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Werner Raetz, Hardy Krampertz
Bedingungsloses Grundeinkommen
woher, wozu und wohin?


Neu-Ulm (AG SPAK) 2011; 108 Seiten; ISBN 978-3-940865-24-3




Das Buch zur Wanderausstellung – siehe:
www.grundeinkommen.de/die-idee/wanderausstellung
grundeinkommen-attac.de/index.php?id=4293

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens transportiert umfassende Visionen einer Gesellschaft, in der es den Individuen als TrägerInnen der Menschenrechte möglich ist, nein zu jeder Zumutung zu sagen, der sie sich nicht freiwillig stellen wollen. Das klingt emanzipatorisch und positiv und eben deshalb handelt es sich um einen hoch konfliktiven Vorschlag. Wer mehr Macht, Einfluss und Durchsetzungsmöglichkeiten hat als andere, wird nicht begeistert sein von einem Vorschlag, der es allen ermöglicht, sich der Macht und dem Einfluss zu entziehen und sich auf die eigenen Bedürfnisse zu besinnen.

Um das Grundeinkommen gibt es also gesellschaftlichen Streit und es wird ihn weiter geben. Diese Auseinandersetzungen sind wichtig und machen einen Teil der Qualität eines späteren Grundeinkommens aus. Das Grundeinkommen ist kein Wolkenkuckucksheim, das in der Phantasie an die Stelle von als unzulänglich und repressiv erlebten Sozialsystemen treten könnte, es ist auch nicht der magische deus ex machina, der alle Probleme löst, sondern ein Vorschlag, der Kraft und Richtung gibt beim Eingreifen in die täglichen sozialpolitischen Auseinandersetzungen.

Blick ins Buch auf www.agspak-buecher.de


Werner Rätz


Jahrgang 1952; Biographisches siehe www.werner-raetz.de/index.php?id=127

Hardy Krampertz


ist wie Werner Rätz Mitarbeiter in der Attac-AG „Genug für alle“


Inhaltsverzeichnis


Einführung

Block A: Was ist ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Tafel 1: Was ist ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Migration
Exkurs: Bedingungsloses Grundeinkommen als Projekt globaler Umverteilung
Tafel 2: Woher kommt die Idee?
Fremdversorgung und Selbstversorgung
Exkurs: Was ist „Arbeit“ und wie funktioniert Vergesellschaftung durch Arbeit?
Tafel 3: Wie funktioniert das?
Grundeinkommen neoliberal
Tafel 4: Wer ist für ein Grundeinkommen?
Grundeinkommen in der Europäischen Union
Tafel 5: Modelle für ein Grundeinkommen
Richtungsforderung
Tafel 6: Bedingungsloses Grundeinkommen und soziale Sicherungssysteme
Verdeckte Armut
Tafel 7: Soziale Sicherungssysteme – Beispiel Namibia
Freihandel
Tafel 8: Beispiele für ein Grundeinkommen – überall auf der Welt
Sozialgeldtransfer

Block B: Wie kann ein bedingungsloses Grundeinkommen Wirklichkeit werden?
Tafel 9: Erste Schritte? – Alaska, Namibia u.a.
Globale Soziale Rechte
Tafel 10: Auf dem Weg? – Großbritannien, USA
BürgerInnenrecht
Tafel 11: Welche Schritte führen zu einem Grundeinkommen?
Kinderarmut
Tafel 12: Wo beginnen?
Ernährungssouveränität

Block C: Was und wer spricht gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Tafel 13: Wer ist gegen ein Grundeinkommen?
Zuviel Umverteilung?
Exkurs: Der Sozialstaat oder wieviel Emanzipation braucht ein Mensch?
Tafel 14: Zerstört ein Grundeinkommen die Sozialsysteme?
Infrastruktur
Tafel 15: Macht ein Grundeinkommen nur die Reichen reicher?
Armut und Ausgrenzung
Tafel 16: Verhindert ein Grundeinkommen die Teilhabe durch Erwerbsarbeit?
Arbeitsgesellschaft
Tafel 17: Grundeinkommen – Belohnung für Faulheit?
Faulheit
Exkurs: Die systemische Krise des Kapitalismus oder was ist Reichtum wirklich?
Tafel 18: Ist ein Grundeinkommen finanzierbar?
Finanzierung
Tafel 19: Ist genug für alle da?
Ökologische Grenzen
Exkurs: Wachstumskritik und Grundeinkommen

Block D: Was bewirkt ein bedingungsloses Grundeinkommen?
Tafel 20: Grundeinkommen: Es ermöglicht vielfältige Tätigkeiten
Tätigkeitsgesellschaft
Exkurs: Schaffung von Allgemeingütern durch Aneignung des zum Leben Benötigten?
Tafel 21: Grundeinkommen: Es verändert die Arbeitswelt
Neue Arbeit
Tafel 22: Grundeinkommen: Es verändert die geschlechtliche Arbeitsteilung
Geschlechtliche Arbeitsteilung
Tafel 23: Grundeinkommen: Anerkennung aller Formen gesellschaftlicher Arbeit
Kreativität
Exkurs: Wissen und Wert, immaterielle Arbeit und Produktivität
Tafel 24: Grundeinkommen: Wer gewinnt?
Gesellschaftlichkeit
Tafel 25: Grundeinkommen: Eine Gesellschaft aus freier Übereinstimmung
Gutes Leben


Leseprobe


Einführung






Dieses Buch dokumentiert zwar die Ausstellung „Bedingungsloses Grundeinkommen“, die in Zusammenhang mit dem dritten deutschsprachigen Grundeinkommenskongresses im Oktober 2008 in Berlin entstanden ist. Aber es handelt sich gleichzeitig um deutlich mehr als ein Begleitheft oder um einen Katalog zur Ausstellung. Unser Anspruch ist es, zu zeigen, dass die ldee des bedingungslosen Grundeinkommens umfassende Visionen einer Gesellschaft transportiert, in der es den lndividuen als Trägerlnnen der Menschenrechte möglich ist, nein zu jeder Zumutung zu sagen, der sie sich nicht freiwillig stellen wollen.

Deshalb ist das bedingungslose Grundeinkommen auch kein technisches Konzept, das sich kluge Leute ausdenken und das man dann nur noch verwirklichen muss. Nicht Gesetzesvorschläge und Bundestagsabstimmungen werden uns dem Grundeinkommen näherbringen, sondern das lebendige Bemühen der Menschen, die Baustelle Gesellschaft selbst, selbstbewusst und mit aller ihnen möglichen Kreativität zu gestalten.

Das klingt emanzipatorisch und positiv, fast wie ein Traum, und ist auch genau das. Und eben deshalb handelt es sich um einen hoch konfliktiven Vorschlag. Wir leben in einer Gesellschaft, weltweit wie national, in der einige mehr Macht, Einfluss und Durchsetzungsmöglichkeiten haben als andere, und zwar nicht zufällig und gelegentlich, sondern systematisch. Die werden nicht von sich aus begeistert sein von einem Vorschlag, der es allen ermöglicht, sich ihrer Macht und ihrem Einfluss zu entziehen und sich auf ihre eigenen Bedürfnisse zu besinnen.

Um das Grundeinkommen gibt es also gesellschaftlichen Streit und es wird ihn weiter geben. Diese Auseinandersetzungen sind wichtig und machen einen Teil der Qualität eines späteren Grundeinkommens aus. Oft werden wir in Diskussionen gefragt, ob die Menschen denn schon,,reif" für ein Grundeinkommen wären und damit für eine Gesellschaft, in der sie selbstverantwortlich über ihre Tätigkeit entscheiden können. Ja, es stimmt, eine solche Gesellschaft entsteht nicht aus dem Nichts. Sie kann nicht verordnet oder sozusagen als Geschenk den Menschen übergestülpt werden. Sie will erarbeitet und eingeübt sein.

Und genau das geschieht in den Auseinandersetzungen um die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Diese gesellschaftlichen Kämpfe sind es, die den Menschen das Selbstbewusstsein geben, für ihre eigenen Anliegen selbst verantwortlich sein zu wollen und zu können. Ein späteres Grundeinkommen wird genau so viel wert sein wie die Kämpfe, die darum geführt worden sind. Die Phantasie diesbezüglich anzuregen, Richtungen aufzuzeigen, in die das gehen könnte, mögliche Partnerlnnen zu benennen, ist Anliegen dieses Buches.

Die Ausstellung selbst gibt in vier Blöcken einen Einblick in die Fragen: „Was ist ein bedingungsloses Grundeinkommen?“, „Wie kann es Wirklichkeit werden?“, „Wer oder was spricht dagegen?“, „Was bewirkt es?“ Die Ausstellungstafeln stellen je abgeschlossene Aussagen dar, die je für sich lesbar und verständlich sind. Sie enthalten aber immer auch Elemente, die über die unmittelbare Aussage hinausführen. Wir werden sie im Folgenden als Aufhänger nehmen, um jeweils einen solchen Aspekt etwas auszuführen, der sich nur indirekt aus den Aussagen der Tafel ergibt. Das Anliegen ist es also, die Aussagen derTafeln über sich selbst hinaus zu öffnen und die Kreativität der Leserlnnen anzuregen. Grundeinkommen wäre in diesem Sinne als eine Richtungsforderung zu verstehen, die uns zeigt, wo es einmal hingehen könnte, ohne dass damit genaue Handlungsanweisungen für hier und jetzt verbunden wären.

Formal wird das so aussehen, dass nach der Dokumentation der Tafel das jeweilige Thema benannt und sehr kurz erläutert werden wird. Dann werden wir einen oder mehrere Buchtipps mit Kurzbesprechung, lnternetadressen benennen, wo man sich weitergehend informieren kann, und schließlich in einem Text einige Elemente des angesprochenen Themas darstellen. DieseTexte sind manchmal zitiert, dann in der Regel auch für die Bedürfnisse der Darstellung in unserem Rahmen gekürzt oder bearbeitet. ln diesen Fällen ist angegeben, wo der Originaltext herkommt und nachgelesen werden kann. Texte ohne Autorlnnen- und Quellenangabe sind von uns speziell für dieses Buch geschrieben worden. Einige Themen konnten aus Platzgründen in der Ausstellung selbst nicht behandelt werden. Sie werden hier in Form von Exkursen eingebaut.

Wir, beide Autoren der Ausstellung und des Buches, sind seit vielen Jahren in der Attac-AG „Genug für alle“ engagiert. Diese AG setzt sich aktiv für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein und hat vielfältige Initiativen diesbezüglich unternommen. Wir haben dieses Engagement immer so verstanden, dass es einen Bezug zu den real stattfindenden Auseinandersetzungen um ein gutes Leben hier und jetzt haben muss. Das Grundeinkommen ist kein Wolkenkuckucksheim, das in der Phantasie an die Stelle von als unzulänglich und repressiv erlebten Sozialsystemen treten könnte, es ist auch nicht der magische deus ex machino, der alle Probleme löst, sondern ein Vorschlag, der Kraft und Richtung gibt beim Eingreifen in die täglichen sozialpolitischen Auseinandersetzungen. Damit irritieren wir gelegentlich unsere Partnerlnnen in beiden Bewegungen. Vor allem für Kolleglnnen in den Gewerkschaften sind unsere Überlegungen der Trennung von Erwerbsarbeit und Einkommen oft schwer nachvollziehbar. Und umgekehrt löst es in der Grundeinkommensbewegung manchmal Befremden aus, wenn wir von Migration, den Schulden des Südens oder der ökologischen Frage reden. Aber wir sind überzeugt, dass die Dinge so zusammengehören und muten sie deshalb nicht nur unseren politischen Partnerlnnen, sondern auch unseren Leserlnnen zu.


Siehe auch


www.grundeinkommen.de



www.archiv-grundeinkommen.de