Hey,
Singer mit der Mundharmonika, geh her zu uns und bleib a
bissl da! Spui dei Gitarr, zu was hastas dabei, und sing
uns a Liad! Aber lang muaß's sei! Sing uns oane von
deine verdraahtn Liebeskummer- und Weltschmerz-Balladen!
Verzähl uns was von deim Wolkenkuckucksheim! Aufs
richtige Lebn machst dir doch koan Reim!
Guat,
wennds moants, i bleib gern da und verzähl euch was, so
guat i's ko. I verzähl euch was, und ihr seids drauf
gfaßt daß de Gschicht zum Schluß was offen
laßt – wia's richtige Lebn! – Und jetzt
sitz ma beinand, und d'Sonna geht auf in aam andern Land,
und der Singer geht mit um d'Welt mit der Sonn. Und der
Schweiger is froh wenn er da bleibn konn.
Der
is immer dabei, ihr sehgts bloß net, aan Schweiger, von
dem i grad red. Der bleibt vor der Tür, der kimmt net
mit rei, der bleibt immer draußn, der mischt si net ei.
Du kannstas probiern und kannstn was fragn, er werd dir
zuahörn, aber nix dazua sagn, und dann zuckt er
d'Achseln und geht davo. Er konn nimma redn, seit Jahren
scho.
Und
er mags net, der Schweiger, wenn ma'n direkt fragt was denn
passiert is, daß er gar nix mehr sagt. Wennstn net
kennst von früher her scho bleibt er dir immer a Rätsel,
der Mo. Der lacht net, woant net, spuit koa Spui, zoagt
koan Anteil, zoagt koa Gfui. Was dem so durchn Schädel
geht, auf was der wart' - des woaß ma net.
Und
er geht immer mit mir seit langer langer Zeit, und i woaß
mehr ois jeder andre über eahm bescheid. Aber net amoi i
konn euch wirklich erklärn wia oiß genau
zammhängt, und unter welchem Stern der Schweiger otretn
und was eahm aufgebn is. Bloß daß er net stumm
geborn is woaß i gwiß, und daß er seine
Zeiten ghabt hat, wo er grad so gscheit wia unseroans
dahergred't hat.
Und
der hat koan Schmarrn verzählt, der Mo is net blöd!
Der hat studiert an der Universität, hat gforscht
nach dem Geist in dera Welt, wollt wissen was ablafft, wollt
wissen was zählt, nach welchem Prinzip 's Lebn
funktioniert und welchs Gesetz eahm selber regiert, und
wia weit er si selber als Mensch und Person ernst nemma derf
und gerecht werdn konn.
Zvui
hat er selber auf dees oiß net gebn. Er wollt ja nix
andrs als wahrhaftig lebn. Lebn wollt er, jetzt und da, wo er
steht, ois oana von uns, bevor er wieda geht. Vom Mensch
sei wollt er net immer bloß redn: Sei Herz is sei Anker
in dera Welt gwen. Und dann hat er sie gsehng, hat Feuer
gfanga, und bei ihr is er dann vor Anker ganga.
So
hat er's mir no selber verzählt. Soweit war sei Sach
aufs Beste bestellt und er hat dem Herrgott a Lobliad gsunga
und recht verwegne Reden gschwunga. Und der Herrgott –
ha! – hat eahm Kinder gschickt und hatn restlos ins
Lebn verstrickt. Und der Schweiger hat 'dankt, und zu koana
Zeit hab i irgendwas ghört daß'n irgendwas reut.
Aber
dann is irgendwas mit eahm gschehng, ganz innen drin, von
außen hast nix gsehng, koa schwerer Schlag, der auf
oamoi reibricht, sondern was, dees langsam und unauffällig
gschiecht. Ganz langsam is er staad worn. Und dees war
des erste, was uns aufgfoin is: Wann immer wer gred't hat
übers „wirkliche Lebn“ hat er koa Wort mehr
von sich gebn.
Bloß
oamoi hat er gsagt: „Mißtrauts dene Leut, dee
daherredn ois wüßtens ganz genau bescheid was
richtig is und was si ghört, weils immer scho so war und
niamois anders werd!“ – Voller Abscheu hat er des
gsagt, voll Zorn, da hat er so richtig d'Beherrschung
verlorn. Da hat er uns alle a bisserl daschreckt. Und
dann hat er sei Gsicht mit de Händ bedeckt.
Dees
is jetzt oiß scho ganz schee lang her, d'Kinder san
inzwischen koane Kinder mehr. Und mia, dee's aufzong habn,
werdn langsam oid, und d'Welt is schneller worn und hat uns
überhoid. Und d'Welt werd immer kloana, boid is nix mehr
von ihr da, und ändert si so schnell, daß nix mehr
wachsen ko. Und oiß werd immer gleicher, und derselbe
Jargon herrscht jetzt überoi – und koana kimmt
davo.
Und
der Schweiger hats längst wieder aufgmacht, seine Augn, und
werd, scheints, gar nimma fertig mitm Schaun, und manchmoi
schaugt er wirklich blöd, wenn er mit erhobene Händ
am Straßenrand steht ois möcht' er si ergebn, und
bringt koa Wort raus, und d'Leut gehn vorbei und lachandn aus
und moanan der spinnt oder tuat bloß aso! Und 's
Lebn geht weiter! Und der Schweiger steht da.
Und
der Schweiger schaut immer wia in d'Fern, ois taat er von
ganz weit weg was hörn, ois taat er was sehng, net bloß
mit de Augn, ois taat er bis zum allerfernsten Horizont
schaun. Manchmoi is er, scheints, furchtbar müad und
findt koa Ruah. Dann sing i eahm a Liad. Denn des letzte
Wort, dees i ghört hab von eahm, war: Singer sing, sonst
muaß i sterbn!
Und
er geht immer mit mir seit langer langer Zeit, und i woaß
mehr ois jeder andre über eahm bescheid. Aber net amoi i
konn euch wirklich erklärn wia oiß genau
zammhängt, und unter welchem Stern der Schweiger otretn
und was eahm aufgebn is, woaß net wohi mir genga, i
woaß bloß dees: der Schweiger geht mitm Singer,
und i geh mit eahm. Und zum Schluß wern ma dann
mitanander sterbn.
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