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Worldwatch Institute (Hrsg.)
in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch
Zur Lage der Welt 2007
Der Planet der Städte

Münster 2007 (
Westfälisches Dampfboot); 336 Seiten; ISBN 978-3-89691-653-2








Über drei Milliarden Menschen leben in Städten bzw. Ballungsgebieten. Damit wohnen zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte mehr als die Hälfte aller Menschen in urbanen Siedlungsräumen. Doch ein sehr großer Teil von ihnen lebt in Slums: ohne Wasser und sanitäre Anlagen, ohne ausreichend Raum und sichere Eigentumstitel. Die allermeisten dieser Slums befinden sich in Afrika, Asien und Lateinamerika. Und die Städte der Welt wachsen weiter. Dabei verbrauchen sie ein Mehrfaches der eigenen Fläche zu ihrer Versorgung mit dem Notwendigsten. Wie dieser bedrohliche Trend gebrochen und eine zukunftsfähige Entwicklung für alle eingeleitet werden kann – das beschreibt der Bericht Zur Lage der Welt 2007 des renommierten Worldwatch Institute in Washington.


Worldwatch Institute


Worldwatch ist eine unabhängige, weltweit ausgerichtete Forschungsorganisation für Umweltfragen und Probleme der Sozialpolitik mit Sitz in Washington, D. C. Seine einzigartige Verbindung von interdisziplinärer Forschung und allgemein zugänglichen Publikationen hat das Institut zu einer führenden Autorität gemacht, wenn es um die Belange einer umweltschonenden und sozial gerechten Gesellschaft geht. In den vier Hauptforschungsfeldern des Instituts – Menschen, Natur, Energie und Ökonomie – befassen sich die Forscher von Worldwatch mit einer Vielzahl von Gegenständen wie Bevölkerung, Ernährung, Wasser, Urbanisierung, Meere, Wälder, ansteckende Krankheiten, Bioinvasion, Verschmutzung, Materialgebrauch, Energie, Klimawandel, Transportwesen, Konsum, Sicherheit, Globalisierung und Herrschaft, nachhaltiges Wirtschaften und Informationstechnologie. Jedes Jahr stellt Worldwatch seine Ergebnisse in einigen Publikationen vor, zu denen auch die Jahrbücher State of the World (Zur Lage der Welt) und Vital Signs gehören. Das erste Worldwatch Paper erschien 1975. Seit jenem Jahr hat Worldwatch mehr als 160 Forschungsberichte veröffentlicht, die sich mit vielen der dringlichsten ökonomischen, sozialen und Umweltfragen in der Welt befassen. Das Institut veröffentlichte seinen Jahresbericht „Zur Lage der Welt“ erstmals 1984.


Heinrich-Böll-Stiftung


Die Heinrich-Böll-Stiftung mit Sitz in den Hackeschen Höfen im Herzen Berlins ist eine politische Stiftung und steht der Partei Bündnis 90/Die Grünen nahe. Die Stiftung arbeitet in rechtlicher Selbstständigkeit und geistiger Offenheit. Heinrich Bölls Ermutigung zur zivilgesellschaftlichen Einmischung in die Politik ist Vorbild für die Arbeit der Stiftung. Ihre vorrangige Aufgabe ist die politische Bildung im In- und Ausland zur Förderung der demokratischen Willensbildung, des gesellschaftspolitischen Engagements und der Völkerverständigung. Dabei orientiert sie sich an den politischen Grundwerten Ökologie, Demokratie, Solidarität und Gewaltfreiheit. Die Stiftung engagiert sich in der Welt durch die Zusammenarbeit mit rund 200 Projektpartnern in über 60 Ländern auf vier Kontinenten.


Germanwatch


Seit 1991 setzt sich Germanwatch für eine zukunftsfähige Entwicklung ein. Denn durch karitative Hilfsmaßnahmen allein können soziale und ökologische Katastrophen und allmähliche Verschlechterung der Lebensumstände in Ländern der sogenannten Dritten Welt nicht verhindert werden. Vielmehr muss an den Ursachen gearbeitet werden, die in den globalen Wirtschaftsstrukturen und der Ungerechtigkeit der Güterverteilung liegen. Politik und Wirtschaft der Industrieländer müssen sich in vielfacher Weise neu orientieren, um zukunftsfähiger zu werden. In diesem Sinne betrachtet Germanwatch auch die Industriestaaten als "Entwicklungsländer". Mit wissenschaftlich fundierten, umwelt- und entwicklungspolitischen Lösungsvorschlägen spricht Germanwatch Regierungs- und Wirtschaftsvertreter persönlich an und findet dort zunehmend Gehör. Ziel von Germanwatch ist nicht nur eine effiziente Arbeit für eine zukunftsfähige Nord-Süd-Politik, sondern die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit für komplexe entwicklungspolitische Themen. Germanwatch versteht sich hier auch als Informant für Presse- und Medienvertreterinnen.


Inhaltsverzeichnis


Vorwort zur deutschen Ausgabe. Von Ralf Fücks und Klaus Milke






Gerhard Matzig
Lob der Stadt






Gunther Hilliges / Ulrich Nitschke
Städte als Partner für Nachhaltige Entwicklung






Vorwort von Anna Tibaijuka
(Geschäftsführende Direktorin, UN-HABITAT)






Vorwort von Jaime Lerner
(Ehemaliger Gouverneur von Paraná, Brasilien, und früherer Bürgermeister von Curitiba)






Einleitung von Christopher Flavin






Kai N. Lee
KAPITEL 1: Die Welt wird urban






Stadtportrait Timbuktu: Begrünung des Hinterlands



Stadtportrait Loja: Eine ökologische und gesunde Stadt






David Satterthwaite / Gordon McGranahan
KAPITEL 2: Die Wasser- und Sanitärversorgung verbessern






Stadtportrait Lagos: Kollabierende Infrastruktur






Brian Halweil / Danielle Nierenberg
KAPITEL 3: Landwirtschaft in Städten






Stadtportrait Freetown: Urbane Landwirtschaft nach dem Bürgerkrieg






Peter Newman / Jeff Kenworthy
KAPITEL 4: Wie man umweltfreundlichen Transportsystemen in der Stadt zum Durchbruch verhilft






Stadtportrait Melbourne: Wie man die CO2-Emissionen einer Stadt reduziert






Janet L. Sawin / Kristen Huges
KAPITEL 5: Energie für Städte






Stadtportrait Rizhao: Stadt der Solarenergie






Zoë Chafe
KAPITEL 6: Wie man die Risiken von Naturkatastrophen in Städten verringert






Stadtportrait Jakarta: Flussmanagement






Mark Roseland / Lena Soots
KAPITEL 7: Lokale Ökonomien stärken






Stadtportrait Brno: Von der Industriebrache zum urbanen Zentrum






Janice E. Perlman / Molly O‘Meara Sheehan
KAPITEL 8: Der Kampf gegen Armut und für Umweltgerechtigkeit in den Städten






Anhang: Autorinnen und Autoren


Leseproben


Vorwort zur deutschen Ausgabe






Gegenwärtig leben bereits über drei Milliarden Menschen in Städten. Damit wohnen zum ersten Mal in der Geschichte mehr als die Hälfte aller Menschen in urbanen Ballungsräumen. Doch ein großer Teil von ihnen lebt in Slums: ohne sichere Eigentumstitel an ihren Behausungen, in beengten, oft armseligen Verhältnissen ohne hygienische Wasserversorgung und sanitäre Anlagen. Trotzdem üben die Städte der Welt eine ungebrochene Anziehungskraft aus. Sie wachsen weiter, trotz Armut, Kriminalität und Gewalt, die das Alltagsleben in vielen Städten überschatten, und trotz aller ökologischen Probleme, die städtische Agglomerationen mit sich bringen – überbordender Verkehr, Luftverschmutzung, Abfallentsorgung, Abwässer und der Verbrauch riesiger Flächen für ihre Versorgung mit Nahrungsmitteln und Energie.






Doch ohne die Städte gäbe es keine Zivilisation. Sie sind Motor der Wirtschaft und Wiege der Demokratie, sozialer Schmelztiegel und Bühne des geistigen und kulturellen Lebens. Zur Zeit ist vielfach von einer „Renaissance der Städte" die Rede. Der neue Optimismus verheißt ein Wiedererstarken des urbanen Raums als Folge sozio-ökonomischer Megatrends, insbesondere des Übergangs zur Wissensgesellschaft. Tatsächlich siedeln sich kreative Betriebe bevorzugt in Städten an, denn hier finden sie die Fühlung zu Wissenschaft, Kunst und Kapital, die eine Nährlösung für Innovation bilden. Auch ältere Menschen zieht es zurück in die Städte, soweit sie es sich leisten können – nirgendwo sonst gibt es ein solches Angebot an wohnortnahen Dienstleistungen. Trotz massenhaften Elends bleiben auch die Megacities der südlichen Hemisphäre Projektionsflächen für eine bessere Zukunft.






Angesichts schrumpfender fossiler Ressourcen und einer stetig wachsenden Menschheit dürfte die für urbane Siedlungen konstitutive Dichte zudem die einzige Möglichkeit bieten, nachhaltige Verkehrs- und Flächenkonzepte zu realisieren. Die ökologisch und städtebaulich schon immer nachteilige Ausbreitung der Vorstädte, das Auswuchern reiner Schlafsiedlungen oder monofunktionaler Gewerbegebiete in den suburbanen Landschaftsraum ist zumindest in Europa unter dem Vorzeichen schrumpfender Bevölkerungszahlen auch ökonomisch nicht mehr haltbar. Auch deshalb gewinnt die Kernstadt wieder an Bedeutung als Arbeits- und Wohnort.






Der Klimawandel ist auch ein Produkt der Städte mit ihrem exorbitanten Energieverbrauch. Er schlägt nun wie ein Bumerang auf sie zurück. Besonders bedroht sind die vom Anstieg des Meeresspiegels betroffenen Küstenstädte. Es entspricht jedoch dem Selbstbewusstsein und der Gestaltungskraft von Großstädten, dass ein großer, Teil der Lösungsmöglichkeiten in ihnen selbst schlummert, was die Beiträge dieses Buches belegen.






Mit den Beschlüssen der Weltkonferenz zu Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio betraten die rund 500.000 Städte und Kommunen schließlich das Forum der internationalen Politik. Sie wurden durch die Agenda 21 und da nicht zuletzt durch die lokale Agenda 21 des Kapitels 28 als Schnittstellen zwischen verschiedenen Bereichen und Prozessen identifiziert und tatsächlich zu globalen Akteuren des politischen Wandels.






Es ist also mehr als berechtigt, dass das Worldwatch-Institute in Washington diesmal die Städte in den Mittelpunkt seines jährlichen Berichtes zur Lage der Welt gestellt hat. Das vorliegende Buch macht es deutlich: Unser aller Zukunft hängt entscheidend von einer nachhaltigen Wende in der Stadtentwicklung ab.






Berlin und Bonn, im Februar 2007






Ralf Fücks (Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung)



Klaus Milke (Vorstandsvorsitzender Germanwatch)


Siehe auch


Zur Lage der Welt – Jahresberichte – Übersicht