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Man
kann unheimlich viel Luft in einen Ballon pumpen. Je mehr man ihn
aufpumpt, desto größer und imposanter wird er.
Mit
Stolz und Befriedigung können die Historiker vermerken, wann
die erste wirksame Pumpe erfunden wurde, und dieser Feststellung
dann die Daten der Erfindung immer noch effizienterer Pumpen und
dieser großartigen neuen Chemikalien hinzufügen, die
es ermöglichten, die Ballonhülle immer stärker zu
dehnen. Auch läßt sich festhalten, wann der Ballon
eine bestimmte Größe erreicht hatte, wann das Doppelte
davon, wie die ‹Verdoppelungszeiten› sich immer
mehr verkürzten, und so fort.
All diese Angaben sind
sicherlich wichtig und aufschlußreich. Kein Datum aber ist
so wichtig und so aufschlußreich wie der Zeitpunkt, als die
Ballonhülle ein Loch bekam – vielleicht war es zu
Anfang ein sehr kleines – und wie die Luft zu entweichen
begann.
Dieser Zeitpunkt war der.6. Oktober 1973.
Nichts
wird je wieder so sein, wie es bis dahin war.
Als ich vor
einigen Tagen in England mit dem Zug fuhr, saßen in meinem
Abteil drei Herren, die hitzig miteinander debattierten. Ich
konnte nicht umhin zu hören, was sie sagten, und entnahm der
Unterhaltung, daß der eine von ihnen Chirurg, der andere
Architekt und der dritte Ökonom war. Sie stritten darüber,
wessen Beruf der älteste war. Nach einer völlig
ergebnislosen Debatte sagte schließlich der Chirurg: «Wir
wollen uns nichts vormachen, es war doch zweifellos so: Wenn Sie
die Schöpfungsgeschichte gelesen haben, werden Sie wissen,
daß Gott der Herr Adam eine Rippe entnahm und daraus Eva
machte. Das war ein chirurgischer Eingriff.»
Doch
unbeirrt meinte der Architekt: «Na gut, aber lange davor
hatte er das All aus dem Chaos geschaffen: Das war die Arbeit
eines Architekten.»
Der Wirtschaftswissenschaftler
sagte bloß: «Und was meinen Sie, wer das Chaos
geschaffen hatte?»
Unser Thema muß in diesem
Licht gesehen werden, vor allem nach jenem 6. Oktober 1973, der
ein einzigartiges Datum in der Geschichte der westlichen Welt,
eine Art historische Wasserscheide ist. Der Leser wird sich
erinnern, daß an jenem Tag der vierte israelisch-arabische
Krieg ausbrach. Beschäftigen wir uns damit, nicht mit der
Geschichte jenes Krieges, der lediglich als Auslöser wirkte,
sondern mit dem Hintergrund des gesamten Geschehens.
Soweit
ich nach dem Zweiten Weltkrieg beobachten konnte, fehlte es, vor
allem in Europa, allenthalben an Brennmaterial, und alle Welt
rief nach mehr Kohle. In der Mitte der fünfziger Jahre
setzte die OECD, die Organisation der reichen Länder, eine
Energiekommission ein, die einen Bericht zu dem Energiebedarf
Europas vorlegte. Darin hieß es, man möge um Himmels
willen behutsam vorgehen, alle denkbaren Maßnahmen zum
möglichst wirksamen Einsatz von Brennstoffen nutzen und
Europas wichtigste Energiequelle, die Kohle, dabei nicht
vernachlässigen. (Es standen darin auch einige von
Unwissenheit zeugende Anmerkungen über die Atomenergie, als
könne das Heil von daher kommen.) Dieser Bericht wurde
allgemein als realistisch und den Tatsachen entsprechend
angesehen. Bei uns in Großbritannien richtete man daraufhin
eine nationale Behörde ein, den National Industrial Fuel
Efficiency Service. Er hatte die Aufgabe, die gesamte Industrie
auf Energieeinsparmöglichkeiten hin zu überprüfen.
Dann
kam die erste Krise um den Suezkanal – ein Schock für
alle öleinführenden Länder. Zu ihnen gehörten
auch die Vereinigten Staaten, der größte Ölproduzent,
zugleich aber auch der mit Abstand größte
Ölverbraucher. Damals war Eisenhower, ein ehemaliger
General, Präsident der Vereinigten Staaten, und er warf zum
erstenmal die Frage auf, warum die Vereinigten Staaten so
abhängig vom Öl aus dem Mittleren Osten geworden waren.
Nun, das war ganz einfach. Zwar besaß Amerika äußerst
reiche Ölvorkommen, hatte sie aber hundert Jahre lang
ausgebeutet und mußte jetzt immer tiefer bohren, um noch
mehr Öl zu finden. Die Länder des Mittleren Ostens
hingegen waren als Ölförderländer vergleichsweise
neu im Geschäft, so daß praktisch aus jedem Bohrloch
Öl sprudelte. So kam es, daß Öl aus dem Mittleren
Osten weit billiger war als das aus den Vereinigten Staaten, und
so floß immer mehr Mittelost-Öl nach Amerika. Auch die
großen Ölgesellschaften hatten sich darauf
eingestellt, daß der Ölstrom von Osten nach Westen
floß.
Doch Eisenhower sah sich die Lage an und
meinte, daß das so nicht weitergehen könne. Ich gebe
so viele Milliarden für Rüstung aus, sagte er sich, und
von dieser ganzen technischen Ausrüstung funktioniert nichts
ohne Öl. Wir machen uns ja vom Öl aus dem Mittleren
Osten abhängig, der immerhin ganz in der Nähe der
Sowjetunion liegt.,Der russische Bär kann diese Länder
mit einem Prankenhieb von der Karte wischen, und was geschieht
dann? Also verordnete Eisenhower eine Einfuhrüberwachung.
Die Vereinigten Staaten sind ja stets für den Freihandel
gewesen, außer wenn er ihnen nicht ins Konzept paßte.
In diesem Fall paßte er Amerika nicht ins Konzept, und so
kam es zu einer Einfuhrüberwachung, die dafür sorgen
sollte, daß 88 Prozent des gesamten amerikanischen
Ölbedarfs aus einheimischen Quellen gedeckt und nur 12
Prozent eingeführt wurden, und das hauptsächlich aus
Ländern der westlichen Hemisphäre, also aus Nord- und
Südamerika.
Die Ölgesellschaften, die sich auf
einen immer großzügiger fließenden Ölstrom
zum größten Markt der Welt, nämlich dem der
Vereinigten Staaten, eingestellt hatten, merkten nun, daß
dort ein Riegel vorgeschoben worden war. Sie leiteten das Öl
nach Europa um, dem zweitgrößten Markt. Hier kam es zu
einem mörderischen Kampf des Öls gegen die Kohle.
Zugleich führten die einzelnen Ölgesellschaften
untereinander einen Bruderkrieg bis aufs Messer um möglichst
große Marktanteile. Ein tüchtiger Geschäftsmann
will ja nicht nur möglichst viel verkaufen, sondern vor
allem einen möglichst großen Marktanteil haben. Dieser
mörderische Wettbewerb, dieser Kampf der Ölgesellschaften
gegen die Kohle und untereinander, veranlaßte sie, ihre
Preise zu senken, so daß sie den europäischen Markt
lange Zeit mit Verlust belieferten, einfach nur deshalb, um ihn
in die Hand zu bekommen. Sind aber Zechen erst einmal
geschlossen, kann man sie nicht wieder öffnen –
jedenfalls nicht solche, bei denen die Kohle in großer
Tiefe liegt.
Zu denen, die darunter zu leiden hatten,
gehörten die ölexportierenden Länder, da der Preis
immer mehr gedrückt wurde. Als die Ölgesellschaften sie
nun erneut zu einer Senkung des Abgabepreises zwangen, sagten
diese: Jetzt reicht's, wir müssen uns gegen solche Praktiken
schützen. Das war 1960, im Gründungsjahr der OPEC. Alle
Welt sagte, ach was, das sind doch alles Araber, die können
sich sowieso nicht einigen, das ist nur ein Versuch zur
Kartellbildung, bei dem nichts herauskommt. Das war auch einige
Jahre lang der Fall, weil solche Dinge sich erst entwickeln
müssen, und das kostet Zeit. Aber diese Länder holten
sich entsprechende Fachleute – immerhin hatten sie dazu
reichlich Geld – und um die Mitte der sechziger Jahre
verstanden sie ihr Geschäft.
Zuvor hatten die
ölexportierenden Länder selbst mit der Abwicklung der
Geschäfte nichts zu tun gehabt, weil die Ölgesellschaften
sich darum kümmerten. Sie verfügten über
unbegrenzte Finanzmittel und konnten sich die entsprechenden
Fachleute zusammenholen. Jetzt aber holte sich die OPEC diese
Leute, und ein paar Jahre später, so um 1965 begriffen die
ölexportierenden Länder, daß Öl nicht vom
Menschen gemacht, sondern lediglich gefunden und gefördert
wird. Es handelt sich dabei um eine Art Speisekammer, in die man
hineingeht, um sie zu plündern. Sind die Vorräte
aufgebraucht, ist die Speisekammer leer. Anders ist es bei der
Weizenproduktion, bei der man Jahr für Jahr eine neue Ernte
einbringen kann. Und vorausgesetzt, daß die Anbauverfahren
nicht gänzlich ungeeignet sind, kann das noch viele Jahre
lang so weitergehen. Weizen ist kein erschöpfbares
‹Kapital›, Öl hingegen wird wie Kohle aus dem
Erdboden gewonnen, es ist ein erschöpfbarer Rohstoff. Das
also begriffen die ölerzeugenden Länder und sagten,
nachdem sie sich die Bedarfsplanungen Europas, Japans und der
Vereinigten Staaten angesehen hatten, das ist ja Raubbau! Das
geht noch zwanzig oder dreißig Jahre gut, und was dann?
Daher wurden sie langsam unruhig. Einige von ihnen verstanden
besser als andere, worum es ging. Damals war der Schah von
Persien am meisten von allen auf eine Steigerung der
Erdölförderung erpicht: Offenbar konnte er nicht weiter
als bis zur Nasenspitze sehen und verfuhr nur nach der Maxime, je
mehr Öl ich produziere, desto mehr Geld bekomme ich.
In
anderen Ländern begann man sich jedoch immer größere
Sorgen um die Rohstoffquellen zu machen, und dann kam das Jahr
1969. In Libyen gab es einen Regierungswechsel. Oberst Gaddafi
schickte den König in die Wüste und ernannte sich im
reifen Alter von achtundzwanzig Jahren zum Staatsoberhaupt. Er
fragte seine Berater: Wie lange wird dieser Ölboom dauern?
Und wie lautete die Antwort? Nun, wir können uns bei
Voraussagen lediglich auf nachgewiesene Vorräte stützen,
der Himmel weiß, wieviel man noch finden wird, jedenfalls
ist das reine Spekulation. Wenn Sie aber wissen wollen, wie lange
diese nachgewiesenen Reserven vorhalten werden – bei der
gegenwärtigen Steigerungsrate wären sie nach acht
Jahren erschöpft. Wenn man die Förderung aber auf ein
Fixum begrenzt und nicht weiter steigert, können sie noch
zwanzig Jahre reichen.
Zweifellos sagte sich der
achtundzwanzigjährige Oberst Gaddafi: Achtundzwanzig plus
zwanzig ... und dann? Nichts als Sand und Kamele – kommt
nicht in Frage. Ich will mindestens sechzig Jahre vor mir
haben.
Er sprach mit den Ölgesellschaften und
forderte sie auf , die Förderung nicht zu steigern, sondern,
wenn auch nur geringfügig, zu drosseln. Man nahm ihn sehr
ungnädig auf, und als er sah, daß mit ihnen nicht zu
reden war, verstaatlichte er sie, um sie in Zukunft selbst
kontrollieren zu können. Die unmittelbare Auswirkung davon,
daß 1970 ein Land die Rohölförderung geringfügig
herabsetzte, war auf dem Weltmarkt für Rohöl eine
Preissteigerung von fünfzig Prozent.
Das war
allen Beteiligten eine Lehre, die sie nie wieder vergessen
werden: Wenn es um Öl geht, wird man um so reicher, je
weniger man produziert. Denn Öl ist ein nicht erneuerbares,
nicht ersetzbares Kapital von begrenzter Verfügbarkeit. Die
Nachfrage nach diesem Rohstoff ist nahezu vollständig
unelastisch – nachdem die Ölpreise um zwanzig Prozent
gestiegen waren, wurde genausoviel Auto gefahren wie zuvor, und
der Straßenverkehr ist beim Ölverbrauch lediglich die
Spitze des Eisberges. Oberst Gaddafi war zum meistgehaßten
Mann der Welt geworden, und die anderen Araber und Ölproduzenten
wollten nicht in seine Lage kommen. Sie hatten den Eindruck, daß
die ölimportierenden Länder eine gefährliche
Sippschaft, der Gewaltanwendung nicht abhold, und sie selbst
recht unbedeutend seien. Sie wußten nicht, was sie tun
sollten. Sie machten sich immer größere Sorgen um ihre
Reserven und waren beunruhigt darüber, daß nach
bestimmten Annahmen alle ölausführenden Länder
gemeinsam noch siebzehn Jahre lang würden Öl liefern
können, nach günstigeren Annahmen zwanzig bis
fünfundzwanzig Jahre – eine unerhebliche Differenz. Im
Leben eines Volkes sind das doch nur Minuten.
Was kann man
tun? Niemand wollte dem Oberst Gaddafi nacheifern, niemand wollte
vorpreschen, man mußte behutsam vorgehen. Sie schickten den
Generalsekretär der OPEC in alle Öleinfuhrländer.
Er hielt dort Vorträge, aus denen hervorging, daß sie
unbedingt ihre Anforderungen herabschrauben müßten.
Denn was sollte sonst, bei diesem Raubbau, aus den ölerzeugenden
Ländern werden? Vielleicht träumten ja die
Öleinfuhrländer von der Energieunabhängigkeit oder
hofften, die Atombombe werde ihnen aus der Patsche helfen, oder
man würde mehr Öl in Alaska, der Nordsee oder unter dem
Eis des Nordpols finden. Doch um an dieses Öl herankommen zu
können und die erforderlichen Pipelines zu bauen, würden
sie alles Öl verbrauchen, das die Ölförderländer
erzeugen konnten. Sicher, sie zahlten dafür – aber was
nützte das? Wenn jemand verblutet – schiebt es dann
den Zeitpunkt des Sterbens hinaus, daß man ihn dafür
bezahlt? Also stellte der Generalsekretär die Frage: Und was
soll aus uns werden? Jede seiner Reden endete mit den Worten:
«Wir müssen für 250 Millionen Menschen sorgen –
was soll aus ihnen werden? Sie leben ausschließlich vom Öl,
und fünfundzwanzig Jahre genügen uns nicht, eine andere
Lebensgrundlage zu finden. Also schränken Sie bitte Ihren
Ölbedarf ein...»
Selbstverständlich hörte
niemand auf ihn. Dann kam der 6. Oktober 1973, als zur Bestürzung
Washingtons der größte Freund der Vereinigten Staaten,
König Faisal, der zuverlässige, ehrenwerte Herr, sagte:
Wir werden jetzt das Öl als politische Waffe gegen Israel
einsetzen. Solange dieser Krieg dauert, werden wir die
Ölförderung um fünf Prozent monatlich – oder
sagte er zehn? – drosseln. In den Öleinfuhrländern
brach Panik aus. Bei Versteigerungen auf den internationalen
Ölmärkten ging der Preis immer höher, und nach
Verlauf weniger Wochen hatte er das Vierfache seiner früheren
Höhe erreicht – und dabei war die fünfzigprozentige
Preiserhöhung des Jahres 1970 bereits eingerechnet. Als er
diesen Stand erreicht hatte, sagten die ölexportierenden
Länder, jetzt sehen wir zum erstenmal, was unser Erzeugnis
tatsächlich wert ist und was die Einfuhrländer dafür
zu zahlen bereit sind. Wir wollen das als den amtlichen Preis
festschreiben. Und Öl als politische Waffe? Ach was. Ihr
könnt soviel davon haben, wie ihr wollt, jedenfalls zu
diesem Preis...
Gegen Ende der sechziger Jahre machten die
Vereinigten Staaten einige Voraussagen über ihren
Einfuhrbedarf an Öl. Sie sind zwar nach wie vor der größte
Ölproduzent, aber ihre Förderung pendelte sich 1970/71
auf einen bestimmten Wert ein. Sie haben inzwischen ihre
Fördergrenze erreicht und müssen die Produktion
einschränken. Dennoch geht man davon aus, daß ihr
Ölverbrauch weiterhin steigen wird. Das aber wird zu einer
immer weiter auseinanderklaffenden Versorgungslücke führen.
Vor etwa fünf Jahren hörte man nun aus Washington, die
Vereinigten Staaten wollten 1985 im Mittleren Osten und in
Nordafrika soviel Öl kaufen, wie diese Gebiete zuvor
insgesamt erzeugt hatten. Es muß nicht eigens betont
werden, daß diese Erklärung Japan und Westeuropa
betroffen machte. Wenn Amerika alles Öl aufkauft ... nein,
das geht nicht, die Araber müssen einfach die Ölförderung
verdoppeln, vor allem der gute Freund Saudi-Arabien.
Also
schickte König Faisal seinen Ölminister Yamani in die
Vereinigten Staaten, damit er dort erklärte, nun ja, wir
können unsere Förderung ausweiten – man dachte
dort nicht besonders intensiv über Ölreserven nach –,
aber wie wollt ihr dafür bezahlen? Und man sagte ihm, ihr
könnt ja euer Kapital anlegen und euch in die amerikanische
Industrie einkaufen. Vielleicht erinnern Sie sich, daß die
Zeitschrift Time vor einigen Jahren einen Artikel über
das Jahr 1985 brachte, in dem beschrieben wurde, wie die
arabischen Herrscher als Hauptaktionäre von General Motors
in Detroit einzogen und an anderen Orten als Hauptaktionäre
der IBM und der CBS: ein buntes Zukunftsgemälde, das damals
Herrn Yamani zu entzücken schien. Doch als er zu seinem
König zurückkehrte und sagte, es ist phantastisch, wir
werden die größten Kapitaleigner, die es je gegeben
hat, denn uns werden große Teile der amerikanischen
Industrie gehören, sagte König Faisal, das kommt nicht
in Frage. Wir Araber wissen, wie leicht es ist, verhaßtes
Auslandskapital zu enteignen, dazu genügt ein Federzug des
amerikanischen Kongresses. Und was dann? Wir haben dann kein Öl
mehr, und was können wir tun, etwa ein Kanonenboot nach
Amerika schicken? Nein, nein ... Die einzige sichere Investition
ist es, das Öl so lange im Boden zu lassen, bis man das Geld
braucht, dann kann man es fördern und verkaufen.
Heute
wissen wir, daß sie zu langfristigen Investitionen nicht
bereit waren. Immerhin wußten sie aus eigener Erfahrung,
wie leicht es ist, selbst die Mächtigen zu enteignen, und
außer beim Öl sind sie selbst machtlos. Der 6. Oktober
1973 hat also alles ausgelöst, und meiner eigenen Voraussage
nach – allerdings sind diese Dinge sehr schwierig zu
beurteilen – wird sich in den nächsten zehn Jahren,
vielleicht sogar sehr viel früher, die Förderung immer
mehr vermindern, vielleicht auf die Hälfte des vorherigen
Standes. Zwar kann man bei solchen Dingen nie ganz sicher sein,
was die Zukunft bringen wird, aber die Logik der Tatsachen
legt diesen Schluß nahe. Daß wir diese Entwicklung
noch gar nicht spüren, liegt daran, daß bestimmte
Konten noch aufgefüllt werden, aber insgesamt platzt
das internationale Bankensystern vor sogenanntem ‹heißem
Geld›, Geld, das noch keine feste Bleibe gefunden hat und
wild hierhin und dorthin geschickt wird. Sobald Zweifel am Wert
des Dollars aufkommen, eilt er von New York nach Frankfurt, und
sobald sich dort ein Zweifel regt, geht er nach Tokio weiter.
Dann gibt es Schwierigkeiten in Japan, und das Geld landet in
Zürich, und so weiter ... Natürlich ist das Bankwesen
dem auf die Dauer nicht gewachsen.
Alle Versuche, das Geld
auszugeben, sind vergeblich. Selbst so hochfliegende
Investitionspläne wie beispielsweise der Bau einer
Untergrundbahn in Teheran brauchen zu ihrer Verwirklichung viele
Jahre, so daß die jährlichen Ausgaben immer nur sehr
begrenzt sein können. Es ist einfach nicht möglich,
diese Gelder auszugeben, man kann sie auch nicht so anlegen, daß
sie wie gegenwärtig kurzfristig gebunden sind. Die
ölexportierenden Länder sind nicht bereit, das Risiko
langfristiger Anlagen mit nachfolgender Enteignung auf sich zu
nehmen. Also drosseln sie die Produktion. Das aber bedeutet, daß
die äußerst kurze Zeit in der Geschichte, während
der billiges Öl reichlich zur Verfügung stand, jetzt
vorbei ist – und zu jener kurzen Periode gehört
durchaus auch noch die Spanne, in der die Ölpreise
versechsfacht wurden.
Die Dinge ändern sich nicht von
einem Tag auf den anderen, aber der Wendepunkt ist überschritten.
Ab sofort müssen wir uns darauf einrichten, daß wir
nur wenig Öl zur Verfügung haben, und das wird teuer
sein. Wer dieser Schlußfolgerung zustimmt, muß sich
fragen: Was ist während dieser einzigartigen und sehr kurzen
Epoche in der Weltgeschichte die Folge der reichlichen
Verfügbarkeit von billigem Öl gewesen? Wie hat sich das
auf unser Wirtschaftsleben ausgewirkt? Alles, was sich als
unmittelbares Ergebnis davon entwickelt hat, daß Öl
billig war und reichlich zur Verfügung stand, läuft
jetzt Gefahr, zusammenzubrechen oder zu verschwinden, wenn ihm
jetzt nach und nach diese wirtschaftliche Grundlage entzogen
wird.
Was aber ist überhaupt durch billiges und
reichlich verfügbares Öl oder, noch allgemeiner gesagt,
durch billige und reichlich zur Verfügung stehende fossile
Brennstoffe bewirkt worden? Da haben wir die moderne
Landwirtschaft, die weitgehend auf Öl basiert. Wir essen –
physiologisch gesehen – eine Vielzahl von Nahrungsmitteln:
Wirtschaftlich gesehen, essen wir hauptsächlich Öl.
(Meist schmeckt es inzwischen auch so). Das war früher
selbstverständlich nicht der Fall. Wir hatten eine
Landwirtschaft, in der die Kleinlebewesen im Boden die Arbeit
verrichteten, die jetzt das Öl erledigt, und es gab
biologische oder organische Anbauverfahren mit einer vernünftigen
Wiederverwendung, Mehrfelderwirtschaft und so weiter. Das war die
Grundlage für die Existenz des Menschen und ist es auch noch
in den meisten Gebieten der Welt. Da die Wissenschaft sich aber
nur sehr wenig damit beschäftigt hatte, wurden diese
Verfahren nicht besonders entwickelt. Wir im Westen haben das
aufgegeben, und so beruht jetzt unser System auf Chemikalien und
Kunstdünger. Mithin lassen wir die Arbeit von den Arabern
statt von den Mikroorganismen tun! An die Stelle erneuerbarer
Mittel haben wir einen nicht erneuerbaren Rohstoff gesetzt. Die
Menschen glauben, die moderne Landwirtschaft könne uns
ernähren. Wenn wir das auf der Grundlage von Energie, das
heißt von Öl, durchspielen, zeigt sich, daß die
Landwirtschaft in weniger als dreißig Jahren alle bekannten
Ölreserven aufbrauchen würde, um rund vier Milliarden
Menschen nach den Verfahren der modernen Agrartechnik zu ernähren
– wohlgemerkt, die Landwirtschaft ganz
allein.
Offensichtlich ist unser System nicht auf der
ganzen Welt anwendbar, und es eignet sich gewiß nicht für
alle Zukunft: Es läßt sich nur kurzfristig nutzen.
Nehmen wir zum Beispiel Phosphat. Das Hauptausfuhrland für
Phosphat ist Marokko. Die Marokkaner aber sind ebenso wie die
ölerzeugenden Länder plötzlich aufgewacht und
haben erkannt, daß es sich hier um einen nicht erneuerbaren
Rohstoff handelt. Auch ihre Phosphatvorkommen werden immer
schneller abgebaut, und das Ende ist absehbar, es wird in rund
dreißig Jahren kommen. Die Vereinigten Staaten haben eigene
Phosphatvorkommen. Ich weiß nun nicht, ob ich richtig
informiert bin, aber ich habe gehört, daß sie sich im
Rahmen eines größeren Handelsabkommens verpflichtet
haben, Phosphat an die Sowjetunion zu liefern. Falls das stimmt,
ist uns allen nicht mehr zu helfen, denn beim Phosphat liegt
einer der wirklichen Engpässe in der auf moderne
Agrartechnik gründenden Landwirtschaft. Es geht also nicht
nur um Öl; die ganze Problematik zeigt sich jetzt bei allen
nicht erneuerbaren Grundstoffen, außer solchen, die sich
überall finden, wie zum Beispiel Sand.
Anders gesagt,
wir müssen die Lage völlig neu durchdenken. Wenn wir
über die Landwirtschaft nachdenken, dürfen wir nicht
mehr einfach sagen: Dies System hängt zwar vom Öl ab,
aber es funktioniert! Damit würden wir uns einreden, das
gegenwärtige System sei in keiner Weise bedroht und wir
könnten immer so weitermachen. Das aber ist nicht der Fall.
Es geht überhaupt nicht um eine Entscheidung, denn wir haben
keine Wahl. Wir müssen ein organischer arbeitendes
System finden. Wir brauchen für dieses organischere System
nicht einmal mehr mit ökologischen Argumenten oder im
Hinblick auf den Nährwert zu streiten. Das ist völlig
überflüssig. Wir sind auf ein solches Systern
angewiesen, ob uns das recht ist oder nicht.
Eine weitere
Hinterlassenschaft der kurzen Epoche billigen und reichlich
fließenden Öls sind natürlich unsere
Riesenstädte. Wir sagen: Nun, der Mensch braucht Städte,
denn wenn man Landwirtschaft treibt, um zu überleben, kann
eine Kultur nicht entstehen. Erst bei einer Art kritischer
Bevölkerungsdichte ist eine gegenseitige Befruchtung
möglich, kann der menschliche Geist sich entfalten. Städte
mit ihrer spezifischen Kultur gibt es seit fünf- oder
sechstausend Jahren, aber sie sind nie über eine bestimmte
(recht geringe) Größe hinausgewachsen. Und warum ging
das nicht? Weil eine Großstadt nicht von sich selbst lebt,
sondern vom Lande. Eine Stadt im Binnenland lebt vom Umland, das
sie versorgt. Dieser Umkreis konnte in der Vergangenheit nicht
sehr groß sein, da Tiere und Menschen die einzige
Transportenergie lieferten. Natürlich konnte eine am Meer
gelegene Stadt sich einer zusätzlichen Transportenergie
bedienen, nämlich der Windkraft. Daher wuchsen die großen
Städte an den Küsten der Meere empor, wo Schiffe sie
versorgen konnten. Und so kennen wir keine Stadt, die bis vor
etwa hundert Jahren über eine Größe von rund
zwei- oder dreihunderttausend Menschen hinauswuchs.
Dieser
Versorgungsengpaß wurde überwunden, als der Mensch
fossile Brennstoffe gewann: zuerst die Kohle, dann das Öl,
und als er Verkehrssysteme entwickelte, die auf ihnen gründeten.
Jetzt konnten Großstädte mit Waren aus aller Welt
versorgt werden: Die Welt wurde sozusagen ihr Hinterland. Eine
Grenze für das Wachstum der Städte aber gab es noch:
Wenn achtzig Menschen nötig sind, um hundert zu ernähren,
müssen 80 Prozent der Menschen auf dem Lande bleiben, und
nur 20 Prozent können in der Stadt leben. Wird aber die
Produktivität pro Arbeitskraft immens gesteigert, so daß
fünf Menschen hundert zu ernähren vermögen, können
95 Prozent in Städten leben, und nur 5 Prozent brauchen auf
dem Lande zu bleiben. Daher war die zweite Voraussetzung für
das riesenhafte Wachstum der modernen Stadt die ungeheure
Steigerung der Produktivität je Arbeitskraft, die wir in der
Landwirtschaft erlebt haben.
Die Stadt selbst ist eine
riesige Maschine, der man ständig und ununterbrochen Energie
zuführen muß, hauptsächlich Öl, damit sie
leben kann. Was soll aus diesen Städten werden? Bereits eine
Vervierfachung der Brennstoffpreise macht das Leben in der Stadt
mühsamer und lästiger, als es je zuvor war. Es hätte
keinen Sinn, die Städte auf erneuerbare Energieformen wie
Sonnenkraft, Windkraft und so weiter zu verweisen, denn man kann
zwar ein Einfamilienhaus bequem mit Sonnenenergie heizen, nicht
aber Hochhäuser und Bürotürme. Nicht einmal
gemeinsam wären Sonnenenergie und Windkraft imstande, die
Fahrstühle zu betreiben. Und große Teile solcher
Hochhäuser sind ohne Fahrstuhl unzugänglich: Man stelle
sich doch einfach vor, man klettere dreißig Stockwerke
empor. Das meine ich damit, daß das Leben immer mühseliger
wird.
Also muß man damit rechnen, daß die
Menschen die Städte verlassen und außerhalb ihrer
Grenzen leben wollen. Wer kann sie aufnehmen, und in welches
Wirtschaftssystem könnten sie sich dort flüchten? Zwar
können sie ohne weiteres aus der Großstadt
‹aussteigen› – bei wem oder wo aber können
sie wieder ‹einsteigen›?
Werfen wir einen
Blick auf das Verkehrswesen. Die Art von Verkehrsmitteln, an die
wir gewöhnt sind, ist natürlich nur auf der Grundlage
von billigem und reichlich verfügbarem Öl denkbar. Wir
sehen auf unseren Straßen allenthalben japanische Autos –
offensichtlich ist ihr Transport so billig, daß man Autos
von Tokio nach Wolfsburg schicken und dort sogar im Wettbewerb
gegen am Ort hergestellte Fahrzeuge antreten lassen kann.
Auch in anderen Ländern fahren japanische Autos, sie dienen
hier lediglich als veranschaulichendes Beispiel. Wer auf der
Autobahn fährt, sieht sich umgeben von zahlreichen
Lastwagen, die bespielsweise Kekse von Flensburg nach München
und von München nach Flensburg befördern – über
Hunderte von Kilometern. Ein Beobachter von einem anderen
Planeten müßte zwangsläufig zu dem Schluß
kommen, daß Kekse nur dann richtig schmecken, wenn man sie
mindestens über eine Strecke von tausend Kilometern
transportiert hat.
Was ist der Grund für eine solche
Handlungsweise? Geschäftsleute sind nicht dumm, und unter
bestimmten Voraussetzungen lohnt sich ein solches Vorgehen für
sie. Wie ist das möglich? Selbstverständlich wird
dergleichen dadurch erleichtert, daß billiges Öl
reichlich zur Verfügung steht – es steckt aber noch
mehr dahinter. Selbst so schlichte Artikel wie Kekse werden
beispielsweise in Flensburg und München in riesigen Fabriken
hergestellt, deren Gemeinkosten sehr hoch sind. Bei hohen
Gemeinkosten aber sind die Grenzkosten – die Kosten für
die letzte Kekspackung – äußerst niedrig, weil
die übrige Produktion bereits für alles andere
aufgekommen ist. Stellen Sie sich vor, Sie leiten eine
Privatschule. Die ersten fünfzig Schüler kommen für
die Lehrergehälter, die Gebäudekosten und dergleichen
auf, und der Inhaber verdient erst ab Schüler Nummer
einundfünfzig und zweiundfünfzig. Mithin machen die
Grenzkosten nur einen Bruchteil der Durchschnittskosten
aus.
Jetzt sagt beispielsweise der Fabrikant in Flensburg,
daß er zwar am Ort verkauft, was er verkaufen kann –
doch damit ist seine Kapazität nicht ausgelastet. Die
Grenzkosten für eine volle Kapazitätsauslastung sind
aber nur sehr gering. Also kann er seine Grenzerzeugnisse über
eine große Entfernung transportieren – beispielsweise
nach München. Selbst wenn die Transportkosten den größten
Teil der Differenz zwischen den Grenzkosten und den
Durchschnittskosten aufzehren, lohnt es sich für ihn,
solange dabei etwas übrigbleibt. Und er hat durchaus recht.
Nur daß der Produzent in München dasselbe denkt und
auch seine Kapazität voll auslasten will. Daher faßt
er den Flensburger Markt ins Visier. Während das Vorgehen
also vom Standpunkt des jeweiligen Herstellers in Flensburg und
München vernünftig ist, wird es völlig
unvernünftig, wenn man die beiden gemeinsam betrachtet.
Das
ist das Faszinierende an der Wirtschaftslehre: Es gibt eine
spezielle Unternehmenslogik, die mit Blick auf die Gesamtheit
sinnlos erscheint. Das macht den Gegenstand interessant. Mir geht
es hier aber darum, die Aufmerksamkeit auf eine Tatsache zu
lenken: All das ist auf die Massenerzeugung dieser Kekse
und den dazu erforderlichen großen Kapitaleinsatz
zurückzuführen. Solange bedingt durch die
Produktionsweise die Grenzkosten lediglich einen Bruchteil der
Durchschnittskosten ausmachen, wird es das beschriebene Phänomen
geben, auch bei höheren Transportkosten. Das ist einer der
Gründe, unter vielen anderen, warum ich zu dem Ergebnis
gekommen bin, daß auch eine Massenproduktion, bei der alles
aus einer Produktionsstätte kommt, auf das reichliche
Vorhandensein billigen Öls angewiesen ist und nur so lange
möglich ist, wie billiges Öl reichlich vorhanden
ist.
Was müßte an seine Stelle treten? Man
müßte sehen, ob nicht an die Stelle großer, sehr
komplexer und stark kapitalintensiver Produktionsanlagen kleinere
Einheiten treten könnten, die definitionsgemäß
auch nicht so komplex wären. Wir müßten aber
darüber hinaus versuchen, weit einfachere technische
Verfahren zu finden, die wiederum nicht solch riesige
Kapitalansammlungen bedingen würden.
Der sich daraus
ergebende Lebensstil wäre sehr viel anders. Wir
alle sind Opfer einer Gehirnwäsche, die aus dem neunzehnten
Jahrhundert stammt, als offenbar die technische Unreife so groß
war, daß man sagen konnte «je größer,
desto besser»: Nur im großen Maßstab können
auf Wachstum angelegte Wirtschaftssysteme gedeihen. Dabei ging es
aber um eine sehr wenig entwickelte Technik. Das ist jetzt nicht
mehr an dem. Heute verfügen wir über hinreichende
technische und wissenschaftliche Kenntnisse, um die Dinge wieder
klein machen zu können. Das ist kein theoretisches
Argument, man kann es durch Theorie weder widerlegen noch
stützen. Man muß einfach einige Leute dazu bringen,
die entsprechenden Entwürfe anzufertigen. Das mag nicht auf
allen Gebieten gelten: Ich bin nicht etwa der Ansicht, man könne
in einem kleinen Werk Düsenriesen in kleiner Stückzahl
bauen. Aber fangen wir doch einfach mit den Grundbedürfnissen
des Menschen an. Und da sehe ich nichts, nichts von dem, was der
Mensch letztlich braucht, das sich nicht mit sehr
einfachen Mitteln sehr wirksam und in leicht durchführbarer
Weise im kleinen Maßstab und mit einer stark vereinfachten
Technik herstellen ließe. Dabei ist außerdem ein sehr
geringer Kapitaleinsatz erforderlich, so daß all das auch
wirklich allen, also dem ‹kleinen Mann›, zugänglich
ist.
Wenn es, wie in den letzten hundert Jahren, einen
technischen Hang zum immer Größeren, immer Komplexeren
und immer Kapitalintensiveren gibt, werden selbstverständlich
immer mehr Menschen davon ausgeschlossen. Das Ganze ist
denjenigen vorbehalten, die bereits reich oder mächtig sind.
Haben aber die Reichen und Mächtigen dem ‹kleinen
Mann› eine Nische gelassen? Einige wollen nicht nach dem
ersten Gebot unserer Gesellschaft leben: «Du sollst dich
deiner Nische anpassen.»
Sie sagen, ich möchte
auf eigenen Füßen stehen. Ich kann etwas, bin nicht
dumm, habe geschickte Hände und möchte etwas tun –
und dann stellt sich heraus, daß das nicht geht, weil ihnen
die erforderlichen Geldmittel fehlen. Die Technik ist über
das menschliche Maß hinausgewachsen. Die Frage heißt
also: Können wir sie auf dieses Maß zurückführen?
Diese Frage aber läßt sich nicht durch theoretische
Erwägungen bejahen oder widerlegen, sondern nur durch
praktische Erfahrung.
Wir haben uns in einer Organisation,
der Intermediate Technology Development Group, zehn Jahre lang
mit dieser Frage beschäftigt. Und überall, wo wir es
versucht haben, haben wir festgestellt, jawohl, es ist
selbstverständlich durchaus möglich. Wenn wir
beispielsweise Zement herstellen wollen, können wir unter
Nutzung unseres Wissens den entsprechenden Entwurf machen und
eine Kleinstanlage bauen, obwohl in der Zementindustrie die
Entwicklung vom Kleinhersteller zu immer größeren
Anlagen gegangen ist, so daß es inzwischen Betriebe gibt,
die pro Jahr eine halbe Million Tonnen Zement herstellen. Und
statt einer gigantischen zentral gelegenen Fabrik mit einem
Ausstoß von einer halben Million Tonnen können wir
hundert Fabriken weit gestreut dort anlegen, wo die Rohstoffe zur
Verfügung stehen und wo der Bedarf ist, so daß jede
ein paar tausend Tonnen pro Jahr erzeugt. Das ist durchführbar,
und es geht auch bei Ziegelsteinen, bei Spanplatten – es
geht überall, wo wir es versucht haben. Es geht.
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