das zu behaupten ist inzwischen ja keine Spinnerei mehr, und immer mehr Menschen geraten in die fatalistische oder zynische Depression oder in eine Art Panik, wenn sie sich nicht selbst betäuben oder betäuben lassen. Ich möchte in mir selbst eine Zuversicht stärken, die nicht auf Verdrängung oder Betäubung beruht, sondern auf ehrlichem „Zorn“, auf dem Wissen, dass „Krise“ nicht notwendig „Untergang“ bedeutet, sondern zunächst einmal „Entscheidung“, und auf der entschlossenen Wahrnehmung der vielen, vielen Möglichkeiten, einen anderen Weg einzuschlagen.
Texte (chronologisch)
1991 Koa Mond, koa Stern. 1995 Weiter aufm Weg, Der Wind waaht wo er mag, Ausm Traum aufgwacht, Herz auf der Hand 1996 Café Sehnsucht, Horch, da singt oana a Liad. 1997 Weit is der Weg (und wo bist du?), Wer klopft so spät?, Schad, daß i net bei dir bleibn ko. 1998 Gwoant vor Freud, Es soll wieder schöner werdn, Mei Herz ghört immer no dir. 1999 Der Schweiger, Wenn d‘Sonn untergeht, Wenn i zu dir geh. 2000 Ois wia wenn i der Täufer waar. 2001 Mei Herz muaß voller Torheit sei, Laß mi bei dir sei wenns‘s renga ofangt, Der Sommer geht weiter. 2002 Warum steh i jetzt ganz vorn? 2007 Wind um de Ohrn, Mitternachtsonn.
Die Transkription der bayrischen Texte, ejejej, die ist so eine Sach‘. Ich bin hier nicht nach strengen Regeln vorgegangen und habe auch keine Sonderzeichen benützt, sondern geschrieben, wie es mir gerade paßte, mal so, mal so, und vor allem so, daß die Texte lesbar blieben. Allzubayrische Wortungetüme habe ich vermieden, herausgekommen ist also ein bayrisch-hochdeutscher Mischmasch. Ich habe nichts dagegen, wenn einer, der das münchnerisch geprägte Bayrisch beherrscht, konsequenter vorgeht und die Texte anders transkribiert. E.W.
Tonträger und Download
Die CDs „Koa Mond, koa Stern“ (1998) und „Mitternachtsonn“ (2009) sind immer noch lieferbar (gegen Versandpauschale). Bitte einfach per eMail anfragen.
Die Lieder können für den privaten Gebrauch im Format MP3 heruntergeladen werden. Öffentliche Aufführung – vom Tonträger oder in eigener Live-Interpretation – frei. Kommerzielle Verwendung nur nach Rücksprache.