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Rob Hopkins
Energiewende. Das Handbuch

Anleitung für zukunftsfähige Lebensweisen


Frankfurt am Main 2008 (Zweitausendeins); 240 Seiten; ISBN-13: 978-3-86150-882-3






Klimawandel und Erdölverknappung – wie können wir diese größte wirtschaftliche, ökologische und soziale Herausforderung unserer Gesellschaft bewältigen? Nicht mit Atom, Kohle, Wasserstoff oder Biodiesel, sagt Rob Hopkins, sondern mit »Kopf«, »Herz« und »Händen«: So überschreibt der Autor die drei Hauptteile seiner Anleitung für zukunftsfähige Lebensweisen, in der er für eine aktive Umgestaltung unserer Städte und Kommunen plädiert – eine Umgestaltung, die von den Einwohnern selbst ausgeht und deren wichtigstes Ziel die Relokalisierung von Energieversorgung, Wirtschaft und Nahrungsmittelproduktion ist.

Das Handbuch entwirft die Vision einer lebenswerten Zukunft, die aus dem Wissen und den Stärken der Vergangenheit ebenso schöpft wie aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen unserer Zeit. Es zeigt am Beispiel kommunaler Pilotprojekte der Transition-Towns-Bewegung in England, wie man diese Vision verwirklichen kann.

Siehe auch: www.transition-initiativen.de


Rob Hopkins


geb. 1970, hat viele Jahre als Lehrer gearbeitet und an der Fachhochschule im irischen Kinsale den zweijährigen Studiengang Permakultur und ökologisches Bauen konzipiert, der bis heute dort angeboten wird. Als er 2004 anfing, sich intensiver mit dem Peak-Oil-Problem und dem Klimawandel zu beschäftigen, begriff er bald, dass es keinen Sinn hat, bloß auf neue Techniken und die Fortschreibung des Kyoto-Protokolls zu warten. So handelte er selbst. Er gründete das Transition-Netzwerk und die Energiewende-Initiative Transition Town Totnes. Unter transitionculture.org betreibt er die Website der Bewegung. Privat hegt er eine spezielle Vorliebe für Walnussbäume.


Inhaltsverzeichnis


Vorwort von Richard Heinberg
Einführung von Rob Hopkins






Erster Teil: Der Kopf
Ölverknappung und Klimawandel. Zwei große Probleme, die viele kleine Lösungen erfordern






Kapitel 1
Ölverknappung und Klimawandel: Zwei unterschätzte Probleme der Gegenwart

Was ist Peak Oil? Warum wir nicht bis zum letzten Tropfen warten können – Deutliche Anzeichen: Wir nähern uns dem Umschlagpunkt – Wann kommt der Wendepunkt? – Klimawandel – Der Treibhauseffekt – Wo liegt die Grenze des Erträglichen? – Klimawandel und Ölfördermaximum sind nicht zu trennen – Klimawandel oder Peak Oil: Was kann die Öffentlichkeit stärker mobilisieren? – Der Hirsch-Report und seine Widersprüche

Kapitel 2
Der Blick vom Gipfel

Wie soll es weitergehen? – Warum wir in Zukunft mit weniger Energie auskommen müssen – Wozu eine Energiesenkung?

Kapitel 3
Unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken ist so wichtig wie die Senkung der Emissionen

Was ist Resilienz? – Drei Bestandteile eines resilienten Systems – Das gute Leben fing nicht erst mit dem Öl an – Die Sache mit dem Kuchen – Spuren vergangener Autarkie – Können wir aus der britischen Mobilmachung im Zweiten Weltkrieg lernen?

Kapitel 4
Warum wir viele kleine Lösungen brauchen

Lokalisierungsstrategien – Biodiesel – Wasserstoff – Lösungen im großen Stil sind illusorisch und gefährlich – Kommen die Lösungen von oben oder von unten? – Was kann die Regierung tun?

Zusammenfassung






Zweiter Teil: Das Herz
Warum es entscheidend auf eine positive Vision ankommt






Kapitel 5
Wie sich Peak Oil und Klimawandel auf unser Leben auswirken

»Post-Erdöl-Belastungsstörung«

Kapitel 6
Die Psychologie der Veränderung

Interview mit Chris Johnstone – Das FRAMES-Modell

Kapitel 7
Die Kraft positiver Visionen

Warum Visionen funktionieren – Visionen einer reichen Welt

Kapitel 8
Eine Vision für 2030: Rückblick auf die Energiewende

Ernährung und Landwirtschaft – Gesundheit und Medizin – Bildung und Erziehung – Wirtschaft – Verkehr und Energie – Wohnungsbau

Kapitel 9
Kinsale: Erster Versuch einer Vision auf kommunaler Ebene

Ein Energiesparprogramm für Kinsale – Vier Lektionen aus dem Kinsale-Projekt – Nachbetrachtung – Wie geht es in Kinsale weiter?

Zusammenfassung






Dritter Teil: Die Hände
Von der Idee zur Umsetzung: Das Energiewendemodell als Motor für die Entwicklung zukunftsfähiger kommunaler Selbstversorgung






Kapitel 10
Das Konzept

Die philosophischen Grundlagen – Sechs Prinzipien als Grundlage des Energiewendemodells – Das Projekthilfe-Modell – Die Größenordnung – Die Schnittstelle zwischen Energiewende-Initiativen und Kommunalverwaltung

Kapitel 11
Wie gründet man eine Energiewende-Initiative?

Die sieben Einwände – Die zwölf Schritte auf dem Weg zur Energiewende

Kapitel 12
Das erste Jahr der Energiewendestadt Totnes

Hintergrundinformation und Vorgeschichte – Beispiele für die praktische Arbeit der Energiewende-Initiative Totnes

Kapitel 13
Die rasante Verbreitung des Energiewendekonzepts

Penwith – Falmouth – Lewes – Ottery St Mary – Bristol – Brixton – Forest of Dean

Abschließende Gedanken

Vielfalt statt Einfalt. Nachwort von Annette Jensen

Anhänge – Anmerkungen – Zur Vertiefung – Register


Leseprobe


Die Vorreden zu den drei Hauptteilen:






Erster Teil: Der Kopf
Ölverknappung und Klimawandel. Zwei große Probleme, die viele kleine Lösungen erfordern






Wir leben in bewegten Zeiten. Sie ändern sich so rasch, dass uns schwindlig werden kann, wenn wir bedenken, was uns droht, wenn wir nichts tun, und welche großartigen Möglichkeiten sich uns bieten, wenn wir handeln. Meine beiden Grundannahmen sind ganz einfach. Erstens: Die Periode von 1859 bis heute, die man, das »Zeitalter des Billigöls« nennen könnte, geht zu Ende, und das wird für eine so stark vom Erdöl abhängige Zivilisation wie die unsere gewaltige Veränderungen bedeuten. Und zweitens: Wenn wir rechtzeitig und einfallsreich vorausplanen, könnte sich eine Zukunft mit weniger Öl als weitaus angenehmer als die Gegenwart erweisen.

Der erste Teil des Buches heißt »Der Kopf«, weil hier die wichtigsten Fragestellungen und Theorien verhandelt werden, die der Blick in eine radikal veränderte Zukunft auf die Tagesordnung setzt. Zunächst geht es um den »Peak Oil« und den »Klimawandel«: Beide Begriffe stehen für große Herausforderungen (es gibt noch viele andere), die sich der Menschheit am Beginn des 21. Jahrhunderts stellen, und sie sind genau deshalb der wichtigste Antrieb für das Projekt, eine »Energiewende« herbeizuführen. Beide Probleme sollen hier allgemeinverständlich dargestellt werden. Ferner wird es darum gehen, dass wir vieles, was wir als selbstverständlich annehmen, und auch unsere bisherigen Herangehensweisen radikal in Frage stellen müssen, wenn wir den Herausforderungen der Ölverknappung und des Klimawandels gewachsen sein wollen. Zunächst wird der Peak Oil, das sogenannte Ölfördermaximum, ausführlich erläutert; denn darüber dürften viele Leser weniger wissen als über den in den Medien diskutierten Klimawandel. Der dramatisch steigende Ölpreis wird aber auch das Peak-Oil-Problem in den gesellschaftlichen Diskurs rücken, denn in naher Zukunft brauchen wir dafür dringend Lösungen.

In den folgenden Kapiteln will ich einerseits beschreiben, was uns in Zukunft erwartet, wenn wir auf die doppelte Herausforderung nicht mit neuen Ideen reagieren. Zum anderen soll deutlich werden, welche Vorstellungen bereits entwickelt wurden. Das Konzept, das die Energiewende-Initiativen in England vertreten, ist flexibel und gewinnt immer mehr Anhänger: Es geht hier im Wesentlichen um neue »Techniken« zur deutlichen Reduzierung der CO2-Emissionen und um neue Antworten auf Klimawandel und Ölverknappung.






Zweiter Teil: Das Herz
Warum es entscheidend auf eine positive Vision ankommt






Der Klimawandel und die drohende Erdölverknappung können für manche Menschen sehr verstörend wirken. Die meisten von uns dürften sich daran erinnern, wo sie am 11. September 2001 waren, und die Älteren unter uns werden auch noch wissen, wo sie sich befanden, als John F. Kennedy ermordet wurde. In ähnlicher Weise können die meisten Menschen, denen die Konsequenzen des Klimawandels und das Peak-Oil-Problem zum ersten Mal richtig bewusst geworden sind, Geschichten von dem Moment erzählen, als bei ihnen »der Groschen fiel« und sie, wie ich es manchmal nenne, aus ihrem »Vorstadttraum« erwachten. Es ist wichtig, sich nicht nur intellektuell mit diesen Problemen auseinanderzusetzen, sondern sich auch einzugestehen, dass sie uns emotional aufwühlen und betroffen machen, denn wie wir mit dieser Betroffenheit umgehen, entscheidet darüber, wie wir auf die Herausforderungen reagieren – oder eben nicht reagieren.

Es ist daher auch wichtig, sich die Kraft positiver Visionen bewusst und zunutze zu machen. Allzu häufig betreiben Umweltschützer Angstmache in der irrigen Annahme, mit apokalyptischen Zukunftsszenarien die Menschen zum Handeln bewegen zu können. In diesem Teil wenden wir uns deshalb der Frage zu, wie wir solche Fehler vermeiden und im Gegenteil erstrebenswerte Zukunftsvisionen entwerfen können, von denen sich die Menschen unmittelbar angezogen fühlen.

Im Folgenden will ich dazu einen Beitrag leisten und eine Vision vorstellen,wie Großbritannien im Jahr 2030 aussehen könnte,wenn wir den Anpassungsprozess an ein drastisch vermindertes Energieangebot kreativ in Angriff nehmen und unsere Zukunft in gesteigerter Widerstandskraft, einer lokalen Wirtschaft und einem radikal verminderten Energieverbrauch suchen. Die doppelte Herausforderung von Erdölverknappung und Klimawandel schafft die einmalige Chance, die Welt um uns herum neu zu denken, neu zu erfinden und neu zu bauen. Im Kern dieses Teils des Buches steht die Überzeugung, dass diese Wende besondere innere Ressourcen erfordert, nicht bloß ein abstraktes intellektuelles Verständnis. Das ist für die Umweltbewegung ein relativ neuer Ansatz, doch hängt davon entscheidend ab, ob wir genügend Unterstützung für eine grundlegende Energiewende mobilisieren können.






Dritter Teil: Die Hände
Von der Idee zur Umsetzung: Das Energiewendemodell als Motor für die Entwicklung zukunftsfähiger kommunaler Selbstversorgung






Es ist offenkundig, dass es angesichts der oben umrissenen massiven Veränderungen, die uns bevorstehen, nicht einmal annähernd ausreicht, die Glühbirnen im Haus auszutauschen und die Heizung ein paar Grad herunterzudrehen. Im dritten Teil, »Die Hände«, werden wir uns ansehen, wie wir uns mit Unterstützung der Gemeinde auf eine Post-Erdöl-Welt zubewegen können, die tatsächlich erstrebenswerter ist als die gegenwärtige Welt. Wir stehen an der Schwelle vieler Entwicklungen und eine davon ist eine beispiellose wirtschaftliche, kulturelle und soziale Renaissance. Das Modell, an dessen Entwurf ich beteiligt war, das Energiewendemodell, ist eine positive, lösungsorientierte Methode, Menschen einer Gemeinde zusammenzubringen und auf kommunaler Ebene nach Wegen zu suchen, um auf Klimawandel und Erdölverknappung angemessen zu reagieren. Als wir im September 2006 mit Transition Town Totnes das erste Energiewendeprojekt Großbritanniens auf den Weg brachten, haben wir im Scherz prognostiziert, dass die Idee nun um sich greifen werde »wie ein Virus«. Heute, keine zwei Jahre danach, hat sich der Satz bewahrheitet.

Die Energiewendebewegung ist innerhalb kurzer Zeit weltweit zu einer der am schnellsten um sich greifenden Initiativen auf kommunaler Ebene geworden. In diesem Teil des Buches werde ich erstens zu definieren versuchen, was eine Energiewende-Initiative ist, und zweitens die zwölf Schritte vorstellen, die im Anfangsstadium der Energiewende notwendig sind, um den Prozess in Gang zu bringen. So sollte der Leser am Ende der Lektüre gerüstet sein, in seiner Heimatgemeinde einen solchen Prozess zu initiieren. Die zentrale Botschaft dieses Abschnitts lautet zum einen, dass wir als Einzelkämpfer nichts erreichen, und zum anderen, dass Klimawandel und Peak Oil unser Denken und unsere Entscheidungen mitbestimmen. Wir müssen größer denken, wir müssen mit anderen Menschen Hand in Hand arbeiten und wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln.


Siehe auch:


Transition Initiativen in Deutschland, Österreich und der Schweiz



Transition Towns / Energiewende – Initiativen



DeutschlandRadio Kultur: Ökologie muss Spass machen. Rob Hopkins: Energiewende



Wikipedia: Permakultur