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> Zeitler 2006
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Gerd
Zeitler Der Freihandelskrieg Von
der neoliberalen zur zivilisierten Globalisierung Eine
Perspektive für Vollbeschäftigung
Münster
2006 (Monsenstein und Vannerdat); 392 Seiten; ISBN
978-3-86582-376-2
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Führt
uns der globale Freihandel mit seinen naturgesetzlichen
Zwängen tatsächlich in eine bessere Welt? Oder
ist Freihandel nur ein Euphemismus für
eigennützige Markteroberungen? Gerd Zeitler analysiert mit
ökonomischem Scharfblick, wie im Streben nach
wirtschaftlicher Hegemonie unsere Gesellschaft und unsere
Lebensgrundlagen zerstört werden. Und er skizziert einen Weg
in eine zukunftsfähige Wirtschaftsordnung, eine Ordnung, die
förderlichem Wettbewerb und nutzbringendem Außenhandel
verpflichtet ist. Dieses Buch ist ein Bekenntnis zur sozialen und
ökologisch Marktwirtschaft und zur Demokratie und ein
Leitfaden zur Umkehr aus der neoliberalen Sackgasse.
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Gerd
Zeitler
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geboren
1940, hat nach dem Ingenieurstudium seit den Siebziger Jahren
internationale Unternehmensallianzen mitgestaltet, war im
fachlichen Austausch zwischen Industrie und
Wirtschaftswissenschaft engagiert und als Gastdozent für
strategisches Unternehmens- und Technologiemanagement tätig.
Gerd Zeitler lebt in München.
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Inhaltsverzeichnis
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Vorwort
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I.
Einleitung
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Rückblick:
Die industriellen Akteure nutzen ihre historische Chance
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Ausgangslage:
Entgrenzte Märkte, schwindende Demokratie
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Entgrenzte
Marktwirtschaft Befindlichkeiten
Entdemokratisierung
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Aussichten:
Der Weg in eine demokratisch legitimierte Ordnung
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Ausgleichende
versus ideologische Ordnung Regionale versus globale
Ordnung Die Herausforderung Programm und Prozess
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II.
Neoliberalismus Ursachen,
Folgen, Folgerungen
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Überblick:
Mit doktrinärer Programmatik in die Selbstzerstörung
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Die
Doppeldeutigkeit des Begriffs Die neoliberale Doktrin in
Kurzfassung
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Die
gesellschaftliche Entwicklung: Ein Blick auf und hinter die
Statistik
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Wohlfahrtsmindernde
Ungleichverteilung Dramatische Unterbeschäftigung
Entmutigender Arbeitsmarkteinstieg Endstation Armut
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Offene
Finanzmärkte, Standortwettbewerb und Kostenverlagerung
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Ausgangslage
Grenzenlos unkontrollierter Kapitalverkehr
Staatsanleihen für Konsum und Haushaltslöcher
Professionelle Zockerei am Aktienmarkt Die
Spekulationsblase Mannesmann Eine neue Lotterie namens
Hedge-Fonds Industriestandorte im globalen Ausverkauf
Der zerstörerische Kosten- und Innovationsdruck
Kostenverlagerung als Mittel blendender Produktivität
Ausblick Finanzmärkte und Kapitalkontrollen Ausblick
Standortwettbewerb und Kapitalmobilität Ausblick
Kostenverlagerung und Produktivität
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Die
Mär vom Wohlstand durch vollständige Spezialisierung
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Smith
und Ricardo Ricardo und der Wechselkurs Ricardo und
die Spezialisierung Ricardos Beitrag zur ökonomischen
Theorie und Praxis Ausblick
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Freihandel
und Anarchie: Eine zwangsläufig teuflische Symbiose
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Ausgangslage
Das multilateralistische Regime der WTO Das
zentralistische Regime der EU Die besondere Lage der
Hochlohnländer Die besondere Lage der
Niedriglohnländer Weitere Auswirkungen des
Freihandels Ein Gedankenexperiment zur Integration
ungleicher Märkte Ausblick
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Der
Ruf nach Wachstum als Deckmantel eigennütziger Expansion
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Ausgangslage
Die Grenzen quantitativen Wachstums Die
ökonomischen Irrtümer Binnen- versus
Exportwachstum Wachstum und Beschäftigung
Volkswirtschaftliches versus unternehmerisches Wachstum
Ausblick
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Faktor
Arbeit unterm Kostenjoch des Verdrängungswettbewerbs
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Ausgangslage
Die neoliberale Sicht des Arbeitsmarktes Abschied
von der Vollbeschäftigung Das fruchtlose Gezerre um
Arbeitszeiten Arbeitszeitmodelle Entlassung in den
globalen Wettbewerb Der Niedriglohnsektor: Arbeit in Armut
Armut unter Vollzeitbeschäftigten Das
Grundrecht auf Arbeit Ausblick
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Drohende
Eskalation: Dienstleistungen im Visier von EU und WTO
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Ausgangslage
Der geplante Ausverkauf der Daseinsvorsorge Die
Konzentration kapitalintensiver Dienstleistungen Dumping
bei arbeitsintensiven Dienstleistungen Ein weiterer
Rückschlag für die Entwicklungshilfe Ausblick
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Der
unterbundene Handel mit Wissen und geistigem Eigentum
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Ausgangslage
Ausblick
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Die
öffentliche Daseinsvorsorge: Neues Objekt industrieller
Begierde
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Ausgangslage
Die fehlende Abgrenzung öffentlicher Güter
Die gebotene Langfristigkeit staatlicher Vorsorge
Neoliberale Beispiele Ausblick
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Technologische
Fixierung: Eine trügerische Zukunftssicherung
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Ausgangslage
Der Glaube an technologische Patentrezepte
Reparaturen am Ende der Wertschöpfung Fragwürdige
Innovations-Initiativen Ausblick
Max-Planck-Institut (MPI) Deutsche Forschungsgemeinschaft
(DFG) Frauenhofer-Gesellschaft (FHG) Fazit
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Notgedrungen:
Missmanagement infolge industrieller Gigantomanie
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Ausgangslage
Ausblick
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Landwirtschaft
zwischen lokalem Auftrag und globaler Verlockung
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Ausgangslage
Ein Negativbeispiel aus den USA Gentechnisch
veränderte Produkte Gefährliche Koexistenz auf
dem Acker Agrarpolitik und Gesundheit Ausblick
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Entwicklungsländer
am Gängelband von Industrie und WTO
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Ausgangslage
Ausblick
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Wie
die Bevölkerungsentwicklung instrumentalisiert wird
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Ausgangslage
Ausblick
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Zusammenfassung:
Der neoliberale Teufelskreis und seine Folgen
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Im
Fokus der Kritik Fazit
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III.
Prinzipien wirtschaftlicher Ordnung Vision
selbstbestimmter Binnen- und Außenwirtschaft
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Vorbemerkungen
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Prinzipien
regionaler Ordnung
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Die
lebendige, subsidiär strukturierte Demokratie Die
autonomen regionalen Wirtschaftsräume Die subsidiär
strukturierten privaten und öffentlichen Sektoren Die
sozialökologische, strukturbildende Besteuerung Die
subsidiäre Arbeitsteilung und Spezialisierung Die
eigenständigen, kleinräumigen Wirtschaftskreisläufe
Die sozial und ökologisch definierte Produktivität
Die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen
Das dynamische qualitative Wirtschaftswachstum Die
ortsgebundenen Pflichtigkeiten des Produktionskapitals Die
Technologie im Dienste der Nachhaltigkeit Die wahre
Preisbildung auf freien, geregelten Märkten Der
konstruktive, fortschrittsfördernde Wettbewerb Das
beschäftigungs- und umweltbezogene Gleichgewicht Die
öffentlichen Güter im Mittelpunkt der Daseinsvorsorge
Die Regelethik als Instrument der Gerechtigkeit Die
solidarische nachgeordnete Verteilungsgerechtigkeit
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Prinzipien
globaler Ordnung
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Der
Handel und der Wettbewerb mit materiellen Produkten Das
multi-bilaterale Wechselkurssystem Der globale Freihandel
mit geistigem Eigentum Die pflichtgebundene Mobilität
der Produktionsfaktoren Die interregionale und
supraregionale Zusammenarbeit Die strukturgerecht
förderliche Entwicklungshilfe -
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IV.
Schritte zur Umsetzung Vom
Verdrängungs- zum Wisenswettbewerb
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Vorbemerkungen
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Zum
Kern des Problems Das politische Postulat Die
politische Aufklärung Viele Wege, ein Ziel
Demonstrationsobjekt EU
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Phase
1: Vorbereitende Maßnahmen
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Außenwirtschaftliche
Autonomie Entwicklungshilfe zur Eigenständigkeit
Arbeitsmarktstatistik Armuts-/Reichtumsstatistik
Bürgerversicherungen Progressiver
Einkommenssteuertarif Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Unternehmerisches Controlling Gentechnikfreie
Landwirtschaft und Lebensmittel
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Phase
2: Dezentralisierung der Wirtschaft
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Wiederherstellung
der öffentlichen Daseinsvorsorge Volksentscheide für
die Daseinsvorsorge Ausbau der Kartell- zu
Wettbewerbsbehörden Sozialer und ökologischer
Fortschritt Gesamtsteuerung der Wirtschaft
Realwirtschaftliche Ausrichtung der Finanzmärkte
Beschränkung von Kapitaltransfers Umbau
multinationaler Unternehmen Wiederaufbau zerstörter
Industrien Ökologisierung der Landwirtschaft
Teilhabe abhängig Beschäftigter Aufgabe der
Gewerkschaften
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Phase
3: Umstellung des Außenhandels
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Handel
mit komparativen, relativen Vorteilen Globaler Freihandel
mit geistigem Eigentum
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Phase
4: Abschließende Maßnahmen
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Verträgliche
Bevölkerungsdichte Supranationale Zuständigkeiten
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Schlussbemerkung
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Anhang
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Glossar
wirtschaftlicher Begriffe
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Eine
Auswahl von Scheinargumenten
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Quellennachweis
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Literaturempfehlungen
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Leseprobe
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Vorwort
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Jeder
kennt sie, die täglichen Pressemitteilungen, in denen
Unternehmen die Auslagerung von Produktionsstätten und
Arbeitsplätzen in sogenannte Billiglohnländer
ankündigen. Der Exodus von Sach- und Geldkapital ist zum
Markenzeichen einer Entwicklung geworden, die von den
Protagonisten mit der Gefährdung unserer internationalen
Wettbewerbsfähigkeit begründet wird. Die deutschen
Arbeitskosten seien einfach zu hoch, wird erklärt. Können
wir dieser Begründung trauen? Kann uns der Ausverkauf
unseres Volksvermögens am Ende in eine bessere Zukunft
führen?
Die Häufung der Hiobsbotschaften führt
sichtlich zu allgemeiner Verunsicherung. Auch wer als abhängig
Beschäftigter oder lokaler Unternehmer höchste Leistung
erbringt, muss fortwährend damit rechnen, im globalen
Vergleich von Löhnen und Preisen aus dem Rennen geworfen zu
werden. Bei der Aussicht auf Dritte-Welt-Entlohnung oder
Arbeitslosigkeit wird die Angst um die persönliche Zukunft
für immer mehr Menschen zum ständigen Begleiter.
Globale Akteure scheuen sich nicht, die Verunsicherung zusätzlich
zu schüren, indem sie die Legende von der gespaltenen
deutschen Wettbewerbsfähigkeit in die Weit setzen: Die
multinational agierenden Unternehmen seien mit ihrem
hochentwickelten Produktionskapital allemal wettbewerbsfähig,
behaupten sie, die deutschen Arbeitnehmer seien es dagegen nicht,
weil sie auf ihrem hohen Lohnniveau beharrten. Die Legende bleibt
nicht ohne Wirkung, weil sie den Protesten gegen weitere
Job-Verlagerungen argumentativ die Spitze nimmt.
Die Reihe
der Argumente, mit denen der gegenwärtige Wirtschaftskurs
verteidigt wird, ist lang. Alle haben jedoch eines gemein: sie
wurzeln in der doktrinären Vorstellung, die gegenwärtige
Globalisierung folge unabänderlichen Zwängen, die wir
Naturgesetzen gleich anerkennen und gutheißen
müssten, um aus der Entwicklung Nutzen zu ziehen. Damit
werden die Verhältnisse freilich auf den Kopf gestellt. Denn
wenn es Sinn und Zweck wirtschaftlicher Handlungen ist, für
ein besseres Leben zu sorgen, dann ist es unser Recht und unsere
Pflicht, über diese Handlungen frei und unabhängig zu
entscheiden. Einzig und allein die Begrenztheit unserer
natürlichen Lebensgrundlagen müssen wir als
unabänderlich anerkennen. Und nur indem wir unsere
unmittelbare Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt
wahrnehmen, können wir im eigenen Umfeld eine gedeihliche
wirtschaftliche Entwicklung erwarten und zugleich einen Beitrag
zur Zukunftsfähigkeit der globalen Entwicklung leisten.
Die
Verlagerungen von Produktionen und Arbeitsplätzen der
vergangenen Jahre reihen sich zu einer spektakulären Chronik
des wirtschaftlichen Niedergangs aneinander. Die statistischen
Daten sprechen eine überdeutliche Sprache: Von 1991 bis 2005
sind in Deutschland 5 Millionen Vollzeitarbeitsplätze bzw.
3,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen
verlorengegangen. Das ist ein Verlust von durchschnittlich 1300
bzw. 1000 Jobs an jedem einzelnen Arbeitstag über einen
Zeitraum von 14 Jahren! Rein rechnerisch müsste unser
Wirtschaftsleben in 60 Jahren völlig zum Erliegen kommen,
möglicherweise abgelöst durch eine selbstgenügsame
Wirtschaftsweise auf niedrigstem Niveau. Der Niedergang schließt
alle Wirtschaftssektoren ein, auch den der Dienstleistungen, in
den so viel Hoffnung gesetzt wurde. Unserer Volkswirtschaft
gelingt es unter den Bedingungen »liberalisierter«
globaler Märkte immer weniger, alle Bürger
selbstbestimmt und existenzsichernd ins Wirtschaftsleben
einzubeziehen.
Die Bemühungen zur Gestaltung einer
sozial- und umweltverträglichen Wirtschaft laufen nicht nur
in Deutschland ins Leere. Seitdem nationale Regierungen dazu
übergegangen sind, ihre Vollmachten an supranationale
Institutionen wie die Europäische Union und die
Welthandelsorganisation abzutreten, sitzt die Weltgemeinschaft
mehr und mehr in einem Boot. Diese Tendenz wird von Illusionen
beflügelt, die sich von zentralen Entscheidungen wirksamere
und wirtschaftlichere Lösungen für nationale und
regionale Probleme weltweit versprechen. Aber wie sollen
derartige Lösungen zustande kommen, wenn die Betroffenen vor
Ort politisch und wirtschaftlich entmündigt werden, wenn
Entscheidungen ohne demokratische Legitimation und ohne
unmittelbare Verpflichtung getroffen werden? Die Erfahrung zeigt
denn auch, dass der Globalisierungsprozess oligarchische
Strukturen hervorbringt, in denen globale Akteure eigennützig
die Fäden ziehen, während sich der Beitrag aufgeblähter
Bürokratien in Europäischer Union und
Welthandelsorganisation in dem Versuch erschöpft, die
konkurrierenden globalwirtschaftlichen Interessen unter einen Hut
zu bringen.
Das von diesen Interessen vorgegebene
Denkmuster, das den Weg der gegenwärtigen Entwicklung
vorgezeichnet hat, wird allerdings bei Wahlen immer noch
demokratisch legitimiert wenn auch in repräsentativen
Demokratien meist indirekt. Aber können wir deshalb sicher
sein, dass wir uns auf dem Weg in eine bessere Weit befinden?
Sind wir nicht bei zunehmender Arbeitslosigkeit, Armut und
Ungleichverteilung wie auch angesichts der fortschreitenden
Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen
verpflichtet, unser wirtschaftliches Verhalten kritisch zu
hinterfragen? Ist es nicht an der Zeit, nach Wegen zu suchen, die
es den Menschen ermöglichen, ihre Zukunft in eigener
Verantwortung in ihrem eigenen Lebensumfeld zu gestalten? Bedarf
es nicht eines im Lokalen und Regionalen verankerten Fundaments,
um einen fruchtbaren globalen Austausch zu ermöglichen?
Das
vorliegende Buch ist als entschiedener Beitrag zur Beantwortung
dieser Fragen gedacht. Zu diesem Zweck untersuche ich im
Anschluss an das einleitende Kapitel im Kapitel II zunächst
die Ursachen der gegenwärtigen Entwicklung, um dann vor
diesem Hintergrund im Kapitel III eine Perspektive für eine
zukunftsfähige Wirtschaftsordnung zu entwerfen und im
Kapitel IV ganz konkrete Schritte für den Übergang zu
dieser Ordnung vorzustellen.
An dieser Stelle möchte
ich meine Wertschätzung für den großen
US-amerikanischen Ökonomen und Ökologen Herman
E. Daly zum Ausdruck bringen, der einer der herausragenden
Vertreter der Ökologischen Ökonomik und Träger des
alternativen Nobelpreises von 1996 ist. Seinem unbestechlichen
ökonomischen Urteil verdanke ich wesentliche Impulse für
meine Arbeit.
Gerd Zeitler München, im September
2006
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Einleitung
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Seit
Jahrtausenden betreiben die Menschen Handel miteinander. Bewegt
von der Hoffnung auf Reichtum und Wohlstand haben sie ihre
wirtschaftlichen Beziehungen immer vielfältiger und
weiträumiger gestaltet. Aber die Hoffnung auf Handelsgewinne
hat sich nur selten für alle Beteiligten erfüllt
die Gefahr, übervorteilt, ausgebeutet oder gar erobert zu
werden, war und ist allgegenwärtig. Die Völkergemeinschaft
hat erst spät erkannt, dass friedliche und fruchtbare
Beziehungen nur auf der Grundlage allseits anerkannter
Verhaltensnormen gedeihen können. So bedurfte es der
schlimmen Erfahrungen des Ersten Weltkrieges, um eine erste
Einmütigkeit zu erzeugen, aus der dann immerhin so
bedeutende Erklärungen wie die Satzung des Völkerbundes
und nach dem Zweiten Weltkrieg die Charta der
Vereinten Nationen hervorgegangen sind.
Seither haben sich
die internationalen Beziehungen unerwartet vielschichtig
weiterentwickelt, getragen von überzeugenden staatlichen wie
auch von engagierten zivilen Bekenntnissen. Der in den
vergangenen 60 Jahren entstandene Grundkonsens für ein
gedeihliches Zusammenwachsen der Welt äußert sich am
augenscheinlichsten in der hohen Wertschätzung, die den
humanitär tätigen Organisationen der Vereinten Nationen
und auch dem Internationalen Gerichtshofs entgegengebracht
wird.
Aber damit ist die Gefahr ausbeuterischer
Beziehungen noch nicht aus der Welt. Das beweisen die wenig
erfreulichen Auseinandersetzungen in den für Wirtschaft
zuständigen Institutionen insbesondere in der in Genf
ansässigen Welthandelsorganisation (WTO), die eine
Sonderorganisation der Vereinten Nationen ist und sich als
Gralshüter einer neuartigen Freihandelsdoktrin versteht.
Nach eigenem Verständnis ist sie angetreten, den Traum vom
Wohlstand für alle Menschen nun ein für alle Mal zu
verwirklichen. Allerdings ist sie in der Praxis weit davon
entfernt, dieses Versprechen einzulösen. Hinter den
hektischen Bestrebungen, den Freihandel weltweit durchzusetzen,
werden eigennützige finanzwirtschaftliche und industrielle
Interessen sichtbar, die in immer größeren Widerspruch
zu den sozialen und ökologischen Verpflichtungen der
Mitgliedsländer geraten. Die Verhandlungsführer in der
WTO sehen sich deshalb zunehmend zwischen privatwirtschaftlichen
und öffentlichen Interessen eingeklemmt.
Gleichzeitig
verfestigt sich unter kritischen Beobachtern der Eindruck, dass
sich der Konflikt in der WTO niemals zum allseitigen Vorteil wird
lösen lassen. Alles deutet darauf hin, dass es unter dem
machtvollen Druck privatwirtschaftlicher Interessen am Ende nur
Verlierer geben wird. Immer eindringlicher wird gefragt,
inwieweit die neue Massenarbeitslosigkeit und Armut in den alten
Industrieländern und der Stillstand in den
Entwicklungsländern, aber auch der globale Klimawandel,
Folgen des Freihandels und des damit einhergehenden ungehemmten
Zugriffs globaler Akteure auf das natürliche Kapital der
Menschheit sind. Darum ist es nicht verwunderlich, dass die
Arbeit der WTO und die Wirtschaftspolitiken ihrer Mitgliedsländer
in einer zusehends aufgeklärten Öffentlichkeit auf
immer größere Vorbehalte stoßen.
Die
Aufgeklärtheit der globalen Zivilgesellschaft bewegt sich
allerdings noch weit unterhalb der kritischen Masse, die
notwendig wäre, um die in der allgemeinen Bevölkerung
verbreitete Gleichgültigkeit und gespaltene Einschätzung
gegenüber der Freihandelsdoktrin zu überwinden. Die
Fortschritte sind gering, weil der Protest nur von wenigen
privaten Initiativen und Organisationen getragen wird und über
das Stadium von Wut und Empörung nicht hinauskommt. So
wichtig diese erste Protestwelle auch ist, sie wird diffus und
wirkungslos bleiben, wenn es nicht gelingt, die eigentlichen
ökonomischen Ursachen und ihre Überwindung zum Thema
der kritischen Auseinandersetzung zu machen und zugleich breitere
öffentliche Resonanz zu erzeugen. Solange aus Wut und
Empörung nicht schlagende Argumente erwachsen, wird die
gleichgültige Mehrheit weiterhin die Funktion eines
»demokratischen« Steigbügelhalters für den
von eigennützigen Interessen getriebenen Freihandel
erfüllen.
Dass die Aufklärung der Öffentlichkeit
so schleppend vorankommt, ja systematisch untergraben wird, ist
vor allem der Indoktrination zuzuschreiben, die
finanzwirtschaftliche und industrielle Interessenverbände
betreiben. Sie bedienen sich dabei einer sehr wirkungsvollen
Taktik der gleichzeitigen verbalen Beschönigung und
Verteuflung, in deren Mittelpunkt so gegensätzliche
Schlagworte wie »Liberalisierung« und
»Protektionismus« stehen. Mit dem Euphemismus
»Liberalisierung« wird äußerst geschickt
auf die bürgerlichen Freiheiten angespielt, die dem Begriff
eine unwiderstehlich positive Ausstrahlung verleihen und das
politische Klima schaffen, um wirtschaftliche Normen im Namen der
Freiheit außer Kraft zu setzen und den globalen Akteuren
eine gesetzesfreie Sphäre zuzubilligen. Der Begriff
»Protektionismus« wird passgenau als Gegenstück
eingesetzt, um sinnvolle Schutzmaßnahmen im Außenhandel
wie etwa feste Wechselkurse, Kapitalverkehrskontrollen, Zölle
und Handelskontingente zu diffamieren und negative Vorstellungen
von wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Abschottung zu
wecken. Das Zusammenwirken beider Schlagworte ist wesentlich
dafür verantwortlich, dass sich eine Auffassung mehrheitlich
behaupten kann, die der absoluten Freiheit der wirtschaftlichen
Akteure, speziell ihrem Agieren außerhalb
nationalstaatlicher Normen und Gesetze, den Rang eines
universellen Grundrechts einräumt und wirtschaftspolitische
Regelungen als hinderlich und überflüssig
einstuft.
Keine Frage, dass dem weltweiten Austausch und
Handel, aber auch der sonstigen globalen Zusammenarbeit mit den
Parolen von »Liberalisierung« und »Protektionismus«
ein schlechter Dienst erwiesen wird. Zusätzlich verstärkt
wird die indoktrinierende Wirkung noch durch eine zweifelhafte
Anleihe beim angelsächsischen Wirtschaftsliberalismus des
achtzehnten Jahrhunderts. Der historische Rückbezug gipfelt
in der vermessenen Auslegung, die Menschheit sei nun endlich in
ein neues globales Zeitalter eingetreten, in dem die
beschwerliche Entwicklung und Durchsetzung weltweit gültiger
Normen durch die normative Kraft des Freihandels auf offenen
globalen Märkten abgelöst werde.
Im Zuge der
neuartigen Entwicklung taucht Ende der achtziger Jahre des
vergangenen Jahrhunderts erstmals der Begriff Globalisierung auf.
Zunächst noch allgemein für alle Prozesse
internationaler Verflechtungen verwendet, schrumpft die Bedeutung
des Begriffs in der Öffentlichkeit allerdings aufgrund des
zunehmenden Welthandels und seiner Auswirkungen schnell auf seine
wirtschaftliche Komponente zusammen. Als Mitte der neunziger
Jahre die kritische Auseinandersetzung mit den liberalistischen
Grundsätzen der Entwicklung einsetzt, wird von den Kritikern
schließlich der Begriff »neoliberale Globalisierung«
geprägt.
Welche Kräfte für die in der
Geschichte beispiellose globale Dimension wirtschaftlicher
»Liberalisierung« bestimmend waren und noch immer
sind, erschließt sich aus den Ereignissen seit dem Zweiten
Weltkrieg.
(...)
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Eine
Auswahl von Scheinargumenten
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Der
weitverbreitete Glaube an das Gute im Neoliberalismus kommt nicht
von Ungefähr: Er ist vorwiegend das Ergebnis unkritischer
Berichterstattung in den Medien, die das Expansions- und
Gewinnstreben global agierender Unternehmen und Investoren zur
nationalen Schicksalsfrage umdeuten und damit den Weg für
sinkende unternehmerische Standortkosten und steigende
unternehmerische Freiheitsgrade ebnen. Eine kritische Replik auf
häufig gehörte Argumente kann den Blick dafür
schärfen, wie weit neoliberales Gedankengut bereits ins
öffentliche Bewusstsein eingedrungen ist:
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(1)
Niemand kann die Globalisierung aufhalten, deshalb müssen
wir uns dieser Entwicklung stellen!
Mit dieser
Behauptung wird die Grundlage für die neoliberale
Indoktrination geschaffen. Es wird unterstellt, die neoliberale
Globalisierung sei eine historisch zwingende, quasi Naturgesetzen
folgende Entwicklung, und es sei deshalb unmöglich, sie
national zu steuern oder gar aufzuhalten. Eigenständige
Wirtschaftspolitik sei unwirksam, ja überflüssig, weil
»liberalisierte« globale Märkte sich selbständig
regulierten und stabilisierten und für Wohlstand sorgten,
solange sie nur von politischen Eingriffen verschont
blieben.
Entgegen aller historischen Erfahrung wird damit
in Abrede gestellt, dass eine freie Marktwirtschaft einheitlicher
sozialer und ökologischer Rahmenbedingungen und Regeln
bedarf und sie deshalb nur unter einer verbindlichen
Wirtschaftsordnung innerhalb eines autonomen Wirtschaftsraumes zu
verwirklichen ist. Nur unter diesen Bedingungen können sich
Preise bilden, die den Akteuren bezüglich ihres eigenen wie
auch des volkswirtschaftlichen Nutzens die richtigen Signale für
ihre Transaktionen vermitteln. Nur so kann sich ein konstruktiver
Wettbewerb entwickeln, der den Akteuren immer wieder neue Chancen
einräumt, ohne sie endgültig vom Wirtschaftsgeschehen
auszuschließen. Und nur unter diesen Bedingungen können
die Märkte als frei bezeichnet werden, als frei für
ihre eigentliche Aufgabe, die wirtschaftlichen Ressourcen ohne
zentrale Eingriffe einzig über den Preis optimal zuzuordnen,
und als frei auch in dem Sinne, dass von ihnen nicht erwartet
wird, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und Regeln zu
ersetzen und selbsttätig soziale Gerechtigkeit und
ökologische Nachhaltigkeit herzustellen.
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(2)
Die Probleme der Globalisierung lassen sich nur auf globaler
Ebene lösen. In der WTO müssen Mindeststandards für
Löhne, Arbeitsbedingungen, Sozialleistungen und Umweltschutz
vereinbart werden, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen
herzustellen!
Mit dieser Behauptung werden
unterschiedliche Probleme in einen Topf geworfen: Zweifellos ist
die Menschheit gefordert, sich auf globaler Ebene auf allgemeine
Menschenrechte, soziale Mindeststandards und Umweltschutz zu
verständigen. Es ist jedoch abwegig, von supranationalen
Bekenntnissen praktisch durchsetzbare, einheitliche
Wettbewerbsbedingungen zu erwarten. Zum einen ist es angesichts
der kulturellen und wirtschaftlichen Vielfalt in der Weit weder
wünschenswert noch machbar, zentrale Vorgaben insbesondere
für Produktivität, Löhne und Preise zu erlassen
auch deshalb, weil die drei Größen sich stets in einem
binnenwirtschaftlichen Gleichgewicht befinden müssen, das
durch supranationale Standards aufgehoben würde. Zum anderen
besteht der innere Widerspruch der Forderung darin, dass
Unternehmen und Nationalstaaten auf offenen globalen Märkten
gezwungen sind, ihre Wettbewerbsvorteile auch durch gezieltes
Unterlaufen sozialer und ökologischer Standards
herbeizuführen. Es wäre blauäugig, speziell von
aufstrebenden Ländern zu erwarten, sich in der WTO ernsthaft
für verbindliche Mindeststandards stark zu machen.
Ein
konstruktiver grenzüberschreitender Wettbewerb lässt
sich nur herstellen, indem Nationalstaaten und Wirtschaftsunionen
wie die EU ihren Außenhandel in eigener Verantwortung von
absoluten Preisvorteilen in US-Dollar und Euro auf komparative,
relative Vorteile auf der Grundlage bilateral vereinbarter
Wechselkurse umstellen. Erst dann können auch völlig
unterschiedlich entwickelte Länder im gegenseitigen Handel
mit Gütern und Dienstleistungen nachhaltige
Wohlstandsgewinne erzielen.
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(3)
Die Auslagerung von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer
sichert die verbleibenden heimischen Arbeitsplätze!
Richtig
ist, dass sich Unternehmen im Wettbewerb auf offenen globalen
Märkten zur Auslagerung von Arbeitsplätzen in
Billiglohnländer gezwungen sehen können. Falsch ist,
dass Auslagerungen die verbleibenden Arbeitsplätze sichern;
sie verzögern deren Abbau lediglich. Auslagerungen dürfen
also nicht als Einmalaktionen zur endgültigen Sanierung von
Unternehmen und Branchen oder zur Einleitung eines
wirtschaftlichen Aufschwungs missverstanden werden; sie setzen
sich unter dem unaufhörlich steigenden globalen Kostendruck
vielmehr endlos fort.
Und schlimmer noch: Mit
fortschreitender industrieller Entwicklung von Schwellen- und
Entwicklungsländern müssen zunehmend auch Arbeitsplätze
ausgelagert werden, die hohe und höchste Anforderungen an
Ausbildung und Qualifikation stellen. Für die Zukunft kann
unter neoliberalen Verhältnissen kein einziger Arbeitsplatz
in den entwickelten Industrieländern mehr als gesichert
gelten. Der Exodus lässt sich unter neoliberalen Bedingungen
nicht aufhalten, sondern lediglich durch beschleunigtes Absenken
von Sozial- und Umweltstandards auf das niedrige Weltniveau
verzögern mit all den daraus entstehenden
verheerenden Folgen.
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(4)
Die deutschen Unternehmen sind wie die Exporterfolge
zeigen international sehr wettbewerbsfähig. Die
deutschen Arbeitnehmer sind es dagegen nicht! Oder auch: Wir sind
international nicht wettbewerbsfähig, weil bei uns die
Arbeit zu teuer ist!
Dies ist eine ursprünglich
unternehmenstaktisch motivierte Unterstellung, die sich auf
absolute Lohnvergleiche in US-Dollar zwischen unterschiedlich
produktiven Volkswirtschaften stützt, um mit diesem
Kunstgriff Lohnsenkungen das Wort zu reden. Die Aussage findet
breite Zustimmung bei Unternehmern und Investoren, die sich davon
höhere Kapitalrenditen versprechen. Inhaltlich folgt die
Aussage der verhängnisvollen Doktrin, die es Unternehmen
gestattet, und sie letzten Endes sogar zwingt, im globalen
Wettbewerb hochentwickeltes Produktionskapital aus
Industrieländern mit »billiger« Arbeit aus
Entwicklungsländern zu kombinieren.
Mit diesen
Kombinationen werden zwei ökonomische Todsünden
begangen: Erstens wird in Hochlohnländern die gleichmäßige
Entwicklung von Produktivität und Löhnen unterbunden,
so dass Kaufkraftverluste entstehen, in deren Folge regionale
Wirtschaftskreisläufe zusammenbrechen. Zweitens werden bei
der Auslagerung von Produktionskapital die betriebliche
Mitbestimmung und die grundgesetzlich verankerte
Sozialpflichtigkeit des Eigentums verletzt. Das heißt
konkret: die an der Kapitalerschaffung beteiligten Beschäftigten
werden kalt enteignet.
Wer sich dafür ausspricht, die
Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und ihren Beschäftigten
künstlich zu trennen, riskiert nicht nur wirtschaftliche
Verheerungen im eigenen Land, er setzt sich auch dem Verdacht
aus, eigennützig einen Keil zwischen die gesellschaftlichen
Gruppen treiben zu wollen.
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(5)
Eine Verlängerung der Jahresarbeitszeit ohne Lohnausgleich
macht die Arbeitsplätze wettbewerbsfähiger und erzeugt
mehr Beschäftigung!
Unbestritten ist, dass
eine Senkung der Stundenlohnkosten unmittelbar die
Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen erhöht und dass
sich unter neoliberalen Verhältnissen der wirtschaftliche
Druck, Produktionen und Arbeitsplätze in Billiglohnländer
zu verlegen, dadurch verringert. Der Effekt ist freilich unter
dem ständig ansteigenden Kostendruck des globalen
Wettbewerbs jeweils nur von kurzer Dauer. Die Forderungen nach
längeren Arbeitszeiten oder alternativ nach Lohnsenkungen
müssen also systembedingt laufend neu erhoben werden, ohne
dass dadurch die bestehenden Arbeitsplätze gesichert werden
oder gar ein höherer Beschäftigungsstand erzielt
wird.
Die Behauptung beruft sich zudem indirekt auf einen
angebots-ökonomischen Mechanismus, für den es keine
Grundlage gibt: Es wird eine latent vorhandene, unbefriedigte
Gesamtnachfrage unterstellt, die mittels verlängerter
Arbeitszeit und entsprechend höherer Auslastung der
Produktionskapazität befriedigt werden könne. Dieser
Effekt kann jedoch bei gesättigten Binnenmärkten,
zunehmend gesättigten Exportmärkten und weltweiten
industriellen Überkapazitäten nicht erwartet werden.
Durch Arbeitszeitverlängerung tritt auf Binnenmärkten
eher das Gegenteil ein: Wenn die eingespielte Balance zwischen
Arbeitszeit und Freizeit durch längere Arbeitszeiten gestört
wird, ist sogar mit weniger statt mit mehr Nachfrage zu rechnen
und mit entsprechend weniger Beschäftigung. Allenfalls wird
infolge einer leichten Verbesserung der globalen
Wettbewerbsfähigkeit das Exportvolumen kurzzeitig ansteigen,
was sich aber auf den Arbeitsmarkt bestenfalls neutral auswirkt.
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(6)
Es gibt keinen Grund, China daran zu hindern, seine
preisgünstigen Produkte bei uns anzubieten und im Handel mit
uns seinen Wohlstand auf westliches Niveau anzuheben!
Diese
Forderung suggeriert, der Wettbewerb auf offenen globalen Märkten
sorge weltweit für steigenden Wohlstand und für eine
gerechtere Verteilung des Wohlstands, und wir seien als Bürger
eines reichen Industrielandes moralisch verpflichtet, unsere
Grenzen für diesen Wettbewerb zum Wohle der Menschen in
Entwicklungs- und Schwellenländern offen zu halten. Die
Forderung ist ein Versuch, die neoliberale Globalisierung auf ein
moralisches Fundament zu stellen.
Zunächst ist
festzuhalten, dass der globale Wettbewerb an seinen inneren
Widersprüchen scheitert: Der Zwang zum absoluten
Preisvorteil, der für alle Länder und Akteure
unabhängig von ihrer tatsächlichen Produktivität
besteht, begünstigt diejenigen Anbieter, die sich am
skrupellosesten aller denkbaren Methoden des Dumpings bedienen.
Strategisch aggressiv vorgehenden Schwellenländern wie China
gelingt es, die entwickelten Industrieländer gezielt von
ausgesuchten Märkten zu verdrängen, um schließlich
eine vorübergehende Konvergenz der sozialen und ökologischen
Standards auf mittlerem Niveau zu erzwingen. Während in
diesem Spiel zunächst die Industrieländer von den
Schwellenländern nach unten gezogen werden, verharren die
meisten Entwicklungsländer auf tiefem Niveau oder sacken
noch weiter ab. Wenn es einigen von ihnen gelingt, sich zum
Schwellenland zu entwickeln, werden sie ihrerseits eine neue
Konvergenz erzwingen wiederum auf ein mittleres Niveau,
das aber logischerweise tiefer liegt als das vorherige. Die
neoliberalen Gewinner von heute, allen voran China, entwickeln
sich somit durch ihre zunehmende Abhängigkeit vom
anarchischen globalen Wettbewerb zu den Verlierern von
morgen.
Für eine weltweit nach oben strebende
Konvergenz der unterschiedlichen Wohlstandsniveaus bietet sich
nur eine Lösung an: die Rückkehr zu
wirtschaftspolitisch autonom geregeltem Außenhandel auf der
Grundlage qualitativen Wachstums, wohlkalkulierter Wechselkurse
und komparativer statt absoluter Wettbewerbsvorteile
ergänzt durch uneigennützige Entwicklungshilfe.
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(7)
Unsere einzige Chance als Hochlohnland im Wettbewerb mit
Niedriglohnländern sind Innovationen und Wachstum im
Export!
Produkt- und Prozessinnovationen sind
zwar grundsätzlich zu begrüßen, soweit sie
sozial- und umweltverträglich sind, aber hier sind ja
Innovationen und Wirtschaftswachstum gemeint, die ohne Rücksicht
auf Gesellschaft und Umwelt einzig darauf gerichtet sind,
Konkurrenten im globalen Wettbewerb zu verdrängen, globale
Märkte zu erobern und das Exportvolumen zu
erhöhen.
Unsinnig ist die Forderung insbesondere
deshalb, weil Innovationsfähigkeit kein Privileg von
Hochlohnländern mehr ist. Schwellenländer wie China und
Indien sind bei niedrigstem Lohnniveau auf vielen
Gebieten bereits innovativer als die alten Industrieländer.
Gleichwohl lässt sich die globale Wettbewerbsfähigkeit
mit Innovationen immer wieder auf geraume Zeit sichern; aber sie
geht stets auch mit steigender Kapitalkonzentration und
kapitalintensiverer Produktion einher, beides Entwicklungen, die
im neoliberalen Umfeld zu Lasten von Arbeitsplätzen und
Umwelt gehen. Wenn es Hochlohnländern mittels Innovationen
tatsächlich gelingt, ihr Exportvolumen zu erhöhen,
liefern sie sich anschließend umso stärker dem
globalen Kosten- und Innovationsdruck und dem Zwang zur
Auslagerung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen aus.
Das Exportwachstum wird also in Form verlagerter Wertschöpfung
gleichsam mitexportiert, bevor es sich im Inland positiv
auswirken kann. Hochlohnländer geraten daher mit
weltmarktgängigen Innovationen unweigerlich in einen
systembedingten Teufelskreis.
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(8)
Wir müssen im globalen Wettbewerb um so viel besser sein,
wie wir teurer sind!
Dieser Appell fordert dazu
auf, die eigenen Äpfel mit den Birnen anderer Länder
auf der Basis von US-Dollar-Preisen zu vergleichen, ohne die
völlig beliebigen Wechselkurse zwischen Landeswährungen
und US-Dollar und ohne Verzerrungen durch sonstige
Dumpingmethoden in den Vergleich einzubeziehen.
Dass wir
in Deutschland besser werden sollten, um unsere höheren
Preise zu rechtfertigen, ist zunächst schon deswegen
unsinnig, weil wir mit hoher Produktivität hohe Qualität
produzieren und deutsche Produkte die negativen externen
Effekte unserer Produktionsweise einmal ausgeklammert im
Weltmaßstab zur Spitzengruppe zählen. Dass wir zu
teuer seien, ist eine ökonomisch unsinnige Behauptung, weil
unsere hohe Produktivität hohe Löhne, hohe Kaufkraft
und hohen Lebensstandard einschließt und weil wir außerdem
in unserer Kultur relativ hohe soziale, ökologische und
sicherheitsrelevante Standards entwickelt haben, die es nicht
abzubauen, sondern zu verteidigen und weiterzuentwickeln
gilt.
Wenn wir weiterhin deutsche Äpfel mit
chinesischen Birnen vergleichen wollten was derzeit ein
beliebtes Spielchen neoliberaler Protagonisten ist wären
wir im Preiswettbewerb mit China gezwungen, zunächst die von
China durch Abwertung seiner Währung aufgebaute
Wechselkurshürde mit preislichen Gegenmaßnahmen zu
kompensieren, um anschließend noch Chinas Kostenstruktur
nachzuvollziehen. Das heißt konkret, wir müssten
chinesische Löhne, Sozialleistungen und Umweltstandards
einführen und eine aggressive Exportpolitik ohne Rücksicht
auf Mensch und Umwelt betreiben. In diesem Wettrennen würden
wir unsere Kultur noch stärker verleugnen, als wir das
ohnehin schon tun, und wir müssten jederzeit damit rechnen,
dass China auf unser Preisdumping reagiert und die Spirale
sinkender Standards seinerseits weiter beschleunigt.
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(9)
Nur mit einer Verbesserung unseres Bildungssystems werden wir
unseren Rückstand gegenüber anderen Ländern
langfristig aufholen können!
Diese
Forderung geht am Kern volkswirtschaftlicher Erfordernisse
vorbei. Sie ist Teil einer Kampagne, mit der versucht wird, unser
Bildungssystem einseitig an den vorgeblichen Zwängen des
Wettbewerbs auf globalen Märkten auszurichten. Dahinter
verbirgt sich die unternehmerische Absicht, jederzeit auf ein
übergroßes Angebot an neoliberal-wirtschaftskonform
qualifizierten und einsetzbaren Arbeitskräften zugreifen zu
können.
Die deutsche Wirklichkeit gibt Anlass zu ganz
anderen Forderungen: Schon heute ist eine steigende Zahl von
Berufseinsteigern gezwungen soweit ihnen überhaupt
der Einstieg gelingt sich unter Wert zu verkaufen und
Arbeitsverhältnisse einzugehen, die nicht ihren Neigungen
entsprechen, für die sie nicht ausgebildet oder für die
sie überqualifiziert sind. Dieser Trend ist Ausdruck der
Tatsache, dass sich die neoliberale Wirtschaft von einem
Gleichgewichtszustand des Arbeitsmarktes mit Vollbeschäftigung
in doppelter Hinsicht entfernt: Einerseits geht die
Arbeitsnachfrage mengenmäßig zurück und verwehrt
immer mehr jungen Menschen einen sofortigen Berufseinstieg,
andererseits wird das traditionell breite Spektrum an
nachgefragten Qualifikationen infolge unkontrollierter und
strukturauflösender internationaler Spezialisierung immer
stärker eingeengt, so dass einer steigenden Zahl von
Menschen die Berufsausübung ganz grundsätzlich verwehrt
wird.
Dieser Entwicklung lässt sich mit einer wie
auch immer gearteten Verbesserung unseres Bildungssystems nicht
begegnen. Dazu bedarf es vielmehr einer besseren
Wirtschaftspolitik, die ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung
nachkommt, statt sich hinter vermeintlichen
globalwirtschaftlichen Zwängen zu verschanzen.
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(10)
Die wirtschaftliche Produktivität ist heute so hoch, dass
genug für alle Menschen da ist. Die Güter müssen
nur gerechter verteilt werden!
Die
wirtschaftliche Produktivität, die aus dem neoliberalen
Wettbewerb hervorgeht, ist einseitig auf die Effizienz des
Kapitaleinsatzes (auf die Kapitalrendite) zu Lasten der
arbeitenden Menschen und der natürlichen Umwelt
ausgerichtet. Diese Art von »Produktivität«, mit
der Werte vernichtet statt geschaffen werden, ist eine schlechte
Grundlage für Verteilungsgerechtigkeit. Wer die zunehmende
Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung dennoch mit
Umverteilung bekämpfen will, erweist der Gesellschaft und
der Natur einen Bärendienst, indem er dem neoliberalen
System einen Persilschein ausstellt und zu seiner Stabilisierung
beiträgt, ohne sich dessen möglicherweise bewusst zu
sein und übrigens auch ohne die geringste Chance,
seine Forderung bei systembedingt zunehmender Ungleichverteilung
und rückläufigen öffentlichen Einnahmen jemals
verwirklicht zu sehen. Dazu kommt, dass eine dauerhafte
Alimentierung bei hoher Arbeitslosigkeit nicht nur ökonomisch
fragwürdig ist, sondern die betroffenen Menschen auch sozial
ausgrenzt und ihre Würde verletzt. Echte
Verteilungsgerechtigkeit bedarf zwar der Ergänzung durch
sekundäre Umverteilung, die in der Forderung ja angesprochen
wird, muss aber vorrangig durch primäre Einkommensverteilung
aus Arbeit hergestellt werden, also durch einen hohen
Beschäftigungsstand, eben durch Vollbeschäftigung.
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(11)
Die Politik ist die falsche Adresse, wenn es darum geht,
Arbeitsplätze zu schaffen da ist allein die
Wirtschaft gefordert!
Dies ist eine für
Vertreter der neoliberalen Wirtschaftspolitik typische
Bankrotterklärung, mit der sie bewusst oder unbewusst dazu
beitragen, die souveränen und demokratisch legitimierten
wirtschaftspolitischen Vollmachten des Staates zu untergraben und
soweit sie ein politisches Amt bekleiden sich der
persönlichen Verantwortung für die Gestaltung
wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und Regeln zu entledigen. Mit
ihrer Einschätzung ebnen sie außerdem den Weg für
die Übertragung nationaler wirtschaftspolitischer
Vollmachten an die EU und die WTO und leisten damit der
fremdgesteuerten Deregulierung nationaler Märkte und der
»Liberalisierung« unternehmerischen Handelns
Vorschub.
Niemand kann bei fehlender
wirtschaftspolitischer Steuerung von »der Wirtschaft«
oder irgendeiner anderen gesellschaftlichen Gruppe erwarten, sich
zum Sachwalter des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder
speziell des Arbeitsmarktes aufzuschwingen. Die Schaffung und der
Erhalt von Arbeitsplätzen, wie auch alle anderen
wirtschaftspolitischen Aufgaben, sind nur mit einer demokratisch
legitimierten Wirtschaftspolitik zu bewältigen.
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(12)
Die Unternehmen erfüllen ihren sozialen Auftrag bereits mit
der Bereitstellung von Arbeitsplätzen. Ihre Lohnnebenkosten
sind eine unzumutbare Mehrbelastung und müssen abgebaut
werden!
Zunächst ist festzuhalten, dass
die Bereitstellung von Arbeitsplätzen kein Auftrag ist, der
sich an eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe wie etwa die
Industrievertreter richtet. Ein hoher Beschäftigungsstand
ist vielmehr das Ergebnis einer auf wirtschaftliches
Gleichgewicht zielenden politischen Steuerung. Dabei bleibt die
konkrete Umsetzung des politischen Willens unter
marktwirtschaftlich-demokratischen Verhältnissen der freien
Entscheidung der einzelnen Wirtschaftssubjekte vorbehalten. Jedem
Bürger ist es freigestellt, unternehmerisch tätig zu
werden und Arbeitsplätze anzubieten oder es auch zu lassen.
Wer sich allerdings für eine unternehmerische Tätigkeit
entscheidet, gewinnt zwar eine rechtlich begrenzte
Verfügungsgewalt über die Produktionsfaktoren
einschließlich des Faktors Arbeit , ist aber zugleich
auch verpflichtet, das erwirtschaftete Produktionskapital und die
Kapitalrendite ortsgebunden zum Wohle seines Unternehmens und
seiner Mitarbeiter und damit zugleich für das Gemeinwohl
einzusetzen.
Die Forderung, die Lohnnebenkosten abzubauen,
folgt der Logik des Kostendrucks im globalen Wettbewerb und zielt
darauf ab, das Produktionskapital und seine Rendite zum Zwecke
der globalen Wettbewerbsfähigkeit von sozialen und
ökologischen Verpflichtungen und Kosten zu entbinden. Der
hier angewendete Kunstgriff besteht darin, das Arbeitsentgelt
künstlich in Lohn und Lohnnebenkosten aufzuteilen und mit
dem Zusatz »Nebenkosten« den Eindruck zu erwecken,
dieser Entgeltanteil stehe in keinem Zusammenhang mit
wirtschaftlichen Aktivitäten und sei deshalb mit keinerlei
Verpflichtungen verbunden.
Die qualitative Unterscheidung
in Lohn und Lohnnebenkosten verschafft den Unternehmen allerdings
nur eine vordergründige und fadenscheinige Freistellung von
ihren sozialen Verpflichtungen. Denn nur beide Entgeltanteile
zusammen erlauben den abhängig Beschäftigten eine dem
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungsstand
angemessene Lebensführung. Im übrigen geht die
Aufteilung auf obrigkeitsstaatliches Denken zurück, das sich
einst nicht vorstellen konnte, die Verantwortung für die
Abführung von Sozialbeiträgen in die Hände der
Beschäftigten zu legen. Es ist an der Zeit, das gesamte
Arbeitsentgelt als das zu bezeichnen, was es ist: der Lohn der
Arbeit unabhängig davon, wer die aus dem Lohn zu
finanzierenden Sozialbeiträge abführt.
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Siehe
auch:
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Gerd
Zeitler: Lexikon der sozialökologischen Marktwirtschaft
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