langelieder > Bücherliste > Vandana Shiva 2006




Vandana Shiva
Erd-Demokratie

Alternativen zur neoliberalen Globalisierung


Zürich 2006 (Rotpunktverlag); 292 Seiten; ISBN-10: 3858693278, ISBN-13: 978-3858693273






Als der koreanische Bauer Lee Kyung Hae sich 2003 am WTO-Ministertreffen von Cancún vor den Augen der Konferenzteilnehmer erstach, trug er ein Schild mit der Aufschrift »Die WTO tötet Bauern«. Sein Suizid ist lediglich der sichtbarste unter Zehntausenden: In Indien etwa sind allein im letzten Jahrzehnt 30 000 Bauern durch die Globalisierungspolitik getötet worden. Die wirtschaftsorientierten Handelsregeln der WTO entziehen den Kleinbauern auf der ganzen Welt die Existenzgrundlage und treiben sie in die Verzweiflung. Die indische Ökofeministin und Trägerin des Alternativen Friedensnobelpreises Vandana Shiva nennt ihre Vision einer gerechten Weltordnung »Erd-Demokratie«: eine Demokratie, die lokal und regional verankert ist – aber auf zentralen, universell gültigen Werten gründet. Eine Demokratie, die niemanden ausschließt von der Teilhabe an den Schätzen der Natur. Eine weltumspannende Demokratie, in der nicht die Interessen der Wirtschaft, sondern die Menschen und der nachhaltige Umgang mit der Natur im Zentrum stehen. Das Buch ist die Quintessenz der jahrelangen Forschungsarbeit Vandana Shivas zu ökologischen, gesellschaftlichen und politischen Themen – mit der »Erd-Demokratie« vereint sie ihre Einsichten in einer großen Leitidee.


Vandana Shiva


Prof. Dr., geboren 1952 in Indien, Physikerin und Philosophin, zählt zu den herausragenden Denkerinnen unserer Zeit, wenn es um die Themen Umwelt, Frauenrechte und dezentralisierte Ökonomie geht. Im Laufe ihrer Arbeit hat sie den Begriff des »Ökofeminismus« geprägt: »Frauen und Natur wurden durch die industrielle Revolution auf ihre Rolle als Lieferanten von menschlichem und natürlichem Rohmaterial reduziert.« Daneben gilt ihr Engagement insbesondere dem Kampf um Biodiversität und gegen Biopatente. 1982 gründete sie die Research Foundation for Science, Technology and Ecology. Sie berät die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisationen der Vereinten Nationen (FAO) und ist Mitglied des Third World Networks. Die von Vandana Shiva ins Leben gerufene Organisation »Navdanja« (neun Saaten) gilt als Pionier einer Bewegung zur Sicherung von Saatgut traditioneller Nahrungspflanzen. Vandana Shiva ist Mitglied des Club of Rome, des Exekutivkomitees des Weltzukunftrates und Vizepräsidention von Slow Food International. Ihr Wirken als Wissenschaftlerin und Aktivistin wurde durch verschiedene Preise gewürdigt, u.a. den Alternativen Nobelpreis (1993), den Global 500 Award des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen und zuletzt den Save the World Award (2009). 2010 wurde ihr der Sydney Peace Prize verliehen. – Im Rotpunktverlag erschienen: Der Kampf um das blaue Gold. Ursachen und Folgen der Wasserverknappung (2003), Geraubte Ernte. Biodiversität und Ernährungspolitik (2004); Erd-Demokratie. Alternativen zur neoliberalen Globalisierung (2006), Leben ohne Erdöl. Eine Wirtschaft von unten gegen die Krise von oben (2009).


Inhaltsverzeichnis


Einleitung – Die Erde gehört nicht dem Menschen




Die zehn Prinzipien der Erd-Demokratie





Alle Spezies, Völker und Kulturen haben einen inneren Wert – Die Erdgemeinschaft ist eine Demokratie allen Lebens – In Natur und Kultur muss Diversität verteidigt werden – Alle Lebewesen haben ein natürliches Recht auf Lebensunterhalt – Erd-Demokratie basiert auf lebendigen Ökonomien und auf wirtschaftlicher Demokratie – Lebendige Ökonomien bauen auf lokale Wirtschaft – Erd-Demokratie ist eine lebendige Demokratie – Erd-Demokratie basiert auf lebendigen Kulturen – Lebendige Kulturen nähren das Leben – Erd-Demokratie globalisiert Frieden, Fürsorglichkeit und Solidarität








1. Lebendige Wirtschaft




Die drei Wirtschaftsmodelle





Die Naturwirtschaft – Die Bedarfswirtschaft – Markt und Märkte – Die Herrschaft des Marktes




Vom Gemeingut zur Ware





Terra nullius – Die Einhegung der Allmende – Kolonialismus als Einhegung – Die Geburt der Konzerne – Die Wirtschaftsglobalisierung – Wachstum und Effizienz des Marktes – Globalisierte Agrikultur – Die Mär von der billigen Nahrung




Aktuelle Einhegungen





Das Recht an geistigem Eigentum – Die Privatisierung des Wassers – »Übergriffe« und Einhegungen – Verlust der Arbeitssicherheit




Die Blindheit des Marktes





»Fortschritt« statt Nachhaltigkeit – Kapitalakkumulation statt Stabilität – Die falsche Tragik der Allmende – Mythos Überbevölkerung




Eine Wirtschaft für alle





Gerechtigkeit und Stabilität – Die Lokalisierung der Wirtschaft – Die Regulierung des Marktes – Stärkung der Existenzgrundlagen




Lebendige Wirtschaft in der Praxis





Die Chipko-Frauen – Navdanya: eine lebendige Nahrungswirtschaft – Lijjad Papad: eine Frauenwirtschaft – Dabbawalas: die Würde der Arbeit – Der Kreis des Lebens






2. Lebendige Demokratie




Die Demokratie neu erfinden





Die Krise der Demokratie – Sieg in Cancún – Der freie Markt und der Fundamentalismus




Das Lokale und das Globale neu definieren





Die Gesellschaft, der Staat und die Konzerne – Von der Ausgrenzung zur Integration – Lokalisierung heißt nicht Abschottung – Protektionismus von unten




Vielfalt und Freiheit





Saatgut als Menschenrecht – Im Alltag beginnen




Biodiversität statt Monokultur





Giftige Verschmutzung – Schwindende Wasserressourcen – Bodenerosion und Bodenfruchtbarkeit – Treibhausgase und Klimawechsel – Biologischer Anbau ist ökologisch und wirtschaftlich




Demokratie für alle






3. Lebendige Kultur




Von Kulturen des Todes zu Kulturen des Lebens





Die Monokultur des Denkens – Ahimsa: eine Kultur der Gewaltlosigkeit




Globalisierung und Kulturkriege





Der Krieg gegen die Bauern – Globalisierung als Genozid – Agroexport und Auftragslandwirtschaft




Der Krieg gegen die Frauen





Handel versus Naturwirtschaft – Globalisierung und Gender – Religiöser Fundamentalismus und Marktfundamentalismus – Fetozid: wenn Frauen verschwinden – Wächterinnen über Leben und Zukunft – Erklärung gegenseitiger Abhängigkeit








4. Erd-Demokratie in Aktion




Bija Swaraj: die Demokratie allen Lebens





Basmati-Biopiraterie – Bija Satyaghara: ziviler Ungehorsam




Anna Swaraj: Nahrungsdemokratie





Ein Gesetz für den Nahrungsfaschismus – Vielfältige Gesetze für eine vielfältige Nahrungswirtschaft – Das Recht auf Information – Terra Madre: Ein Fest der lebendigen Wirtschaft – Ein anderes Paradigma für Nahrung – Nahrungsdemokratie




Jal Swaraj: Wasserdemokratie





Frauen gegen Coca-Cola – Die Erklärung von Plachimada – Wasserdemokratie in Delhi schaffen – Bürgerfront für Wasserdemokratie – Flussumleitung: das Traumprojekt der Wasserpiraten – Der Himalaja-Teil – Der Halbinsel-Teil




Die Freiheit zu leben








Literatur


Leseprobe


Einleitung
Die Erde gehört nicht dem Menschen






Erd-Demokratie ist sowohl eine uralte Weltanschauung als auch eine neu entstehende politische Bewegung für Frieden, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit: Erd-Demokratie verbindet das Besondere mit dem Allgemeinen, das Verschiedenartige mit dem, was wir alle gemein haben, und das Lokale mit dem Globalen. Sie beinhaltet das, was wir in Indien vasudhaiva kutumbkam (»Erdfamille«) nennen – die Gemeinschaft aller Lebewesen, die von der Erde getragen und genährt werden. Seit je haben die amerikanischen Ureinwohner und die indigenen Kulturen auf der ganzen Welt das Leben als ein Kontinuum zwischen Menschen und anderen Spezies sowie zwischen gegenwärtigen, vergangenen und zukünftigen Generationen erlebt und verstanden. Eine Rede aus dem 19. Jahrhundert, welche Häuptling Seattle zugeschrieben wird, beschreibt das Kontinuum des Lebens so: »Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen – oder die Wärme der Erde? Diese Vorstellung ist uns fremd. Wenn wir die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers nicht besitzen – wie könnt ihr sie von uns kaufen? Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig, jede glänzende Tannennadel, jeder sandige Strand, jeder Nebel in den dunklen Wäldern, jede Lichtung, jedes summende Insekt ist heilig in den Gedanken und Erfahrungen meines Volkes. Der Saft, der in den Bäumen steigt, trägt die Erinnerung des roten Mannes. [...] Denn das wissen wir, die Erde gehört nicht den Menschen, der Mensch gehört zur Erde – das wissen wir: Alles ist miteinander verbunden, wie das Blut, das eine Familie vereint. Alles ist verbunden.« (Seattle 1997, 8-26)

Erd-Demokratie steht für das Bewusstsein dieser Verbindungen und der Rechte und Pflichten, welche daraus erwachsen. Häuptling Seattles Protest – »die Erde gehört nicht dem Menschen« – findet Widerhall in der ganzen Welt, wenn Menschen sich gegen die Vermarktung ihrer Nahrung, ihres Wassers, ihres Saatgutes und ihrer Diversität wehren. Dieser Widerstand gegen die Privatisierung im Namen der unsinnigen Ideologie, die sich Wirtschaftsglobalisierung nennt, ist ein Grundstein der Erd-Demokratie. Die Wirtschaftsglobalisierer sehen die Welt als etwas, das man besitzen kann, und nutzen den Markt als reine Profitmaschine. Demgegenüber beschlossen 1993 in Bangalore eine halbe Million indischer Bauern, sich der Klassifikation von Saatgut als Privateigentum zu widersetzen, welche von den TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) verlangt wurde, dem Abkommen der Welthandelsorganisation WTO über handelsbezogene Rechte an geistigem Eigentum. 1993 in Seattle und 2003 in Cancún stoppten Proteste die Ministertreffen der Welthandelsorganisation. Millionen von Menschen haben kreativ, fantasievoll und mutig auf die Pläne der Wirtschaftsglobalisierer reagiert, weil sie die Erde als Familie sehen, als Gemeinschaft aller Lebewesen und als Gemeinschaft von Menschen aller Hautfarben, Glauben, Klassen und Länder.

Global operierende Konzerne wollen sich die Welt als Privatbesitz aneignen. Im Gegensatz dazu verteidigen soziale Bewegungen auf lokalem wie globalem Niveau den Planeten als Gemeingut. Privatunternehmen verstehen die Welt als globalen Supermarkt , in dem Güter und Dienstleistungen mit hohen – aber externallsierten – ökologischen, sozialen und ökonomischen Kosten produziert und zu lächerlich tiefen Preisen verkauft werden. Im Gegensatz dazu wehren sich Kulturen und Gemeinschaften überall gegen die Zerstörung ihrer biologischen und kulturellen Diversität, ihrer Lebensweisen und ihres Lebensunterhaltes. Die selbstmörderische globalisierte freie Marktwirtschaft beutet die lebenswichtigen Ressourcen der Erde aus. Sie übernutzt und verschmutzt die Umwelt und marginalisiert Millionen von Bäuerinnen, Handwerkern und Arbeitern. Im Gegenzug verteidigen und entwickeln viele Gemeinschaften resolut eine lebendige Wirtschaft, welche das Leben auf dieser Erde schützt und der Kreativität förderlich ist.

Die Globalisierung der Wirtschaft bedingt neue Einhegungen der Allmende; Zäune und Mauern, welche Menschen ausgrenzen, wo nötig mit Gewalt. Statt einer Kultur der Fülle schafft die profitgetriebene Globalisierung eine Kultur des Ausschlusses, der Enteignung und der Knappheit. Wenn die Globalisierung alle Lebewesen und Ressourcen in Waren verwandelt, besetzt sie in Wirklichkeit die ökologischen, kulturellen, ökonomischen und politischen Räume, auf die alle einen Anspruch haben. Das »Eigentum« der Reichen ist in der Enteignung der Armen begründet – es sind die gemeinschaftlichen, öffentlichen Ressourcen der Armen, die privatisiert, und die Armen selbst, die wirtschaftlich, politisch und kulturell enteignet werden.

Patente auf Leben und die Rhetorik der »Eigentümer-Gesellschaft«
(ownership society), in welcher alles – Wasser, Biodiversität, Zellen, Gene, Tiere, Pflanzen – zum Besitz wird, sind Ausdruck einer Weltsicht, in der Lebensformen keinen inneren Wert und keinen eigenen Status haben. Es ist eine Weltsicht, in welcher das Recht der Bauern zu säen, das Recht der Patienten auf erschwingliche Medizin und das Recht der Produzenten auf einen fairen Anteil an den Naturressourcen ohne weiteres verletzt werden können. Der Begriff »Eigentümer-Gesellschaft« beschönigt die lebensfeindliche Philosophie derer, die – auch wenn sie »ja zum Leben!« schreien – alle Gaben dieser Erde und alle menschliche Kreativität zu kontrollieren und zu monopolisieren suchen. Die Einhegungen der Allmenden, welche in England begannen, haben Millionen von überflüssigen Menschen geschaffen. Während mit diesen ersten Einzäunungen bloß Land gestohlen wurde, werden heute alle Aspekte des Lebens eingehegt – Wissen, Kultur, Wasser, Biodiversität und öffentliche Dienste wie das Gesundheits- und das Bildungswesen. Dabei sind Gemeingüter der höchste Ausdruck einer ökonomischen Demokratie.

Die Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen und die Monetarisierung und Kommerzialisierung der lebenswichtigen Netze der Armen ist ein doppelter Diebstahl, welcher die Menschen sowohl ihrer wirtschaftlichen wie auch ihrer kulturellen Sicherheit beraubt. Millionen, die ihre sichere Existenz und ihre Identität verlieren, werden in die Arme von extremen, terroristischen und fundamentalistischen Bewegungen getrieben. Diese Bewegungen identifizieren den anderen als Feind und konstruieren gleichzeitig exklusive, abschottende Identitäten, um sich von denen abzugrenzen, mit denen sie in Wirklichkeit ökologisch, kulturell und ökonomisch verbunden sind. Diese falschen Abspaltungen bewirken ein feindseliges und gleichsam kannibalistisches Verhalten. Der Aufstieg des Extremismus und Terrorismus ist eine Antwort auf die Grenzziehungen und die wirtschaftliche Kolonisation im Rahmen der Globalisierung. Unter agroindustriell gehaltenen Tieren hört der Kannibalismus auf, sobald Hühner und Schweine ins Freie gelassen werden. Auch Terrorismus, Extremismus, ethnische Säuberungen und religiöse Intoleranz sind unnatürliche Zustände, verursacht durch die Globalisierung; sie haben keinen Platz in der Erd-Demokratie.

Einhegungen schaffen Ausgrenzungen, und ebendiese Ausgrenzungen machen die versteckten Kosten der Wirtschaftsglobalisierung aus. Unsere erfolgreichen Bewegungen gegen die Biopiraterie von Neem, Basmati und Weizen hatten alle ein Ziel: Wir verlangten unser kollektives biologisches und intellektuelles Erbe als Gemeingut zurück. Bewegungen wie der schließlich siegreiche Kampf, den ein paar einheimische Frauen zunächst in einem winzigen Weiler namens Plachimada im indischen Staat Kerala gegen einen der weltgrößten Konzerne, Coca-Cola, aufgenommen hatten, bilden den Kern der entstehenden Erd-Demokratie.

Neue handelsbezogene Rechte des geistigen Eigentums stecken heute die biologischen, intellektuellen und digitalen Allmenden ab. Die Privatisierung schränkt beispielsweise Wasserrechte ein. Die Einhegung jedes dieser Allgemeingüter vertreibt und entrechtet Menschen. Für die meisten bedeutet das Mangel und Entbehrung. Bloß ein paar wenigen bringt es »Wachstum«. Aus marginalisierten Menschen werden überflüssige; in der schlimmsten Form führt die herbeigeführte Knappheit von lebenswichtigen Gütern zur Aberkennung der Existenzberechtigung selbst. Wenn der Gebrauch von genetisch modifiziertem Saatgut und die Praxis der geschlechtsbedingten Abtreibungen zunehmen, verschwinden ganze Gruppen von Menschen – zuerst die Frauen und Kleinbauern. Das Ausmaß und die Geschwindigkeit dieses Verschwindens sind proportional zum »ökonomischen Wachstum« unter dem Diktat der neoliberalen Wirtschaftsglobalisierung.

Auf den Straßen von Seattle und Cancún, in Häusern und auf Höfen der ganzen Welt wird in diesem Moment eine ganz andere menschliche Zukunft geboren. Eine Zukunft, die auf Einbezug, nicht auf Ausgrenzung basiert; auf Gewaltlosigkeit, nicht auf Gewalt; auf der Rückeroberung der Allmenden, nicht auf ihrer fortschreitenden Einhegung; darauf, dass wir die Schätze der Erde freigiebig teilen und sie nicht monopolisieren und privatisieren. Weltentwürfe wie das militaristische rechtskonservative »Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert« (Project for the New American Century) werden von engstirnigen Menschen hinter geschlossenen Türen ausgebrütet. Demgegenüber entfaltet sich das Volksprojekt, das ich Erd-Demokratie nenne, in einer Atmosphäre des Dialogs und der Vielfalt, des Pluralismus und der Partnerschaft, des Teilens und der Solidarität. Dank unseren Fähigkeiten zur Selbstverwaltung, unserer mannigfachen Verbundenheit mit der Erde und unserer Vielzahl und Vielfalt betrifft der Erfolg der Erd-Demokratie nicht bloß das Schicksal und Wohlergehen aller Menschen, sondern aller Lebewesen überhaupt. Erd-Demokratie handelt nicht bloß vom nächsten Protest oder vom nächsten World Social Forum; es geht auch darum, was wir in der Zwischenzeit tun. Erd-Demokratie spricht das Globale in unserem Alltag und in unserer alltäglichen Wirklichkeit an und schafft globalen Wandel, durch lokale Veränderungen. Diese Eingriffe mögen klein scheinen, aber ihr Einfluss ist weit reichend – sie betreffen die Evolution der Natur und unser menschliches Potenzial. Mit diesen Veränderungen brechen wir den Teufelskreis der Gewalt, in dem eine selbstmörderische Gesellschaft, eine selbstmörderische Wirtschaft und eine selbstmörderische Politik sich gegenseitig füttern. Erd-Demokratie führt uns hin zu einem positiven Kreis der kreativen Gewaltlosigkeit, in welchem eine lebendige Kultur eine lebendige Demokratie und eine lebendige Wirtschaft nährt.

Erd-Demokratie ist nicht nur ein theoretisches Konzept, sie ist geformt durch die vielen und verschiedenartigen Tätigkeiten der Menschen, die ihre Allmenden zurückfordern, die ihre Ressourcen, ihre Lebensgrundlage, ihre Freiheiten, ihre Würde, ihre Identität und ihren Frieden wiederhaben wollen. Diese Tätigkeiten, Bewegungen und Aktionen sind facettenreich und vielfältig. In diesem Buch schreibe ich über Gruppen, welche Idee und Praxis einer lebendigen Demokratie, einer lebendigen Kultur und einer lebendigen Wirtschaft beispielhaft umsetzen können. Wirtschaft, Politik und Kultur sind nicht voneinander zu trennen. Die Wirtschaftsformen, mittels deren wir Güter und Dienstleistungen produzieren und handeln, werden durch kulturelle Werte und die Machtverteilung in der Gesellschaft beeinflusst. Die Entstehung von lebendigen Ökonomien, lebendigen Kulturen und lebendigen Demokratien ist deshalb ein synergetischer Prozess.

Eine lebendige Wirtschaft umfasst die Prozesse und Räume, in denen die Ressourcen der Erde gerecht verteilt werden, damit unser Grundbedarf an Nahrung und Wasser gedeckt werden kann und sinnvolles Leben möglich ist. Erd-Demokratie entsteht aus dem Bewusstsein, dass wir zwar lokal verwurzelt sind, aber auch verbunden sind mit der ganzen Welt, ja eigentlich mit dem gesamten Universum. Wir gründen unsere Globalisierung auf ökologische Vorgänge und auf Gefühle der Anteilnahme und der Solidarität, nicht auf die Bewegung des Kapitals und die Finanzwirtschaft oder auf das unnötige Hin und Her von Gütern und Dienstleistungen. Eine globale Wirtschaft, welche die ökologischen Grenzen respektiert, muss unbedingt die Produktion lokalisieren, um die Vergeudung sowohl von natürlichen Ressourcen wie auch von Menschen zu reduzieren. Und nur Ökonomien, die auf ökologischen Grundlagen basieren, können lebendige Ökonomien werden, die Nachhaltigkeit und Wohlstand für alle sichern. Unsere Vorstellung einer lebendigen Wirtschaft ist nicht auf die kurzfristige Perspektive der wirtschaftlichen Vierteljahresbilanzen oder auf die Vier- oder Fünfjahrespläne der Politiker ausgerichtet. Wir berücksichtigen das evolutionäre Potenzial allen Lebens auf der Erde und betten das Gemeinwohl von uns Menschen in unser Zuhause im engeren Sinn, aber auch in unsere Gemeinde und in die ganze Erdfamilie ein. Ökologische Sicherheit ist unsere elementarste Sicherheit; ökologische Verbindungen formen unsere grundlegendste ldentität. Wir sind die Nahrung, die wir essen, das Wasser, das wir trinken, die Luft, die wir atmen. Wenn wir Freiheit wollen, ist es lebenswichtig, die demokratische Kontrolle über Nahrung, Wasser und unser ganzes ökologisches Überleben zurückzuerlangen.

Eine lebendige Demokratie ist der Ort, an dem wir unsere grundlegenden Freiheiten zurückfordern, unsere Grundrechte verteidigen, unsere gemeinsamen Verantwortlichkeiten und Pflichten zum Schutz von Leben und Erde ausüben, Frieden schaffen und Gerechtigkeit vorantreiben. Die Wirtschaftsglobalisierung versprach, dass die freien Märkte Demokratie verbreiten würden. Doch die freien Märkte der globalen Unternehmen haben im Gegenteil auf allen Ebenen Demokratie zerstört. Schon auf dem grundlegendsten Niveau zerstört die Wirtschaftsglobalisierung die Basisdemokratie durch Eingrenzung und Schmälerung des Gemeingutes. Die Regeln der Globalisierung selbst, ob durch die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds IWF oder durch die Welthandelsorganisation WTO verhängt, sind in jedem Fall undemokratisch und ohne Beteiligung der am meisten betroffenen Länder und Gemeinden aufgestellt worden. Die Wirtschaftsglobalisierung unterläuft und untergräbt die nationalen demokratischen Prozesse, indem sie wirtschaftliche Entscheidungen aus dem Einflussbereich von Parlamenten und von Bürgerinnen und Bürgern entfernt. Welche Regierung auch immer gewählt wird, sie ist an eine Reihe von neoliberalen Reformen gebunden. Die Wirtschaftsglobalisierung ist der Tod der wirtschaftlichen Demokratie. Sie bietet Hand zu unternehmerischer Kontrolle und wirtschaftlicher Diktatur.

Wenn dieses Diktat der Wirtschaft der bloß repräsentativen Wahldemokratie aufgepfropft wird, entsteht eine giftige Mischung aus religiösem Fundamentalismus und Rechtsextremismus. Die Wirtschaftsglobalisierung führt also nicht bloß zum Tod der Demokratie, sondern auch zu einer Demokratie des Todes, in welcher Ausgrenzung, Hass und Angst zum bevorzugten politischen Mittel werden, um Stimmen und Macht zu mobilisieren.

Erd-Demokratie befähigt uns, lebendige Demokratien zu sehen und zu schaffen. Eine lebendige Demokratie ermöglicht das demokratische Mitspracherecht in allen lebenswichtigen Fragen – wir alle bestimmen über die Nahrung, die wir essen oder zu der wir keinen Zugang haben; über das Wasser, das wir trinken oder das uns durch Privatisierung oder wegen Verschmutzung vorenthalten wird; über die Luft, die wir atmen oder durch die wir vergiftet werden. Eine lebendige Demokratie gründet sich auf dem inneren Wert aller Arten, aller Völker und aller Kulturen, auf dem gerechten und ebenbürtigen Teilen der lebenswichtigen Ressourcen der Erde und in der Mitsprache über die Verwendung der Erd-Ressourcen.

Eine lebendige Kultur ist der Raum, in welchem wir unsere verschiedenen Wertvorstellungen, Glaubensrichtungen, Bräuche und Traditionen entwickeln und leben, während wir unsere gemeinsame universale Menschlichkeit und unsere Verbundenheit mit anderen Spezies durch Erde, Wasser und Luft bereitwillig annehmen. Lebendige Kulturen basieren auf Gewaltlosigkeit und Mitgefühl, Vielfalt und Pluralismus, Gleichstellung und Gerechtigkeit sowie Respekt für das Leben in all seinen Erscheinungsformen.

Eine lebendige Kultur, welche sich aus einer lebendigen Wirtschaft entwickelt, hat für verschiedene Spezies, Religionen, Geschlechter und Ethnien Platz. Lebendige Kulturen wachsen aus der Erde. Sie entstehen an ganz bestimmten Orten und in ganz bestimmten Umgebungen. Und doch verbinden sie gleichzeitig die ganze Menschheit durch die Gewissheit, dass wir Mitglieder der einen Erdfamilie sind. Eine lebendige Kultur basiert auf der Erd-Identität. Wir finden diese in der konkreten Wirklichkeit unseres Alltagslebens – da, wo wir arbeiten, spielen, schlafen, essen, lachen oder weinen –, aber auch in den Prozessen, die uns global betreffen.

Alle Dinge sind verbunden“, sagt uns Häuptling Seattle. Wir sind lokal und global mit der Erde verbunden. Auf dem Fundament der Erd-Identität schafft eine lebendige Kultur die Möglichkeit, die menschliche Aktivität wieder in die ökologischen Prozesse und Grenzen der Erde zu integrieren. Wenn wir uns daran erinnern, dass wir Kinder und Bürger der Erde sind, können wir unsere gemeinsame Menschlichkeit wiedererlangen und die Barrieren aus Intoleranz, Hass und Angst überwinden, welche durch die Brüche, die Polarisierung und die Grenzziehungen im Zuge der Wirtschaftsglobalisierung errichtet wurden.

In unserer vernetzten Erdfamilie treffen wir auf uralte Ideen, die beschreiben, wie wir friedlich und vereint leben können, während wir uns in biologisch und kulturell unterschiedlichen Bahnen bewegen; diese Ideen inspirieren die Erd-Demokratie. Die alte Weisheit und Tradition der Untrennbarkeit und Verbundenheit, welche wir wiederbeleben, zeigt sich auch in der Quantentheorie, im Raum-Zeit-Kontinuum der allgemeinen Relativität und in der sich selbst regelnden Komplexität von lebenden Organismen.

Im zeitgenössischen Kontext widerspiegeln sich in der Erd-Demokratie die Werte, Weltsichten und Aktionen der verschiedenen Bewegungen, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit einsetzen. Wir leben in einer Zeit, in der die Kombination von rein repräsentativer Demokratie und wirtschaftlicher Globalisierung neue Ängste, neue Unsicherheiten, neue Fundamentalismen und neue Gewalt hervorgebracht hat. Sowohl in Indien wie in den USA zeigten die Wahlen des Jahres 2004, dass angesichts der Arbeitsplatzverluste und der Zerstörung von Lebensgrundlagen ein fundamentalistischer religiöser Diskurs immer mehr Raum einnimmt. Dieser Diskurs polarisiert die Gesellschaft und benutzt kulturelle Differenzen als Keil, um die Menschen von den Problemen zu trennen, die sie gemeinsam haben – ihre Arbeit, die Umwelt, Menschenrechte und das gemeinsame Schicksal der Menschheit.

Erd-Demokratie erlaubt uns, unser gemeinsames Mensch-sein und unsere Einheit mit allem Leben zurückzugewinnen. Erd-Demokratie respektiert den Wert des Lebens aller Lebewesen und aller Menschen, unabhängig von Klasse, Geschlecht, Religion oder Kaste. Und sie definiert – weil wir alle zur Erdfamilie gehören – die „Erhaltung von Familienwerten“ neu als Begrenzung von Habgier und Gewalt. Die Familienwerte der Erdfamilie lassen die Privatisierung des Wassers oder die Patentierung des Lebens nicht zu, da alle Lebewesen ein Recht auf Leben und Wohlergehen haben. Die Erdfamilie erkennt wie Häuptling Seattle an, dass „alle Dinge dieselbe Luft zum Atmen teilen, das Tier, der Baum, der Mensch … Die Luft teilt ihren Geist mit allem Leben, das sie erhäIt“. In dieser Erdfamilie kann nicht ein Mitglied der internationalen Gemeinschaft im Alleingang das Klima destabilisieren, atmosphärische Gemeingüter eingrenzen und die Rechte anderer Spezies und Länder missachten, indem es 36 Prozent der CO
2-Verschmutzung dieser Welt verursacht.

Erd-Demokratie schützt die ökologischen Vorgänge, welche Leben erhalten, und die fundamentalen Menschenrechte, welche die Basis des Rechts auf Leben bilden, darunter auch das Recht auf Wasser, das Recht auf Nahrung, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Bildung sowie das Recht auf Arbeit und auf einen existenzsichernden Unterhalt. Erd-Demokratie basiert auf der Anerkennung und dem Respekt vor dem Leben aller Spezies und aller Menschen.

Während der letzten drei Jahrzehnte habe ich durch mein Engagement in verschiedenen Bewegungen viel über die Idee und die Praxis der Erd-Demokratie dazugelernt. Ökologische Bewegungen, Umweltgruppen und Tierschützer gründen ihren Kampf auf den intrinsischen Wert aller Lebewesen. Menschenrechtsbewegungen haben ihre Wurzeln in der Anerkennung der universalen Menschenrechte für alle Menschen. In der Erd-Demokratie kommen die Sorge für die Menschen und die anderen Spezies in einem zusammenhängenden, konfliktfreien Ganzen zusammen. Erd-Demokratie bildet eine Alternative zur Weltsicht der Wirtschaftsglobalisierer, welche bloß den Unternehmen Rechte geben und welche die Menschen und andere Lebewesen als ausbeutbares Rohmaterial oder überflüssigen Abfall betrachten.

Erd-Demokratie verbindet uns untereinander durch die ständige Erneuerung und Regenerierung des Lebens – des einzelnen Alltagslebens bis hin zum Leben des Universums. Erd-Demokratie ist die universale Geschichte unserer Zeit, an unserem jeweiligen Ort. Erd-Demokratie enthält die unbegrenzten Möglichkeiten eines sich entfaltenden Universums, während sie gleichzeitig die realen Bedrohungen für unser Überleben als Spezies benennt. Sie gibt Hoffnung in einer Zeit der Hoffnungslosigkeit. Sie fördert Frieden in einer Zeit des endlosen Kriegens. Sie ermutigt uns, das Leben nach Kräften und mit Leidenschaft zu lieben in einer Zeit, in der Politik und Medien Hass und Angst verbreiten.









Die zehn Prinzipien der Erd-Demokratie






Alle Spezies, Völker und Kulturen haben einen inneren Wert
Alle Lebewesen sind Subjekte und haben Integrität, Intelligenz und Identität; sie sind nicht frei verfügbare Objekte für Besitz, Manipulation, Ausbeutung oder Liquidation. Kein Mensch hat das Recht, andere Spezies und andere Menschen zu besitzen oder sich das Wissen anderer Kulturen durch Patente und andere intellektuelle Eigentumsrechte anzueignen.

Die Erdgemeinschaft ist eine Demokratie allen Lebens
Wir sind alle Mitglieder der Erdfamilie, verbunden durch das fragile Lebensnetz des Planeten. Wir alle haben die Pflicht, so zu leben, dass die ökologischen Vorgänge der Erde und die Rechte sowie das Gemeinwohl aller Spezies und aller Menschen geschützt sind. Kein Mensch hat das Recht, in den ökologischen Raum anderer Spezies und anderer Menschen einzudringen oder sie mit Grausamkeit und Gewalt zu behandeln.

In Natur und Kultur muss Diversität verteidigt werden
Biologische und kulturelle Vielfalt sind an sich schon Ziel und Zweck. Biologische Diversität ist ein Wert und eine Quelle von Reichtum, sowohl materieller als auch kultureller Art, welche ihrerseits die Bedingungen für Nachhaltigkeit schafft. Kulturelle Vielfalt schafft die Grundlagen für den Frieden. Die biologische und kulturelle Vielfalt zu verteidigen ist Pflicht aller Menschen.

Alle Lebewesen haben ein natürliches Recht auf Lebensunterhalt
Alle Mitglieder der Erdgemeinschaft, alle Menschen haben ein Recht auf Unterhalt – auf Essen und Wasser, auf eine sichere und saubere Wohnstätte, auf Sicherheit ihres ökologischen Raumes. Ressourcen, welche für diesen Unterhalt lebensnotwendig sind, müssen Allgemeingut bleiben. Das Recht auf Unterhalt ist ein natürliches Recht, weil es das Recht auf Leben ist. Diese Rechte werden nicht von Staaten oder Konzernen verliehen, noch können sie durch staatliches oder wirtschaftliches Handeln aufgehoben werden. Kein Staat und kein Unternehmen hat das Recht, diese Naturrechte auszuhöhlen oder zu unterlaufen oder die lebenserhaltenden Gemeingüter einzugrenzen.

Erd-Demokratie basiert auf lebendigen Ökonomien und auf wirtschaftlicher Demokratie
Erd-Demokratie basiert auf wirtschaftlicher Demokratie. In der Erd-Demokratie schützen und erhalten die wirtschaftlichen Systeme die ökologischen Zusammenhänge; sie sorgen für das Auskommen der Menschen und decken die Grundbedürfnisse aller ab. In der Erd-Demokratie gibt es keine überflüssigen Leute oder unwichtigen Spezies und Kulturen. Die Erd-Wirtschaft ist eine lebendige Wirtschaft. Sie basiert auf nachhaltigen, vielfältigen und pluralistischen Systemen, die Natur und Menschen schützen, die demokratisch bestimmt wurden und die auf das Gemeinwohl aller hinarbeiten.

Lebendige Ökonomien bauen auf lokale Wirtschaft
Der Schutz der Ressourcen dieser Erde und die Schaffung von nachhaltigen und befriedigenden Lebensweisen werden am sorgsamsten, kreativsten, effizientesten und gerechtesten auf lokaler Ebene erreicht. Die Lokalisierung der Wirtschaft ist ein sozialer und ökologischer Imperativ. Bloß Güter und Dienstleistungen, welche nicht lokal produziert werden können – unter Nutzung von lokalen Ressourcen und lokalem Wissen – sollen nichtlokal produziert und über weite Distanzen gehandelt werden. Erd-Demokratie basiert auf dynamischen lokalen Wirtschaften, welche die nationalen und globalen Ökonomien stützen. In der Erd-Demokratie zerstört und zerstampft die globale Wirtschaft weder die lokalen Ökonomien, noch marginalisiert sie Menschen. Lebendige Ökonomien erkennen die Kreativität aller Menschen an und schaffen Raum, damit vielfältige Fähigkeiten ihr Potenzial erreichen können. Lebendige Ökonomien sind vielfältige und dezentralisierte Ökonomien.

Erd-Demokratie ist eine lebendige Demokratie
Eine lebendige Demokratie basiert auf der Demokratie allen Lebens und der Demokratie des Alltagslebens. In lebendigen Demokratien können wir alle mitentscheiden, welche Nahrung wir essen, was für Wasser wir trinken, welches Gesundheitswesen und welche Bildung wir haben. Lebendige Demokratie wächst wie ein Baum von unten nach oben. Erd-Demokratie gründet auf lokale Demokratie mit lokalen Gemeinschaften – organisiert nach den Prinzipien der Integration, der Vielfalt und der ökologischen sowie sozialen Verantwortung. Lokale Gemeinschaften sind die höchste Autorität bei Entscheidungen, die die Umwelt, die natürlichen Ressourcen und den Lebensunterhalt ihrer Mitglieder betreffen. Autorität wird nur nach dem Subsidiaritätsprinzip an weiter entfernte Ebenen der Regierung delegiert. Selbstbestimmung und Selbstverwaltung ist die Grundlage der Erd-Demokratie.

Erd-Demokratie basiert auf lebendigen Kulturen
Lebendige Kulturen fördern Frieden und schaffen Raum für die Ausübung verschiedener Religionen und die Akzeptanz von verschiedenen Konfessionen und Identitäten. Lebendige Kulturen nähren eine blühende kulturelle Vielfalt, die sich an unserem gemeinsamen Menschlichsein und an unseren gemeinsamen Rechten als Mitglieder der Erdgemeinschaft orientiert.

Lebendige Kulturen nähren das Leben
Eine lebendige Kultur würdigt und respektiert alles Leben; sie bietet Raum für Menschen beider Geschlechter und aus allen Kulturen sowie für gegenwärtige und zukünftige Generationen. Lebendige Kulturen sind deshalb ökologische Kulturen, welche keine lebenszerstörenden Lebensweisen, Konsumgewohnheiten und Produktionsmuster propagieren, auch nicht die Übernutzung und Ausbeutung von Ressourcen. Lebendige Kulturen sind vielfältig und gründen auf Ehrfurcht vor dem Leben. Lebendige Kulturen erkennen die Vielheit von Identitäten an, welche an einem bestimmten Ort und in einer bestimmten Gemeinschaft existieren – und ebenso ein planetarisches Bewusstsein, welches das Individuum mit der Erde und allem Leben verbindet.

Erd-Demokratie globalisiert Frieden, Fürsorglichkeit und Solidarität
Erd-Demokratie verbindet Menschen zu Kreisen der Fürsorglichkeit, der Zusammenarbeit und der Anteilnahme, statt sie durch Wettbewerb und Konflikt, Furcht und Hass zu spalten. Angesichts einer Welt der Habgier, der Ungerechtigkeit und des Überkonsums globalisiert Erd-Demokratie Solidarität, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.


Siehe auch


Vandana Shiva: Leben ohne Erdöl Eine Wirtschaft von unten gegen die Krise von oben



Vandana Shiva (mit Kartikey Shiva): Eine Erde für alle! Einssein versus das 1 %Aufstehen gegen die Monokultur von Wirtschaft und Weltsicht



Geseko von Lüpke: Die Alternative Wege und Weltbild des Alternativen Nobelpreises.



Herbert Rauch / Alfred Strigl: Die Wende der TitanicWiener Deklaration für eine zukunftsfähige Weltordnung



Jerry Mander / John Cavanough (Hrsg.): Eine andere Welt ist möglichAlternativen zur Globalisierung