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Jugendinitiative Steinhöring 2000-2004

Steinhöringer Gemeindebrief vom 11. Juli 2002



Einladung zur Diskussionsveranstaltung


Liebe Jugendliche,


seit geraumer Zeit werden tausend und abertausend Kinder und Jugendliche immer mehr an den „Rand“ unserer so genannten Spaß-, Freizeit- und Wohlstandsgesellschaft gedrängt, obwohl gerade sie das wertvollste und wichtigste Gut unseres Staates sind.


Auf unsere Gemeinde bezogen bedeutet dies, dass allein das großartige soziale Engagement vieler unserer ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger in unseren Vereinen und Verbänden nicht mehr genügt, um den vielschichtigen Betreuungsbedarf im außerschulischen Bereich abzudecken.


Spätestens nach unserer Aschermittwochveranstaltung, bei der Kriminalhauptkommisar Vogl von der KRIPO Erding über die Drogensituation in unserer Gemeinde sprach, wurde uns klar, dass auch wir in Bezug auf Drogenkonsum und Drogenhandel schon lange nicht mehr auf einer „Insel der Seligen“ leben.


Dabei teilte Herr Vogl den Besuchern mit, dass die Erdinger Kripo im Bereich Steinhöring bereits in 15 (!!) Fällen wegen Drogenhandel bzw. Drogenkonsum ermittelt.


Angesichts dieser schockierenden Zahlen und der verheerenden Auswirkungen auf die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen habe ich mich mit den Vertretern des Kreisjugendamts, des Betreuungszentrums, der Kirche, der Schule und des Hemeinderats am 17.5.2002 beraten, um dieser in jeder Hinsicht unbefriedigenden Entwicklung begegnen zu können.


Das Beratungsergebnis hat dankenswerterweise Herr Ernst Weeber, Mitarbeiter im Betreuungszentrum Steinhöring, in seinem folgenden Bericht Projekt „Jugendtreff“ dargestellt. Die Umsetzug seiner und unserer Gedanken möchten wir nun im Rahmen einer Gesprächsrunde ernsthaft und gründlich mit Euch diskutieren, wobei Eure Vorstellungen in Bezug auf die Rahmenbedingungen, Unterstützung, Eigeninitiative usw. zur Sprache kommen sollen.


Deshalb lade ich alle Jugendlichen zwischen 12 und 15 Jahren von 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr und alle 16- bis 20-Jährigen ab 20.00 Uhr am Donnerstag, den 18. Juli 2002, sehr herzlich in die Mehrzweckhalle des Betreuungszentrums ein.


In der Hoffnung auf Euer zahlreiches Erscheinen und eine zielgerichtete Diskussion verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen


gez. Max Niedermeier, 1. Bürgermeister



Projekt „Jugendtreff“

Von Ernst Weeber


Ein „richtiger“ Jugendtreff, ein Ort, wo Jugendliche sich mit ihresgleichen treffen können, in entspannter Atmosphäre, aber auch mit Möglichkeiten, aktiv und kreativ zu werden – könnte so etwas nicht auch in der Gemeinde Steinhöring eingerichtet werden? Über diese Frage wird immer wieder laut nachgedacht, und vor kurzem haben interessierte Jugendliche sie auch an den Bürgermeister herangetragen. Jetzt soll sie ernsthaft und gründlich diskutiert werden: Bürgermeister Niedermeier lädt alle interessierten Jugendlichen zu einer Gesprächsrunde ein (siehe vorstehende Seite).


Verfolgt wird die Idee „Jugendtreff“ vor allem von jugendlichen Stammgästen des Antonius-Stüberls. Das Antonius-Stüberl des Betreuungszentrums hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren zu einem „Behelfs-Jugendtreff“ entwickelt, und nicht nur das Stüberl, auch das BZ-Gelände als ganzes und insbesondere das „Fischerhäuschen“ am BZ-Weiher werden gerne als Treffpunkt in Anspruch genommen. Von seiten des Betreuungszentrums wird diese Entwicklung prinzipiell begrüßt: die heranwachsenden Gemeindebürgerinnen und -bürger dürfen und sollen die Offenheit der Einrichtung erleben und in einen unkomplizierten Kontakt mit den Heimbewohnern treten. Freilich zeigt sich dabei, dass der Freizeitbereich des BZ-Wohnheims als ausgesprochener Jugendtreff schnell überfordert ist. In diesem Bereich sind die Jugendlichen weder ganz unter sich, noch können sie in adäquater Weise betreut werden außer als Gäste der Heimbewohner. Das typische lebhafte Verhalten der jungen Leute läßt sich beispielsweise im Antonius-Stüberl nicht immer gut mit der gemächlicheren und gesetzteren Art der erwachsenen Heimbewohner vereinbaren, auch wenn es an gutem Willen auf beiden Seiten nicht fehlt. Von beiden Seiten wird eine Anpassung verlangt, die leicht zur Anspannung, zum Stress wird oder auch zur Langeweile. Darüber hinaus können die Jugendlichen im Bereich des BZ nur „fertige“ Einrichtungen benützen, ohne selbst am Prozess des Einrichtens und Unterhalts beteiligt zu sein. Das begünstigt aber eher eine unsensible Verbraucherhaltung statt dem Gefühl der Mitverantwortung.


Eigeninitiative


Die Mitverantwortung der Jugendlichen ist unerlässlich, wenn so etwas wie ein Jugendtreff nicht nach kurzer Zeit als Ärgernis enden soll. Verantwortung mag man aber nicht gerne aufgehalst bekommen, man möchte sie lieber selbst ergreifen in Form der eigenen Initiative. Die eigene Initiative ergreift aber nur, wer sich selber was zutraut und sich nicht hilflos und machtlos fühlt, und das Selbstvertrauen hängt wiederum damit zusammen, dass einem in jungen Jahren von den Älteren was zugetraut wird. Wenn wir unseren Jugendlichen über die reine Anspruchs- und Verbraucherhaltung hinaushelfen wollen, wenn wir also wollen, dass unsere Jugendlichen Verantwortung als lohnende Herausforderung sehen lernen und nicht als lästige Pflicht, der man sich nach Möglichkeit entzieht – dann sollten wir ihnen auch zutrauen, ein passendes Freizeitprojekt eigenverantwortlich in Angriff zu nehmen.


Grundvoraussetzungen


für ein solches Projekt wären demnach die folgenden: die Gemeinde prüft, welche Örtlichkeit, welche Mittel und welche Unterstützung sie zur Verfügung stellen kann; die Jugendlichen prüfen, ob sie sich zu einer Interessen- und Aktionsgemeinschaft zusammenfinden können, um aus den gebotenen Möglichkeiten durch eigenes Engagement das zu machen, was ihren Interessen entspricht. Selbstverständlich erhalten sie dabei fachkundige Beratung und andere nötige Hilfestellungen.


Rahmenbedingungen


Und selbstverständlich müssen die Jugendlichen bereit sein, bestimmte Rahmenbedingungen einzuhalten. Sie müssen sich selbst auf eine Satzung und eine Hausordnung einigen, die nicht im krassen Widerspruch zum gewohnten Gemeindeleben stehen sondern verhindern, dass der Jugendtreff zur Jugendgefährdung, zur Laster- und Drogenhöhle, zur Müllkippe, zur Zumutung für die Nachbarschaft oder auf andere Weise zum öffentlichen Ärgernis wird.


Unterstützung


Das Projekt soll die Eigeninitiative und Eigenverantwortung der Jugendlichen fördern. Fördern heißt in diesem Fall: herausfordern, aber auch die Hilfen bieten, die gebraucht werden. Es geht dabei nicht nur um Arbeiten, die geleistet werden müssen, sondern auch um Kommunikation und Gruppendynamik. „Die Jugendlichen“ sind keine homogene Gruppe mit einheitlichem Willen. Um ein Vorhaben gemeinsam anzupacken, muss eine Gemeinsamkeit erarbeitet und erhalten werden, und darüber hinaus ist auch die Kommunikation zwischen „den Jugendlichen“ und der Gemeinde-Öffentlichkeit zu pflegen. Gewiss muss dabei vieles dazugelernt werden – von den Gemeindebürgern und Erziehungsberechtigeten ebenso wie von den Jugendlichen. Gewiss werden Probleme und Konflikte auftauchen – und unsere Dialogbereitschaft auf die Probe stellen. Wenn das Projekt „Jugendtreff“ erfolgreich sein soll, braucht es außer dem Einsatz der Jugendlichen selbst auch die Aufgeschlossenheit, das Wohlwollen und die Unterstützung der Bürgerschaft.