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Vandana Shiva mit Kartikey Shiva
Eine Erde für alle!
Einssein versus das 1 % — Aufstehen gegen die Monokultur von Wirtschaft und Weltsicht


Saarbrücken, 2021 (Neue Erde); 192 Seiten; ISBN 978-3-89060-797-9
Das englischen Original wurde unter dem Titel
Oneness vs. the 1 %: Shattering Illusions, Seeding Freedom erstmals 2018 von Women Unlimited, New Delhi, veröffentlicht.






Der Besitz unseres eigenen Saatguts durch Saatgutfreiheit, unserer eigenen Nahrung durch Lebensmittelfreiheit, unseres eigenen Verstandes und unserer Intelligenz durch geistige Freiheit, unserer eigenen Wirtschaft durch die Freiheit, ökologisch und lokal zu produzieren und zu konsumieren, das ist die »Barbarei«, die das 1 % auslöschen möchte. Aber dies sind auch die Freiheiten, für deren Verteidigung ich mich zusammen mit einer Reihe anderer sozialer Bewegungen einsetze. (Seite 64f)

Wird das „Endspiel“ für die Menschheit mit der Beherrschung durch die
eine Macht des großen Geldes enden? Oder wird es uns gelingen, durch unser Einssein – als eine Erdengemeinschaft, eine menschliche Familie – das „Betriebssystem“ von Beherrschung und Ausrottung abzuschalten, damit unser Potential zu Selbstorganisation und Kreativität uns in eine andere Zukunft führen kann? (Seite 8)

Dieses Buch ist ein Ausdruck der Hoffnung, verwurzelt im Einssein – in der Philosophie von
Vasudhaiva kutumbakam, der Eine-Erde-Familie. Es gründet auf der Hoffnung, die von unserem Potential ausgeht, Trennung und Spaltung zu überwinden, damit wir als eine Menschheit auf einem Planeten denken, handeln und leben. (Seite 12)


Vandana Shiva


ist eine weltbekannte Umweltaktivistin und eine führende Vertreterin des Internationalen Globalisierungsforums und der Slow-Food-Bewegung. Sie ist Direktorin von Navdanya un der Forschungsstiftung für Wissenschaft, Technologie und Ökologie sowie unermüdliche Verfechterin der Rechte von Bauern, Bäuerinnen und Frauen. Sie ist Autorin und Herausgeberin einer Reihe wichtiger Bücher. Sie hat über zwanzig internationale Auszeichnungen erhalten, darunter der Right Livelihood Award (1993).




Kartikey Shiva


ist Vandana Shivas Sohn – „ein Zertrümmerer von Illusionen, ein Erschaffer von Freiheit und ein Vertreter des Lichts“ – so stehts im Klappentext. Das klingt sehr entschlossen… Eine genauere Auskunft war auch vom Verlag nicht zu erhalten.


Inhaltsverzeichnis


Vorwort

Kapitel 1
Das 1 % gegen eine Erde, eine Menschheit
Vielfalt und unsere wechselseitig verwobenen Freiheiten
Das Leben ist selbstorganisiert, das Leben ist intelligent
Wir sind eine Erdenfamilie, wir sind miteinander verwoben
Das Imperium des 1 %: Separierung, Gewalt, Kolonialisierung, Ausbeutung, Ausrottung
   Separierung ist eine Illusion, ist Gewalt
Separierung, das mechanistische Denken und die mechanische Intelligenz

Kapitel 2
Die Geldmaschine des 1 %
Wie die Milliardäre aus Geld Geld machen und gleichzeitig unsere reale Welt und unser Leben kontrollieren
Glücksspiel im globalen Kasino bei gleichzeitiger Aneignung des Reichtums der Menschen: Die Geschichte von Buffett
Vanguard und die neue Armada der Investmentfonds: Wie das 1 % die Wirtschaft und die Großkonzerne kontrolliert

Kapitel 3
Die Technologiemaschine des 1 %
Wie die Raubritter und das Giftkartell unser tägliches Brot und unseren Planeten vergiftet haben
Genetischer Determinismus, genetischer Reduktionismus und Gentechnik
Gifthandel und Wissenschaftsbetrug, Diebstahl von Leben
Monsantos illegale Verbreitung von Roundup Ready Bt-Baumwolle
Roundup und die Ausbreitung von Krebs
Klimawandel, Big Data und digitale Landwirtschaft: die Zukunft der Landwirtschaft laut dem 1 %
Die neuen Raubritter und ihre digitalen Imperien
Die Vision von der einen Landwirtschaft, der einen Wissenschaft, der einen Monokultur, des einen Monopols
Golden Rice: Blindes Vorgehen, um Blindheit zu verhindern, ist keine Wissenschaft
Gates und sein expandierendes Patent-Imperium
   Biopiraterie von klimaresistenten Bauernsorten — Digitale Piraterie des Lebens: „Mining“ genetischer Daten mit DivSeek — Der Fall CRISPR
Bill Gates, Biodiversität, Genantrieb und neue GVO: vom Terminator zum Exterminator
Finanzmarkt-Kapitalismus, Patentierung und aufgezwungene Digitalisierung
Philanthropischer Kapitalismus
Eine Geschichte: eine Illusion, konstruiert von dem 1 %
   Schurkenstücke
Die Gates-Geschichte des 1 % ist keine allgemeingültige Geschichte

Kapitel 4
Wie das 1 % die Demokratie untergräbt
Swaraj – das Wiedererstehen der wirklichen Freiheit für alle Wesen
Swadeshi – das Wiedererstehen von echtem Wohlstand, echter Arbeit und Wohlbefinden
Satyagraha – das Wiedererstehen von echtem Widerstand, echter Demokratie
Die Zukunft säen, die Freiheit säen durch Erddemokratie

Epilog
Bill Gates‘ globale Agenda und wie wir uns seinem Krieg gegen das Leben widersetzen können

Endnoten


Leseproben


siehe: shop.neueerde.de/Neuerscheinungen/Eine-Erde-fuer-alle-Einssein-versus-das-1.html?listtype=search&searchparam=vandana%20shiva



mit Vorwort siehe: amazon.de > Blick ins Buch


Zitate


Seite 8ff: Die Vielfalt der Kulturen und Sprachen geht verloren – und mit ihnen unsere Vorstellungskraft. Soziale Gewalt und Spaltung sind überall zur Norm geworden, da sich die wirtschaftliche Polarisierung und die Ungleichheiten verschärfen. Alle Gesellschaften sind mit einer Demokratiekrise konfrontiert, denn Big Money reißt die repräsentative Demokratie an sich und benutzt Wahlen, um die Menschen durch Hass und Angst gegeneinander aufzubringen. Wahlen lenken das öffentliche Bewusstsein von den wahren Ursachen der Probleme ab und hindern uns, uns zu organisieren und aufzulehnen, um den Planeten zu schützen, unsere Gesellschaft wieder aufzubauen und unsere Demokratie und unsere Wirtschaft zurückzufordern.

Die Menschheit steht vor einem Abgrund. Wir wissen nicht, ob wir es schaffen werden, weiter zu bestehen und das Potential für unsere zukünftige Entwicklung auszuschöpfen. In ökologischer Hinsicht entsteht Unsicherheit, weil jeder Aspekt des vorherrschenden Denk- und Gesellschaftsmodells die Fähigkeit der Erde zerstört, unser Leben zu erhalten. Der Verfall und das Aussterben unzähliger Spezies, die Zerstörung von Böden und Wasserressourcen sowie das Klimachaos zerrütten die Grundbedingungen dafür, weiterhin als Glieder der Erdengemeinschaft existieren zu können. Aber das ausbeuterische Modell von wirtschaftlicher „Entwicklung“ und „Wachstum“, die Kontrolle durch Konzerne und die von Gier getriebene Wirtschaft zerstören nicht nur die Natur, sondern auch unser Menschsein: die menschliche Fähigkeit zu Solidarität und Mitgefühl und die Fähigkeit, füreinander zu sorgen.

Durch die Illusionen und Gedankenmuster, die die Mächtigen geschaffen und dem Rest der Welt auferlegt haben – insbesondere in den letzten zwei Jahrhunderten des Aufstiegs des an fossilen Brennstoffen beruhenden Industrialismus und des mechanistischen, reduktionistischen Denkens –, verlieren wir unsere Fähigkeit, das Leben nicht nur ökologisch, sondern auch sozial als Gemeinschaft aufrechtzuerhalten. Entwurzelung, Enteignung und Flüchtlingsströme sind die Schattenseiten des illusionären Modells des grenzenlosen Wachstums auf einem Planeten mit ökologischen Grenzen, die Schattenseiten der Ausübung grenzenloser Macht durch die Mächtigen: durch künstliche Raster, die aus Kategorien und entsprechenden Narrativen bestehen.

Aber es ist nicht unmöglich, vom Abgrund zurückzutreten und dem Aussterben zu entgehen. Wir können uns von der mechanistischen Welt der künstlichen Konstrukte abwenden und von den Mächten und Paradigmen befreien, die uns dort hingetrieben haben. Wir können erkennen, dass wir Mitglieder der Erdengemeinschaft sind; dass die Erde das Potential und eine erstaunliche Fähigkeit zur Regeneration und Erneuerung besitzt; und da wir Teil der Erde und nicht von ihr getrennt sind, teilen wir diese Fähigkeit und dieses Potential mit ihr. Ein Bewusstsein für unsere Macht, „selbst der Wandel zu sein, den wir sehen wollen“, wie Gandhi sagte, bildet die Grundlage für die Kultivierung von Hoffnung, Liebe und Mitgefühl in diesen Zeiten der Verzweiflung, der Angst und des Hasses.


Seite 82f: Im Zeitalter der fossilen Brennstoffe im industriellen Kapitalismus und im Zeltalter der „digitalen Daten“ werden Daten zum neuen Öl, zum neuen Schmiermittel der Geldmaschine. Technologie ist heute mehr als nur ein Werkzeug. Sie ist ein Instrument der Macht und Kontrolle, das Mittel, um ein falsches Narrativ unserer Beziehung zur natürlichen Welt und zur Gesellschaft zu konstruieren. Diese Erzählung unterschlägt die Kreativität und Produktivität der Natur und den Beitrag der kolonialisierten Frauen, Arbeitssklaven, Arbeiter und Bauern. Abgesehen davon, dass die Bedeutung von Technologie auf gewalttätige industrielle Werkzeuge beschränkt wird, kehrt der technologische Fundamentalismus das Verhältnis von Mittel und Zweck um. Anstatt ein Mittel zum Erreichen höherer ökologischer, ethischer, sozialer und menschlicher Ziele zu sein, wird der Einsatz und die Nutzung industrieller Technologien zu einem Selbstzweck, zu einer neuen Religion. Industrielle Landwirtschaft und Gentechnik wurden zu einer Religion erhoben, anstatt ein Werkzeug sein, das zunächst einer Beurteilung bedarf, um sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Sie wird den „Barbaren“, die ökologische Landwirtschaft praktizieren, als zivilisatorische Missionen aufgezwungen. Anstatt zuerst – nach ökologischen und sozialen Kriterien – mit anderen möglichen Werkzeugen zu vergleichen, werden jene, die eine wissenschaftliche Bewertung der Technologie fordern, als „wissenschaftsfeindlich“ bezeichnet. Ein solcher Diskurs entspringt religiösem Fundamentalismus, nicht einer rationalen wissenschaftlichen Debatte.

Der mit den Technologien verbundene Reduktionismus spiegelt sich auch in der Reduktion der Menschen wider: 99 Prozent von ihnen verlieren ihre wirtschaftliche Sicherheit; ihre vielfältigen Fähigkeiten, Denkweisen, Potentiale und Intelligenzen werden auf die Verwaltung digitaler Daten reduziert; und Menschen enden als Anhängsel von Maschinen und Technologien.


Seite 117f: Bill Gates gilt als einzigartig: wegen seiner Stiftung, die laut Forbes der reichste Geldgeber der Welt ist, wegen seines Vermögens von 43,5 Milliarden Dollar und seines unverhältnismäßig großen Einflusses auf die Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Gesundheitspolitik weltweit. Durch sein Modell des philanthropischen Kapitalismus nutzt Gates die Macht seines Geldes, eine Macht, über die er niemandem Rechenschaft schuldet. Er umgeht demokratische Strukturen, hebelt verfügbare Alternativen aus und drückt seine totalitären Ideen durch – auf der Grundlage von: eine Wissenschaft, eine Landwirtschaft, eine Geschichte. So will er die Zukunft seiner Vision gemäß gestalten. Doch genau durch diese sogenannte Philanthropie errichtet Gates neue Kolonien. Die Financial Times schreibt: „Mit nur einem Federstrich in seinem Scheckbuch hat Gates inzwischen wahrscheinlich die Macht, das Leben und das Wohlergehen von einer größeren Zahl seiner Mitmenschen zu beeinflussen als jede andere Privatperson in der Geschichte.“ Gates ist Papst, König oder Königin und Eroberer in einem. Seine Erlasse prägen jeden Bereich – Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft, Wirtschaft und Finanzen. Der fundamentalistische Glaube, den er aufzwingt, ist die Anbetung der Instrumente, über die er durch Patente verfügt.


Seite 130f: Bill Gates hat ein äußerst begrenztes Vokabular – „Innovation“, „Technologie“ und „Investitionen“. Es verrät, wie seine Vorstellungskraft von Macht und Kontrolle, von Geld und Technologie geprägt ist. – In Bill Gates‘ Universalgeschichte kommen Ökologie und Ökosysteme nicht vor. Es existiert nur ein Projekt: das zur Beherrschung und Kontrolle durch Gentechnik, die auf Reduktionismus beruht, sowie auf Geo-Engineering und der Konstruktion von Geschichte. (…)

Unsere Zukunft und unsere Freiheiten beruhen auf unseren unterschiedlichen Geschichten. Die Kolonialisierung durch das 1 % beruht auf der Auslöschung unserer jeweiligen Geschichte, unseres kollektiven Gedächtnisses, unserer Vorstellungskraft, aus denen unsere Bestrebungen und Handlungen erwachsen. Menschen auf der ganzen Welt schreiben eine neue Geschichte, sie erkennen die Brutalität der alten und neuen Kolonialisierung, erkunden neue Wege, um das Lokale mit dem Planetaren zu verbinden; sie verbinden die vielen Schöpfungsgeschichten unserer unterschiedlichen Kulturen miteinander und verbinden unsere Kreativität und Intelligenz mit der Kreativität und Intelligenz aller anderen Lebewesen. Es ist die im Entstehen begriffene Geschichte einer Menschheit auf einem Planeten, die sich weigert, sich kolonialisieren zu lassen, die sich entschlossen für die Verteidigung unserer vielfältigen miteinander verbundenen Freiheiten einsetzt.


Seite 165f: Wir durchleben die jüngste Phase eines epischen Kampfes, der die Menschheitsgeschichte im Laufe der Jahrhunderte geprägt hat: zwischen der Macht von Herrschaft, Zerstörung und Besitz und der gewaltlosen Macht von Ko-Kreation, Kooperation und Ko-Evolution. Die Macht von Gewalt und Zerstörung entspringt der Trennung – von der Natur und von einander. Unsere gewaltlose Macht entspringt Verbundenheit und Einheit. Aus diesem Grund säen wir eine Alternative, die auf Intelligenz und Wissenschaft, Verantwortung und Bewusstsein, Fürsorge und Mitgefühlberuht: Saat für Saat, Bauer für Bauer, Teller für Teller. Und in diesem Prozess gedeihen mehr Arten, gibt es mehr Nahrung und eine Regeneration unserer biologischen Vielfalt, unseres Bodens und unseres Wassers. Das Potential für einen gesünderen Planeten und eine gesündere Gesellschaft mit mehr Wissen für mehr Menschen und mit einer Erddemokratie, die auf der Intelligenz allen sich entwickelnden Lebens beruht, liegt vor uns und ist real. Sie läutet das Wiedererstehen des Realen ein.


Siehe auch


Presseerklärung des Verlags (www.openpr.de)



Vandana Shiva: Erd-Demokratie – Alternativen zur neoliberalen Globalisierung (2006)



Vandana Shiva: Leben ohne Erdöl – Eine Wirtschaft von unten gegen die Krise von oben (2009)