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Tine Thevenin
Das Familienbett

Geborgenheit statt Isolation


Frankfurt am Main 1984 (Fischer TB); 203 Seiten; ISBN: 3-596-23337-2
Amerikanische Originalausgabe: The Family Bed, 1976






Dieses Buch berichtet von Erfahrungen und Ansichten der Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern in einem Bett schlafen. Darüber hinaus liefert es auch hilfreiche medizinische, historische und kulturelle Fakten. Das Familienbett wird empfohlen als Lösung beim Einschlafen und Durchschlafen von Kindern, als ein Weg, die Familienbande enger zu knüpfen und den Kindern ein größeres Sicherheitsgefühl zu geben. Das Buch befürwortet ein Konzept der Kindererziehung, das sich zu allen Zeiten und auf der ganzen Welt bewährt hat. (T. Thevenin)

»In vielen Gruppen ist es üblich, daß die Familie gemeinsam schläft – selbst in unserer Kultur, obwohl es den herrschenden gesellschaftlichen Regeln zuwiderläuft. Diese Tatsache ist höchst bedeutsam, denn sie weist auf einen menschlichen Wesenszug hin, der sich beharrlich behauptet, und den genauer zu untersuchen sich lohnt«
(Margaret Mead)

»Ich halte das Buch für eine ausgezeichnete Idee und stimme völlig Ihrer Ansicht zu, daß die westliche Gesellschaft einen Fehler begeht, wenn sie das gemeinsame Schlafen von Eltern und Kindern mit einem sozialen Tabu belegt.« (Jane Goodall)


Tine Thevenin


wurde in den Niederlanden geboren. Ihre Ausbildung erhielt sie dort und in den Vereinigten Staaten, wo sie seit über zwanzig Jahren lebt. Sie kommt aus einer musikalischen Familie und ist selbst als Flötistin in Konzerten aufgetreten. Ihr Mann ist Musiker im Minneapolis Symphony Orchestra. Tine Thevenin ist Mutter von zwei Kindern und arbeitet seit einer Reihe von Jahren als Beraterin der La Leche League – eine Organisation, die das Stillen als wichtigen Aspekt guter Mutterschaft befürwortet.


Inhaltsverzeichnis


Widmung



Anmerkung der Autorin



Vorwort von Niles Newton



Einführung von Herbert Ratner



Geleitwort von Maria Tompson, Vorsitzende der LLLI






Ein Irrtum unserer Kultur



Die Quellen



Eltern spüren, so will es die Natur




Erfahrungen von Eltern
Einleuchtende Gründe
Wir werden reifer
Warum die Natur es so will
Eltern berichten



Warum manche Eltern zögern




Natur kontra Sitten
Warnungen
Schlaftabletten
Eltern zögern
Plötzlicher Säuglingstod



Es ist wichtig, zusammen zu schlafen




Die Bedeutung der Liebe
Die Bedeutung von Berührungen
Die Übergangsphase
Böse Träume
Angst
Die Sinne schlafen nicht
Das Bedürfnis, verstanden zu werden



Bedürfnis kontra Gewohnheit



Kurzer historischer Exkurs über Schlafgewohnheiten von Familien und Kindern




Mittelalter bis 1700
Der Wandel setzt ein: 1700-1800
„Bündling“ – eine alte Sitte
Die große Wende: 1800-1900
1900: Das wissenschaftliche Zeitalter
Die Umkehr



Anthropologische Aspekte



Das Kleinkind




Eine Klinikgeburt
Die Geburt zu Hause
Das Baby entspannt sich
Weinen
Mittel gegen das Weinen
Mutter und Baby träumen vielleicht gemeinsam
Körperhaltung des Kindes im Schlaf
Das Baby wacht nachts auf
Wann schläft mein Kind nachts durch?
Stillen im Liegen
Schlafzimmergestaltung
Zusammenfassung



Das Kind wird älter




Rituale beim Schlafengehen
Schlafenszeit mit Michael
Die Angst vor der Dunkelheit
Die Angst beim Einschlafen
Wenn Vater nicht zu Hause ist
Das bereits ältere Kind schläft im Familienbett
Abendliche Gäste
Das Kind ist zu alt, um im Familienbett zu schlafen
Das Baby will nicht im Ehebett schlafen
Wenn Eltern oder Kinder krank sind
Zusammenfassung



Geschwister



Eheliche Beziehungen




Unterschiedliche Gesellschaften
Ein Blick in die Vergangenheit
Vertrauliche Gespräche
Eheliche Beziehungen
Natürliche Familienplanung
Interruptus



Das Adoptivkind




Frau C. berichtet
Stiefeltern



Ein Mitglied der Familie im Krankenhaus




Das Kind
Die Mutter



Die Nacht ist zum Schlafen da




Die Führung des Kindes



Zusammenfassung







Anhang – Zwei Fragebogen



Stimmen zum Buch



Quellenverzeichnis



Buchempfehlungen


Leseprobe


Ein Irrtum unserer Kultur






Der Keim für unsere Taten und unsere Tage, für alles, was wir erreichen oder sind, wird in früher Kindheit gelegt.
John T. Trowbridge






Die meisten von uns haben irgendwann und irgendwo einmal den Rat eines »Experten« gehört oder gelesen, der sich zum Schlafen von Kindern und Eltern oder Geschwistern in einem Bett äußert. Die Ansichten zu diesem Thema sind sehr kontrovers, doch im allgemeinen rät man davon ab.

In vielen Büchern über Kindererziehung kann man lesen, die schlechten Schlafgewohnheiten eines Kindes entstünden dadurch, daß die Mutter herbeieilt, um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist, sobald sie das Baby weinen hört. Diese Bücher erzählen uns, das Kind wache häufiger auf, nur um die Mutter in der Nähe zu haben.

Man lacht Mütter aus, die ihr weinendes Baby auf den Arm nehmen wollen. Und doch spricht aus dieser Reaktion auf das Rufen die Sorge um ihr Kind. Es ist ein Verhalten, das den Tiefen ihrer mütterlichen Gefühle entspringt.

Man schimpft mit dem Kind, weil es nach seiner Mutter verlangt, wenn es sie braucht. Man erklärt ihm »liebevoll«, aber nachdrücklich, daß es nachts nicht die Liebe und Aufmerksamkeit der Eltern fordern kann.

Diese Bücher raten den Eltern eindringlich ab, die Kinder zu sich ins Bett zu nehmen – weder im Normalfall noch in schwierigen Situationen. Man erlaubt der Mutter nicht, ihren mütterlichen Gefühlen zu vertrauen und sich an sie zu halten.. Man bestärkt sie nicht darin. Statt dessen wird sie das unschuldige Opfer alter, noch nicht überwundener Vorurteile. Eltern, die diesem Rat nicht folgen, sind gezwungen, sich auf ihren gesunden Menschenverstand zu verlassen, oder sie schlagen sich mit der Frage herum, was sie tun sollen. Unsere Gesellschaft tabuisiert das Schlafen der Familie in einem Bett. Doch sie gibt uns keine zufriedenstellenden Lösungen für die Probleme, die beim Schlafengehen oder nachts mit Kindern entstehen.

Wenn es um Kinder geht, darf man den Instinkt der Eltern nicht unterschätzen, obwohl das viele Jahre lang der Fall zu sein schien. Doch die Zeiten ändern sich. In einem Zeitungsartikel vom Januar 1974 wird Dr. Spock zitiert. Er gibt zu, man habe die Eltern überredet zu glauben, nur fachlich geschulte Personen verstünden etwas von Kindererziehung. Das, so fährt er fort, habe zu einem Mangel an Selbstvertrauen auf Seiten der Eltern geführt. Er geht soweit, das als einen »grausamen Verlust« zu bezeichnen, den man Müttern und Vätern zugefügt hat.

1974 erschien in einer Zeitschrift ein Artikel mit der Überschrift: »Weshalb schlafen manche Babys nicht« (English Journal. »New Society«). Die Autoren des Artikels stellten fest, die größte Sorge bereite den Eltern das Aufwachen der Kinder während der Nacht. In Zusammenfassung ihrer Untersuchungsergebnisse kommen sie zu dem Schluß, daß ein Teil der Ratschläge, die immer wieder von Mütterberatungsstellen, Gesundheitsämtern und Ärzten gegeben werden, nicht immer hilfreich sind und daß ihnen wenig praktische Erfahrungen zugrunde liegen. Sie berichten, daß diesem Problem nur auffallend wenig wissenschaftliche Aufmerksamkeit geschenkt werde im Vergleich zur Untersuchung der Kinderbetreuung in Krankenhäusern. »Was solche Untersuchungen ergeben haben«, fahren sie fort, »ist denen, die Rat brauchen, nur unzulänglich bekannt geworden.«

Was haben Eltern zu diesem Thema zu sagen? Eine junge Mutter schreibt: »Ich fühle deutlich, unser Baby sollte nachts bei uns sein. Trotzdem liegt es im Kinderzimmer. Warum? Ich weiß es nicht. Ich wünschte, es könnte anders sein. Wir haben immer wieder große Schwierigkeiten, unser Töchterchen zum Einschlafen zu bringen, ohne daß es weint. Wenn ich nur wüßte, was ich tun soll.«

Diese Mutter war ich. Und ich sprach von unserem ersten Kind, das damals neun Monate alt war. Als junge Mutter kam es mir nicht in den Sinn, meine Tochter zu meinem Mann und mir ins Bett zu holen.

Als unser zweites Kind geboren wurde, hatten wir mit verschiedenen Leuten über dieses Thema gesprochen. Zu unserer großen Überraschung gestanden viele, daß sie ihre Kinder zu sich ins Bett holen. Sie taten es meistens, weil das Kind Probleme mit dem Schlafen hatte oder weil es zu einem glücklicheren Familienleben beizutragen schien.

Viele dieser Eltern neigten auch zu anderen, natürlicheren Auffassungen, wenn es um ihre Kinder ging – natürliche Geburt, Stillen, natürliche Familienplanung. Sie vertraten die Ansicht, das gemeinsame Bett – entweder von Eltern und Kindern oder von Geschwistern – sei nur ein logischer Aspekt einer natürlichen Lebensauffassung.

Dieses Buch berichtet von Erfahrungen und Ansichten der Eltern, die gemeinsam mit ihren Kindern in einem Bett schlafen. Darüber hinaus liefert es auch hilfreiche medizinische, historische und kulturelle Fakten. Das Familienbett wird empfohlen als Lösung beim Einschlafen und Durchschlafen von Kindern, als ein Weg, die Familienbande enger zu knüpfen und den Kindern ein größeres Sicherheitsgefühl zu geben. Das Buch befürwortet ein Konzept der Kindererziehung, das sich zu allen Zeiten und auf der ganzen Welt bewährt hat.