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Christiane Grefe / Harald Schumann
Der globale Countdown

Gerechtigkeit oder Selbstzerstörung – Die Zukunft der Globalisierung


Köln 2008 (Kiepenheuer & Witsch); 458 Seiten; ISBN 978-3-462-03979-5






Die Globalisierung hat eine neue Dimension erreicht. Völker und Staaten sind in einer gegenseitigen Abhängigkeit miteinander verbunden, wie es sie noch nie gab. Doch das neue Weltsystem ist bedrohlich instabil: Die Finanzmärkte stehen vor dem Kollaps und bedrohen die Weltwirtschaft mit einer globalen Krise. Der wachsende Energiebedarf provoziert Konflikte um den Zugang zu Öl- und Gasreserven. Der Klimawandel bedroht Millionen mit Hunger, Naturkatastrophen und Vertreibung. Weil die Regierungen bei der Regulierung der globalisierten Ökonomie versagt haben, ist zugleich ein unberechenbarer politischer Brandherd entstanden: Die Menschheit teilt sich zusehends in wenige Gewinner und viele Verlierer. In den Wohlstandsstaaten verarmen die Mittelschichten, während die Eliten ihre Einkommen vervielfachen und der Besteuerung entziehen. In den Schwellenländern des Südens findet nur eine Minderheit Anschluss an die globale Verbraucherklasse, Milliarden bleiben von den Früchten der Globalisierung ausgeschlossen. Religiöse Heilslehren und Nationalismus sind auf dem Vormarsch. Und immer mehr Menschen rufen nach wirtschaftlicher Abschottung gegen die neuen Konkurrenten aus Asien und Lateinamerika.

So droht erneut, wie schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ein gewalttätiger Abbruch der Globalisierung durch Handels- und Ressourcenkriege. Die Durchsetzung von mehr Gerechtigkeit wird zur Überlebensfrage für den globalisierten Kapitalismus. Nur wenn Einkommen, Steuern und die Lasten des unvermeidlichen Umbaus der Energieversorgung fair verteilt werden, lassen sich die politischen und wirtschaftlichen Risiken beherrschen.

Die globale Vernetzung zwingt den Lenkern in Politik und Wirtschaft eine planetare Perspektive auf. Eine Weltgesellschaft ist im Entstehen, und weltweite Kooperation wird politischer Alltag. Aber reicht die Zeit, um die Weichen richtig zu stellen?


Christiane Grefe


Jahrgang 1957, Journalistenschule in München, Politik-Studium, Redakteurin bei Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, Magazin, Wochenpost und GEO-Wissen. Seit 1999 Redakteurin und Reporterin im Berliner Büro der Zeit. Bücher: Ende der Spielzeit. Wie wir unsere Kinder verplanen (1995), Kleine Philosophie der Passionen: Reisen (1998), Klimawechsel. Von der fossilen zur solaren Kultur (2001, zusammen mit Hermann Scheer und Carl Amery), Attac. Was wollen die Globalisierungskritiker? (2002, zusammen mit Harald Schumann und Mathias Greffrath).




Harald Schumann


Jahrgang 1957, Studium der Sozialwissenschaften und Landschaftsplanung, Abschluss als Dipl.-Ingenieur. Journalistische Stationen bei tageszeitung, Spiegel und Morgen, 1992–2004 Redakteur im Berliner Büro des Spiegel und Ressortleiter Politik bei Spiegel Online, seit Oktober 2004 Redakteur für besondere Aufgaben beim Tagesspiegel. Bücher: Futtermittel und Welthunger (1986), Die Globalisierungsfalle (1996, gemeinsam mit Hans-Peter Martin), Attac. Was wollen die Globalisierungskritiker? (2002, zusammen mit Christiane Grefe und Mathias Greffrath).


Inhaltsverzeichnis


1. Globalisiert in den Abgrund



Das neue Zeitalter der globalen Interdependenz und die Warnung der Geschichte



60 Jahre Rückschritt



Global Player gegen Kaiser Wilhelms Krieg



Scheitert die Globalisierung erneut?



Raumschiffgefühl in den Chefetagen






2. Die Mikadowelt



Die Globalisierung der Verbraucherklasse und die Auflösung der nationalen Souveränität?



Pekings Erfolgsgeheimnis: Kapital aus dem Nichts



Die Globalisierung schafft neue Mächte …



… und verängstigt die Weltenlenker von gestern



China finanziert Amerikas Kriege



»Gleichgewicht des finanziellen Schreckens«



Lehrstunden für einen US-Senator



Klassenkampf in »Chimerica«



Das Ende der nationalen Sicherheit



»Wir können einander nicht entkommen«






3. Das globale Kartenhaus



Amerikas Schuldenkatastrophe und die Anarchie auf dem Weltkapitalmarkt



Das Versagen des Alan Greenspan



Kreditderivate – Täuschung im Weltmaßstab



Betrug an den Rentenkassen



Brandstifter, Biedermann, Ackermann



Plutokratenfilz statt Regulierung



Die Dollarbombe



»Der Tag der Abrechnung kommt«






4. Wer Ungleichheit sät …



Die Verarmung der Mittelschichten und die Abkehr von der Globalisierung



Das Ende des amerikanischen Traums



Die Rückkehr der Protektionisten



Die Angst vor dem Abstieg nährt Hass und Ausgrenzung



Die Gerechtigkeitsheuchler



Milliardengeschäft Steuerflucht



Die Steuerparasiten



»New Deal« zur Rettung der Globalisierung



Sicherheitsrisiko Massenarmut



Modellfall Ruanda






5. Ressourcenkrieg im Treibhaus



Die heraufziehende Klimakatastrophe und der Kampf um einen Platz zum Leben



»Klimawandel ist jetzt«



Ein fremder und heißer Planet



Die Summe aller Fehler



Klimapolitik ist Sicherheitspolitik



Renditejäger auf dem Ökotrip






6. Aufbruch nach Ökotopia



Die Abwehrschlacht der alten Energie-Industrien und die ökologische Anpassung des Kapitalismus



15 verlorene Jahre



Modell Deutschland: Machtkampf um den Klimaschutz



Die Kohlelüge



Kapital gegen Kapital



Die Atomillusion



Bomben für alle



Der Biosprit-Irrweg



Klimakiller Landwirtschaft



Multitalent Biogas



Klimaretter ökologischer Landbau



Das China-Syndrom



Kein Klimaschutz ohne Klimagerechtigkeit



Der Showdown von Bali



»Global reden – national aufschieben«






7. Weltmacht Weltbürger



Die neue Internationale und die Erfindung des Regierens von unten



Generation Global



Das demokratische Vakuum



Wie mobilisiert man weltweit?



Stachel im Fleisch der Konzerne



»Privates Regieren« hat Grenzen



Auch Aktivisten sind nicht unfehlbar






8. Das UN-Paradox



Der Niedergang der Weltinstitutionen und die neue Kunst des globalen Regierens



Die Vernachlässigung der Vereinten Nationen



Weltbank und Währungsfonds – mit Hybris in die Bedeutungslosigkeit



G8 – die Ohnmacht der Mächtigen



Der Wiederaufstieg der UN hat schon begonnen



Global Governance im demokratiefreien Raum






9. Weltkrieg oder Weltgesellschaft?



Die Verwundbarkeit der globalisierten Ökonomie und die Verantwortung der Europäer



(K)ein Krieg ums Öl



Die vergessenen Erfolge der Weltgemeinschaft



Amerika verharrt im Gestern



Soft Power: das Modell Europa



Ohne Demokratie keine europäische Weltpolitik






Dank



Anmerkungen



Register


Leseprobe


Aus 1. Globalisiert in den Abgrund – Raumschiffgefühl in den Chefetagen






Die Menschheit steht am Scheideweg. Die Alternativen lauten: globale Kooperation oder globalisierte Katastrophen. Und nach heutigem Wissensstand bleiben nur zehn, vielleicht gerade noch 15 Jahre, um die entscheidenden Weichen zu stellen. Die gute Nachricht ist: Für alle genannten Probleme gibt es machbare Lösungen, und längst arbeiten Zigtausende Politiker, Wissenschaftler, Unternehmer und Aktivisten rund um den Planeten an deren Umsetzung. Kapitalanleger schichten ihre Portfolios zulasten von klimaschädlichen Unternehmen um und investieren ihr Geld lieber in die zukunftsträchtige Erzeugung sauberer Energien. Großkonzerne wie Coca-Cola und Hewlett-Packard arbeiten mit Aktivisten zusammen, um Wasserressourcen zu schützen oder Afrikas Armen mit Einfachcomputern einen bezahlbaren Zugang zum Internet zu verschaffen. Amerikas Superreiche und Prominente von Bill Gates bis Bill Clinton liefern sich mit milliardenschweren Spenden und Stiftungen einen Wettstreit um das beste Projekt zur Weltrettung, und die Europäische Union fällt revolutionäre Beschlüsse zur Reform der Energieversorgung.






Auch wenn vieles davon noch unausgereift ist oder eher der PR als dem Fortschritt dient, so ist das Signal doch unübersehbar: Ein globales Umdenken hat eingesetzt, das weit über die seit Langem aktiven Basisorganisationen wie Attac, Greenpeace oder den WWF hinausgeht. Einer stetig wachsenden Zahl von Menschen wird klar, dass kein Land der Welt für sich allein mit den heraufziehenden Krisen fertig werden kann, selbst die mächtigsten (USA) nicht und auch nicht die bevölkerungsstärksten (China, Indien). Wer immer nationale oder militärische Auswege propagiert, verfolgt irrationale Scheinlösungen. Selbst wenn die Verantwortlichen bereit wären, viele hundert Millionen Opfer in Kauf zu nehmen, sie könnten sich selbst und ihre Nationen nicht vor den Konsequenzen schützen. So birgt gerade der Klimawandel neben der großen Gefahr auch eine große Chance: Er könnte der Motor werden, der die Regierungen und ihre Völker lehrt, über den nationalen Schatten zu springen und gemeinsame Lösungen für globale Probleme zu finden.






Doch auf dem Weg zur globalen Kooperation – und das ist die schlechte Nachricht – baut sich eine Gefahr auf, die täglich brisanter wird: die wachsende Spaltung zwischen Gewinnern und Verlierern. Jahrzehntelang haben die Regierungen der westlichen Wohlstandsnationen die globale Integration vornehmlich durch bloße Liberalisierung des Wirtschaftsgeschehens vorangetrieben. Unter dem Druck der gut organisierten wirtschaftlichen Eliten wurde der Glaube an die Selbstregulierung der Märkte zur Staatsideologie von Washington bis Tokio, und die Politik manövrierte sich in die Globallsierungsfalle. Unternehmen und Kapitalverwalter wuchsen zu weltweit agierenden Mächten heran, während die Politik im nationalen Korsett gefangen blieb. Vernachlässigt wurden der Aufbau demokratisch kontrollierter Institutionen und die Aushandlung von Verträgen, die es erlauben würden, die Früchte der Globalisierung zum Nutzen aller einzusetzen. Alle globalen Institutionen, vom Internationalen Währungsfonds bis zur UNO, blieben elitäre Veranstaltungen von Regierungsbürokraten, die sich um die Interessen der Mehrheit nicht zu kümmern brauchten und keinem Parlament Rechenschaft schuldeten. Darum können Konzerne und ihre Organisationen die jeweils nationalen Regierungen gegeneinander ausspielen, sodass die Politik zusehends zur bloßen Bedienung von Kapitalinteressen verkommt. Der globale Wettbewerb um Investoren hat einen Wettlauf um die niedrigsten Steuern auf Kapitalerträge und die niedrigsten Löhne für die Arbeitnehmer erzeugt.






Das Ergebnis ist eine bizarre Ungleichverteilung von Einkommen und Kapital, die täglich zunimmt. Die Schere zwischen Kapitalgewinnen und Lohneinkommen öffnet sich seit gut 20 Jahren. Mittlerweile verfügt ein Prozent der Menschheit über 40 Prozent des gesamten Anlagevermögens, während immer größere Teile der Bevölkerung mit schrumpfenden Löhnen und wachsender Unsicherheit leben müssen. Das kann gut gehen. Wer sich von Ausgrenzung bedroht sieht, trachtet seinerseits nach Ausgrenzung der noch Schwächeren und der Fremden. Darum treibt die Angst vor dem Abstieg und der Mangel an Perspektive Heilsbringern und Radikalen immer mehr Anhänger zu und lädt die Politik allerorts mit Irrationalität und Populismus auf. Von den Islamisten des Mittleren Ostens und Südasiens über Amerikas christliche Fundamentalisten und Protektionisten bis zu Europas Neonazis und Rechtspopulisten formiert sich weltweit eine Gegenbewegung zur globalen Integration. Fremdenfurcht, Rassismus und die Sehnsucht nach nationaler oder regionaler Abschottung gegen die Aufsteiger des Südens wachsen an. Parallel dazu reagieren immer mehr Regierungen auf die neue antiglobalistische Stimmung mit geostrategischen Plänen zur militärischen Sicherung einer eigenen Ressourcenbasis.






Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Staaten und Regierungen noch zu stark und standen einer friedlichen Ausdehnung der Marktwirtschaft entgegen. Die Globalisierung, das legen die historischen Studien nahe, scheiterte an den »vorkapitalistischen Elementen«, die auf Eroberung und Nationalismus setzten. Heute ist es umgekehrt: Staaten und Regierungen sind zu schwach, um den rasenden Triumph von Markt und Kapital so zu regulieren, dass die gigantischen Erfolge der globalen Arbeitsteilung nicht nur einer kleinen Minderheit, sondern der ganzen Menschheit zugutekommen.






Aber vieles spricht dafür, dass es so nicht bleiben wird. Spät, aber nicht zu spät, formieren sich weltweit vielfältige Organisationen der Zivilgesellschaft, die der ungerechten Verteilung entgegentreten. Chinesische Aktivisten werben in den USA für die Durchsetzung besserer Löhne und Arbeitsbedingungen in den Fabriken, die für die Weltkonzerne produzieren. In allen Wohlstandsländern feiern Initiativen unter dem Siegel »Fairtrade« Erfolge beim Kampf für faire Preise zugunsten der Erzeuger in ärmeren Staaten. Weltweit arbeiten Aktivisten zusammen, um wieder mehr Steuergerechtigkeit und faire Entlohnung durchzusetzen. So entwickelt sich parallel zu den Antiglobalisierern nach und nach eine ebenso mächtige Gerechtigkeitsbewegung, die täglich an Stärke gewinnt. Diese Bewegung kann gewiss niemals die Politik von Staaten und Regierungen ersetzen. Aber sie könnte womöglich die Basis und die Legitimation für eine neue Generation mutiger Politiker schaffen, die der Raffgier der Besitzenden gesetzliche Grenzen setzt.






So kommt den Kritikern der Globalisierung zusehends die Rolle zu, das weltweite Zusammenwachsen von Märkten, Mächten und Kulturen gerade vor jenen zu retten, die diesen Prozess über Jahrzehnte vorangetrieben haben: den Global Playern der Konzern- und Finanzwelt und ihren Zuträgern in Medien und Wissenschaft.






Ohnehin wächst auch unter den Gewinnern die Angst vor den unerwünschten politischen Folgen der Ungleichheit. Selbst Ben Bernanke, Chef der amerikanischen Notenbank und als solcher der amtierende Erzengel des amerikanischen Kapitalismus, warnte, es sei Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, »dass die Früchte der globalen Integration ausreichend weit verteilt werden«. So zerbricht der neoliberale Konsens vom Glauben an die Allmacht des Marktes, und der Weg wird frei zur Re-Regulierung der Weltwirtschaft im Interesse aller.






Damit steigen die Chancen für ganz neue politische Allianzen, die jenseits der klassischen Muster von Nationalstaat und Parteienlogik der Weltpolitik eine andere Richtung geben können. Gewiss, derlei Hoffnung mag vorerst noch utopisch erscheinen. Schließlich ist der größte Teil der Menschheit nach wie vor im alltäglichen Kampf ums Überleben befangen. Die politische Energie ist meist noch immer im bornierten Klein-Klein des nationalen Interessenkampfes gebunden, und der großen Mehrheit erscheinen die sich anbahnenden globalen Krisen noch immer weit entfernt.






Gänzlich unrealistisch ist allerdings die Annahme, alles könne so weiterlaufen wie bisher. Die Apologeten des Status quo sind die wahren Realitätsverweigerer. Absehbar ist, dass Klimawandel und Flüchtlingsströme, die Instabilität der Weltfinanzmärkte, der Ressourcenmangel und Konflikte um Land und Wasser schon im kommenden Jahrzehnt die zentralen Themen aller Politik werden. Und keines dieser Probleme duldet Aufschub. Ihre Bewältigung wird unweigerlich zur Existenzfrage für große Teile der Menschheit. Die Intensität der Bedrohung kann jedoch auch eine politische Dynamik entfalten, die alle traditionellen Grenzen sprengt. Denn die positiven wie die negativen Megatrends unserer Zeit haben eines gemeinsam: Sie zwingen einer stetig wachsenden Zahl von Menschen, vor allem aber den politischen und wirtschaftlichen Eliten, eine planetare Perspektive auf. Sie müssen in globalen Zusammenhängen planen und handeln, weil andernfalls der Misserfolg programmiert ist. Die einst nur von Idealisten benutzten Metaphern vom »Raumschiff Erde« und der »Einen Welt« beschreiben jetzt die harte Realität.






Die Frage ist ja nicht, ob die Industriestaaten mit den Aufsteigerländern Asiens und den Ölstaaten ein neues globales Finanz- und Währungssystem aushandeln müssen, sondern nur, ob sie es vor dem Zusammenbruch des alten tun oder danach. Die Frage ist auch nicht, ob Amerikaner, Europäer und Japaner ihren Ressourcenverbrauch radikal senken werden, sondern nur wann und unter welchen Umständen sie das tun. Die Frage ist nicht, ob wir uns Hilfe für die Armen leisten können. Sondern, ob wir es uns leisten können damit zu warten, bis ihre Not die unsere wird.






Alle diese Entwicklungen gemeinsam lassen nur den einen Schluss zu: Entweder die Menschheit findet den Weg zu globaler Kooperation, oder die Welt wird für Jahrzehnte in gewalttätigen Konflikten versinken, denen sich auf Dauer kein ,Staat und kein Volk wird entziehen können. Nach wie vor gibt es viele Akteure, die sich mit Blick auf ihre kurzfristigen Interessen dieser Einsicht entgegenstellen. Misst man es nur an den bisherigen Misserfolgen, etwa im Klimaschutz oder bei der Stabilisierung der Finanzmärkte, dann erscheint die Stärke dieser Zukunftsverweigerer bislang übermächtig. Aber sie kann beschränkt werden, wenn die Globalisierung der Politik jener der Wirtschaft endlich auf Augenhöhe folgt. Die vornehmste Aufgabe der Regierenden wird deshalb der Ausbau und die Demokratisierung globaler Regelwerke und Institutionen, insbesondere der Vereinten Nationen. Dabei geht es nicht um eine Weltregierung, die ohnehin bürgerfern, überfordert und folglich ineffektiv sein würde. Die Herausforderung liegt vielmehr darin, eine Art Weltföderalismus zu erfinden und klare Regeln für die richtige politische Arbeitsteilung zwischen globalen, regionalen oder nationalen Institutionen aufzustellen, um den Interessen aller gerecht zu werden.






Den Weg dorthin bahnt bereits eine globale Zivilgesellschaft, deren Organisationen schon gut hundert Millionen Mitglieder zählen. Sie mischen sich immer stärker mal aufseiten der politischen und wirtschaftlichen Regenten, mal als ihre schärfsten Gegenspieler in den transnationalen politischen Prozess ein – und das mit wachsendem Erfolg. So entsteht, quasi hinter dem Rücken ihrer Mitglieder, Schritt für Schritt eine wirkliche Weltgesellschaft. Über alle Grenzen hinweg. Wenn sie schneller wächst als die anstehenden globalen Konflikte um Energie, Nahrung und einen Platz zum Leben, kann der dritte Weltkrieg verhindert werden. Der globale Countdown läuft.


Siehe auch:


Interview mit Harald Schumann (www.heise.de)