langelieder > Bücherliste > Deloria 1996 b




Vine Deloria
Gott ist rot




Göttingen 1996 (Lamuv); 192 Seiten; ISBN-10: 3-88977-459-8 (Neuauflage)
Aus dem amerikanischen Englisch von Anneliese Rudwaleit
Originaltitel: God is Red, New York 1973
Deutsche Erstausgabe: Gott ist rot. Eine indianische Provokation, München 1984 (Trikont)






»ln jeder Generation gingen bei der Vernichtung der Völker derWelt Handel und Bekehrung Hand in Hand zugunsten der kommerziellen lnteressen des Westens und des Christentums. Wo das Kreuz aufgerichtet wird, gibt es kein besseres Leben – nur Tod, Vernichtung, schlimmsten Betrug. (…) Wenn der Durchschnittschrist von dem Elend hört, das durch seine Religion und deren Anhänger über die Völker der Welt gekommen ist, hält er dem sofort entgegen: ›Aber das waren auch keine richtigen Christen.‹ (…) Wenn die Ausbeuter von damals keine Christen waren, warum wehrten sich dann die echten Christen nicht dagegen, dass ihr religiöses Erbe und ihr Glaube missbraucht wurden?« (S. 177f)

»Wer wird es sein, der mit diesem Land Frieden schließt? Die Zukunft wartet auf die, die sich für alle Wesen verantwortlich fühlen und darin den wahren Sinn des Lebens erkennen. Wer wird auf die Stimme der Bäume, Tiere, Vögel hören? Wenn die solange vergessenen Urvölker der Kontinente sich erheben und ihr jahrtausende altes Erbe zurückfordern, werden sie die Bedeutung und den Sinn des Landes ihrer Ahnen wiederentdecken. Auch die Eindringlinge in den nordsmerikanischen Kontinent werden dann endlich erkennen: Gott ist rot in diesem Land.« (S. 190)


Vine Deloria


»Vine Deloria Jr. wurde am 26. März 1933 in der Präriesiedlung Martin, South Dakota, geboren und wuchs auf dem Reservat der Standing Rock Sioux auf, wo sein Vater der Episcopalkirche vorstand. Der Familienname soll von einem französischen Trapper namens De Lauriers stammen, der von den Sioux Ende des 18. Jahrhunderts in den Stamm aufgenommen worden war. Nach seiner Militärzeit bei der Marine studierte Vine Jr. Theologie und Jura und machte sich bald einen Namen als Korrektor der herrschenden Geschichtsschreibung und Zerstörer von Mythen. Während er historische und kulturelle Mythen der weißen Welt zerlegte, widmete er sich mit Sorgfalt jenen seines Volkes. „Wir haben den Weißen Mann in 500 Jahren ganz schön weit gebracht, von der kindischen Suche nach Jungbrunnen und Städten aus Gold bis zu der Einsicht, dass die Unversehrtheit des Landes Voraussetzung für die menschliche Existenz ist,“ schrieb er 1976 in der New York Times. – Wenn er nicht lehrte, schrieb er: Er lehrte an der University of Arizona in Tucson, später ging er an die University of Colorado nach Denver; dazwischen schrieb er über 20 Bücher. In „God is Red“ argumentierte er, dass indianische Spiritualität mehr auf die Bewahrung der Schöpfung ausgerichtet sei, als die christlichen Kirchen, in „We Talk, You Listen“ sieht er eine Rückkehr zu Stammesstrukturen und deren Werte als einzigen Ausweg für die Industriegesellschaft. In „Metaphysics of Modern Existence“ durchleuchtet er unsere aufgeklärte Kultur, in „Red Earth, White Lies“ stellt er die Archäologie der dominanten Gesellschaft auf den Kopf. Immer war seine Provokation in großartigen Sprachstil gewandet und von Humor durchsetzt.« (Aus einem Nachruf von Claus Biegert) – Vine Deloria starb am 13. November 2005.

»Vine Deloria jr. passt in kein Indianerbild: Unscheinbar gekleidet, der Sprache der Weißen mächtiger als viele Weiße, agiert er zwischen Hörsaal und Schreibtisch und schockt jene, die sich an seiner westlichen Erscheinung erfreuen, mit polemischen Reden und Schriften gegen das System. Als Akademiker (Jurist und Theologe) und Stammesmensch (Oglala-Lakota) ist er in beiden Amerikas zuhause und entkam bisher allen Klischees. Obwohl er darauf bedacht ist, konservativen Historikern und Ethnologen nicht zu nahe zu kommen, wird er von ihnen zitiert. Über weiße Wissenschaftsgläubigkeit und gehorsamen Respekt vor dem Professorenstuhl amüsiert er sich, sobald die Sprache darauf kommt. Seit Ende der sechziger Jahre nimmt er schreibend am Widerstandskampf der Ureinwohner teil. Neben juristischer Hilfestellung bei politischen Prozessen gilt sein spezielles Interesse den verfassungsrechtlichen Aspekten und Konsequenzen, die sich für die indianische Seite aus Vertragsabschlüssen mit der US-Regierung ergeben, vor allem hinsichtlich einer völkerrechtlichen Anerkennung existenter und souveräner indianischer Nationen. Kritiker verurteilen seine Zurückhaltung gegenüber indianischen Protestaktionen, doch dringt er mit seiner Arbeit in die Medien und Gerichte und unterstützt die Bewegung so auf seine, eine nicht minder notwendige und wirkungsvolle Weise.« („Über den Autor“ in „Gott ist rot“)


Inhaltsverzeichnis


Einleitung: Geschichte und Natur






1. 

Die Indianerbewegung



2. 

Amerika liebt die Indianer – aber wie



3. 

Die Indianer in der Literatur Amerikas



4. 

Die religiöse Frage



5. 

Zeitliches und räumliches Denken



6. 

Die Schöpfung



7. 

Geschichte und Christentum



8. 

Der Raum und die Geschichte



9. 

Der Ursprung der Religion



10. 

Tod und Religion



11. 

Christentum und Persönlichkeit



12. 

Kirche und Gemeinde



13. 

Christentum und modernes Amerika



14. 

Die Stammesreligionen in Amerika heute



15. 

Stammesvölker der Welt un Christentum



16. 

Die Religion in unserer Welt






Über den Autor


Leseprobe


Einleitung: Geschichte und Natur






lrgendwann in der Zukunft, wenn es noch eine Zukunft für die Menschheit gibt, werden die Historiker vielleicht einmal sagen, daß der Zweite Weltkrieg der Wendepunkt in der Geschichte war. Obgleich auch andere Kriege Weltkriege genannt wurden, vor allem weil die Gegner sich als Mittelpunkt des Weltgeschehens sahen, war der Zweite Weltkrieg doch der einzige Konflikt, von dem jede große Nation der Erde betroffen wurde. Als globaler Konflikt trug er viel dazu bei, den Dünkel und die Anmaßung, mit denen sich der europäische Imperialismus vier Jahrhunderte lang ummäntelt hatte, bloßzustellen und zu beseitigen. War nicht behauptet worden, daß europäische Kultur und Religion ein Geschenk dieses Teils des Globus an die weniger glücklichen Mitglieder der Weltfamilie seien? Als Gegenleistung wollten die Europäer angeblich nur Handelsbeziehungen und Absatzmärkte für ihre Erzeugnisse.

Von den nichtweißen Völkern wurde dieser Mythos vom weißen Mann zum Teil anerkannt, weil dessen Technik derjenigen der Bewohner anderer Kontinente so offensichtlich überlegen war. Die farbigen Völker maßen dem weißen Mann besondere Weisheit und Genialität bei, weil er Geheimnisse des Universums kannte, die ihnen selbst verborgen geblieben waren. Nirgends aber waren der kulturelle Schock und die falsche Einschätzung der Fähigkeiten des andern tragischer als bei den Ureinwohnern der westlichen Hemisphäre. Manche Indianer glaubten, einem unbekannten Tier oder sogar Göttern gegenüberzustehen, als ihnen weiße auf Pferden begegneten. Als sie allerdings später merkten, daß es nur Menschen waren und sogar sehr grausame, machten sie sich einen Spaß daraus, sie in Stücke zu hauen. Die Azteken sahen in Cortez natürlich den wiedergekehrten Quetzalcoatl, mußten aber mit Entsetzen feststellen, daß er nicht die Erfüllung ihres Glaubens brachte, sondern eine fremde Religion, die den Körper zu vernichten trachtete, wenn dadurch die Seele gerettet wurde.

Wie bedeutsam der Zweite Weltkrieg war, zeigt die rasche Folge von Niederlagen der Amerikaner, Briten, Holländer und Franzosen in Südostasien und im Südpazifik. Vorher immer für unbesiegbar gehalten, waren jetzt die Weißen nur Menschen wie andere auch und durch die eigene Technik in den Händen anderer genauso ein Opfer, wie es die farbigen Völker in den Jahrhunderten der Kolonisation gewesen waren. Und diese Erfahrung trug ihre Früchte. Wer über die entsprechenden technischen Einrichtungen verfügte, machte sich politisch und wirtschaftlich unabhängig. Der europäische Mythos hat sich nie mehr erholt, und es gab seitdem viele Kriege und Befreiungskämpfe. Sie begannen in Südwestasien und Indien und setzten sich in Afrika und im Nahen Osten fort, Ende der sechziger und in den siebziger Jahren auch in der westlichen Hemisphäre. Die Entstehung der sogenannten Dritten Welt ist eine direkte Folge der Tatsache, daß die Bedeutung der westlichen Zivilisation in der Technik liegt und nicht in Kultur und Religion. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine Ära der gegenseitigen technischen Abhängigkeit und der kulturellen und politischen Unabhängigkeit.

Von westeuropäischer Kultur und Religion sich zu lösen ist für die meisten nichteuropäischen Völker sehr schwer, denn die Technik, die sie ja übernehmen wollen, ist mit dieser Weltanschauung untrennbar verbunden. Die westliche Technik verlangt einen ganz neuen Sinn für Zeit, sie entheiligt die Natur und setzt an die Stelle von Großfamilie und Sippe die isolierte Kleinfamilie. Diese grundlegende Umwandlung der Gesellschaftsstruktur hat rückwirkend wieder ein wachsendes Interesse ausgelöst an den kulturellen Werten, religiösen Vorstellungen und historischen Überlieferungen der Völker, die dabei sind, die westliche Technologie zu übernehmen. Das Interesse bleibt allerdings meist auf die Freizeit beschränkt, denn man hat es fertiggebracht, die Zeit – je nach Gebrauch – säuberlich in zwei Hälften zu teilen: Arbeitszeit und Freizeit, und beide haben ihre eigene, gesonderte Gefühlswelt.

Die Indianer waren nicht immun gegen die Vorteile der Technik. In den Jahrzehnten nach dem Krieg begannen sie auf den Reservaten mit umfangreichen Entwicklungsprojekten, an die sie vorher nie gedacht hätten. In vielen Fällen degenerierte Stammesland zum bloßen Grundstück, das des Geldes wegen ausgebeutet wurde. Damit hörte es auf, traditionsgemäß die Heimat einer bestimmten Menschengruppe zu sein. Ein stets gegenwärtiges Problem derjenigen Indianer, die ihr Leben nach amerikanischem Standard zu modernisieren versuchen, ist inwieweit sie ihre älteren kulturellen und gesellschaftlichen Formen angesichts der Forderungen der Technik bewahren können.

Der hierin erfolgreichste Stamm sind die Lummi im Nordwesten des Staates Washington. Von alters her Fischer, sind sie jetzt zu Experten der Aquakultur geworden. Durch Anwendung wissenschaftlich verbesserter Fischzuchtmethoden gelang es ihnen, ihre auf Fischfang begründete Kultur zu erhalten. Andere Stämme hatten nicht solchen Erfolg, und ein großer Teil fiel einfach der Technik zum Opfer.

Während die Indianer im Rahmen dieses Anpassungsprozesses die Hand nach der Regierung und privaten Organisationen ausstreckten, die ihnen bei der Umstellung helfen sollten, entstand unter den Amerikanern eine seltsame Gegenbewegung von Leuten, die sich immer mehr von der Technik und den sozialen Einrichtungen, die sie selbst geschaffen haben, abwenden. In der amerikanischen Gesellschaft ist eine fieberhafte Suche nach spirituellen Werten aufgekommen, die sich auf verschiedene Weise zeigt. Fundamentalistische christliche Sekten machen im Fernsehen durch attraktive Vertreterinnen auf sich aufmerksam, die mehr wie Gäste einer Talkshow und nicht wie religiöse Führungspersönlichkeiten aussehen. Solche Sekten sind für viele derjenigen Amerikaner zu einem wichtigen politischen und sozialen Faktor geworden, die die moralische Autorität einer Religion wollen, der sie die Entscheidungen überlassen können. Andere Amerikaner haben sich östlichen Religionen und religiösen Praktiken zugewandt, die von Reverend Moon bis Yoga, von Reinkarnation bis Astrologie reichen.

Das Interesse an exotischen Religionen ließ auch indianische Stammesreligionen sehr populär werden. Viele Amerikaner sehen in ihnen Beispiele uralter Weisheit mit menschlichen und ökologischen Einsichten, die westlichen religiösen Vorstellungen überlegen sind. Die Ausstattung der Stammesreligionen mit solch einem neuen Glanz war für die meisten Indianer eine Überraschung. Nachdem sie über dreihundert Jahre lang verhöhnt und ausgelacht wurden, weil sie hartnäckig an ihren Riten und Zeremonien festhielten, sind sie über die neue Popularität völlig verblüfft. Manche haben die Situation ausgenutzt und sich Vorteile bei naiven jungen Weißen verschafft, die in den Reservaten nach Gurus suchen, aber im allgemeinen haben die Indianer sich in dieser Lage verantwortungsbewußt verhalten.

Andererseits aber sind die Erwartungen der Amerikaner auch kaum zu erfüllen. Viele Weiße messen den Stammesreligionen Kräfte und Einsichten bei, die diese oft gar nicht hatten. Gereiftere Weiße suchen Erkenntnisse, die ihnen bei sozialen und politischen Fragen helfen könnten. Auch diese Erwartungen beruhen zumeist auf dem typisch amerikanischen Glauben, daß alle anderen Kulturen, Religionen und Überlieferungen nur Varianten der Art und Weise sind, in der die Weißen die Welt sehen: Erkenntnisse, die sie vielleicht übersehen oder beiseite geschoben haben, ganz gewiß aber Geheimnisse und Vorstellungen, die leicht erlangt und konsumiert werden können. Es wird auch vieles in die indianischen Glaubensvorstellungen und Rituale projiziert, was in Wirklichkeit anderen Überlieferungen zugehört, immer in der falschen Überzeugung, daß die Einsichten aus Stammesreligionen sich Stück für Stück aneignen und im nichtindianischen Kontext nutzbar machen lassen.

(…)

Obleich wir die Gegenüberstellung von Indianern und Nichtindianern auf diesem Gebiet auch als wirtschaftliches und politisches Problem sehen können und oft die besessene Suche nach religiöser Gewißheit in andere Begriffe des praktischen Lebens übersetzen müssen, ist der eigentliche Hintergrund, vor dem sich dieser Konflikt abspielt, die theologisch-philosophische Arena, wo die Einstellung zur Welt davon bestimmt wird, wie man sie grundsätzlich sieht. Die unterschiedlichen Einstellungen und Verhaltensweisen rühren nämlich von grundverschiedenen Wahrnehmungen der Wirklichkeit her, zu deren Beschreibung eine Reihe von Begriffspaaren vorgeschlagen wurde. Manche Indianer sehen den Grund für diese philosophische Divergenz darin, daß die einen glauben, die Welt sei belebt, während die anderen sie für tot halten, woraus man eine spirituelle und eine materielle Weltanschauung ableiten kann. Andere Indianer ziehen zum Vergleich den Unterschied zwischen Kunst und Wissenschaft heran, wobei die Wissenschaft für alles einen äußeren Bezugsrahmen sucht, während die Kunst einer intuitiv erfaßten Substanz von ihrer inneren Wahrheit her Ausdruck verleiht. Schließlich traf vor vielen Jahren ein Häuptling der Crow-Indianer noch eine andere Unterscheidung. Er sagte, die Weißen hätten Vorstellungen und die Indianer Visionen, und wies damit auf die Ganzheitlichkeit der indianischen Erfahrung hin im Gegensatz zur Einstellung der Nichtindianer, die nur das für ihre Situation Begreifliche und strukturell Nützliche erkennen.

Aber gleichgültig, wie wir die unterschiedliche Auffassung von Indianern und Nichtindianern sehen, jedenfalls trennt sie ein theologisch-philosophischer Abgrund. Die Trennung ist so grundsätzlich, daß es sehr schwer ist, Nichtindianern den Unterschied klarzumachen, weswegen diese unbekümmert der Meinung sind, ihre Art, die Welt zu sehen, sei die einzig wahre. Wenn wir jedoch beide Einstellungen auf philosophische Begriffspaare reduzieren, erkennen wir, wie groß und bedeutsam der Unterschied in Wahrheit ist. Es ist der zwischen einem Volk, das in der Natur lebt, und einem anderen, das in der Geschichte lebt. Indianer sind natürliche Umweltschützer, aber nicht etwa deshalb, weil sie eine besondere Erleuchtung über den Umgang mit der Welt von den spirituellen Mächten des Universums erhielten. Sie haben sich vielmehr von der Natur leiten lassen, indem sie die Verhaltensweisen der anderen Lebewesen nachahmten und sich ihrer natürlichen Umwelt anpaßten. Die Nichtindianer hingegen entdeckten, daß die Struktur der Welt sich verändern läßt, und richteten ihr Verhalten nach dem zeitlichen Ablauf von Ereignissen und nicht nach dem Ort, an dem diese stattfinden.

Der gegenwärtige theologisch-philosophische Streit in Nordamerika um die Seele des Kontinents wird zwischen Natur und Geschichte geführt, zwischen den Befürwortern eines Lebens in der natürlichen Welt und den Fortschrittsgläubigen, die alles, was sie an Schwierigkeiten und Hindernissen in der Umwelt sehen, durch noch mehr Fortschritt überwinden wollen. Wounded Knee, Alcatraz, Fort Lawton und die Konfrontation in den Black Hills in Süd-Dakota: alle kreisen um die indianischen Landansprüche, die viel mehr als nur ein Eigentumsanspruch sind. Es geht dabei um die holistische indianische Vorstellung, daß die Beziehung des Menschen zum Land wichtiger ist als alles andere. Aber als die Indianer regierungseigene Grundstücke besetzten, sah die Mehrheit der weißen Gesellschaft darin nur das Begleichen der alten Rechnung und den Wunsch, auch ein Stück vom Kuchen der amerikanischen Wirtschaft abzubekommen.

(…)

Das Schwergewicht der Indianerprobleme liegt also auf dem Land, auf dessen Rückgabe und Nutzung. Die Amerikaner drängen die Indianer ständig, das Land in der gleichen Weise und für die gleichen Zwecke zu nutzen wie sie auch. Aber gleichzeitig behaupten sie, die indianische Religion enthielte den Keim der Spiritualität, die sie suchen. Daß die Amerikaner absolut nicht verstehen können, daß Land für die Indianer in einem ganz fundamentalen Sinne Grundlage und Schauplatz aller religiösen Erfahrung ist, zeigt sich in dem krampfhaften Bemühen, von den Medizinmännern der verschiedenen Stämme Wörter, Redewendungen und gedankliche Konzepte zu erfahren, die die Indianer angeblich der Welt vorenthalten haben und die jeder Weiße, der auf das Kennenlernen der Stammesreligionen versessen ist, für etwas hält, das die Welt unbedingt haben muß.

Wenn wir diese inneramerikanische Erkenntnis auf die große Arena der Weltgeschichte übertragen, wird uns bald klar daß in dem gegenwärtigen indianischen Kampf der fundamentale Zwiespalt enthalten ist, der dem Christentum so lange schon zu schaffen macht.

(…)

Das Interesse ehemaliger Anhänger des Christentums an StammesreIigionen kommt demnach zumindest zum Teil aus der Einsicht, daß, die Beziehung zu Natur, Land, Ort und Raum in der heutigen Auffassung des Christentums gestört ist.

(…)


Siehe auch:


Vine Deloria: Nur Stämme werden überleben (We Talk – You Listen)